Vitzthum [2]

[628] Vitzthum, gräfliches Geschlecht in Sachsen, eigentlich von Eckstädt; ein Zweig bekleidete im 10. u. 11. Jahrh. das Vicedominat von Erfurt u. nahm diesen Titel (Vicedom, Vitzthum) als Namensprädicat an. Im 13. Jahrh. blüheten zwei Linien: A) V. von Apolda, 1639 erloschen mit Rudolf V.; zu ihr gehörte: 1) Apel V., Sohn des Hofmarschalls Apel von V., Rath des Herzogs Wilhelm III. von Thüringen. Da er seinen Herrn gegen dessen Bruder, den Kurfürsten Friedrich den Sanftmüthigen, aufreizte, so forderte der Kurfürst die Entlassung V-s; Wilhelm willfahrte aber seinem Bruder nicht, u. dies war eine Hauptveranlassung zu dem 1446 ausdrehenden Bruderkriege (s. Sachsen S. 679). während dessen V. mit großer Verschlagenheit u. Eifer gegen den Kurfürsten verfuhr, weshalb ihm dieser seine Güter Kriebstein u. Lichtenwalde wegnehmen ließ. Er erhielt hierfür vom Herzog Wilhelm Entschädigung. Nach dem Frieden, 1451, sollte der kurfürstliche Hofmarschall Kunz von Kaufungen V-s Güter, welche derselbe zur Entschädigung für seine verwüsteten Güter erhalten hatte, wieder herausgeben, was Veranlassung[628] zu dem Prinzenraub (s.d.) wurde. Aber auch V. sollte die Güter, u.a. Hildburghausen u. Koburg, wieder herausgeben, welche er im Hennebergschen zur Entschädigung erhalten, aber er weigerte sich, u. Herzog Wilhelm mußte ihm dieselben nun mit Gewalt nehmen lassen. Er starb um 1470. B) V. von Eckstädt, 1711 in den Reichsgrafenstand erhoben u. der Lutherischen Konfession folgend: 2) Hans, aus Sachsen, nahm erst böhmische, dann venetianische, hierauf brandenburgische u. 1629 schwedische Dienste, stieg bald zum General, zeichnete sich in mehren Gefechten, bes. bei Nördlingen, aus u. führte Bauer 1636 nach Wittstock Hülfe von Torstensohn zu; 1637 in Pommern überfallen, nahm er seinen Abschied, lebte zu Sommerschenburg u. starb daselbst 1648. 3) Graf Friedrich, Sohn des 1688 verstorbenen Christoph von V., geb. 10. Jan. 1675, Liebling u. Reisestallmeister Augusts des Starken, später Oberkammerherr, Geheimerath, Cabinetsminister u. außerordentlicher Gesandter am russischen u. schwedischen Hofe. Er wurde vom Kurfürsten als Reichsvicar 1711 in den Grafenstand erhoben u. blieb 13. April 1726 in einem Duell mit dem Marquis de St. Gile bei Warschau. Die Enkel des Vor. u. Söhne des Grafen Ludwig Siegfried, nämlich Friedrich August, Karl u. Heinrich, theilten das Haus in drei Linien: a) Erste Linie, im Besitz des Majorats Lichtenwalde u. Auerswalde im Königreich Sachsen, gegründet vom Grafen Friedrich August (geb. 12. Juni 1765, starb 5. März 1803); jetziger Chef: 4) Graf Albert, Enkel des Stifters, Sohn des 1860 verstorbenen Grafen Albert, geb. 5. Jan. 1848. b) Zweite Linie, gestiftet vom Grafen Karl (geb. 3. Juli 1767, st. 11. Octbr. 1834); jetziger Chef: 5) Graf Karl, Sohn des Stifters, geb. 13. Jan. 1819, ist seit 1857 königlich sächsischer Gesandter in London u. seit 1859 auch zugleich in Lissabon. c) Dritte Linie, gestiftet vom Grafen Heinrich (geb. 26. Mai 1770, st. 11. Oct, 1837); jetziger Repräsentant: 6) Graf Benno, Enkel des Stifters u. Sohn des 1833 verstorbenen Grafen Ludwig, geb, 22. Juni 1829, seit 1858 vermählt mit Adele geb. von Kownacka. – Das Vitzthumsche Gymnasium beruht auf einer 1638 von Rudolf, dem Letzten aus dem Mannesstamme des Hauses V. von Apolda, gemachten Stiftung; es wurde erst 1828 provisorisch ins Leben gerufen, u. zwar verbunden mit der kurz zuvor errichteten Privaterziehungsanstalt von Blochmann, später jedoch selbständig organisirt, als ein den übrigen sächsischen Gelehrtenschulen gleichberechtigtes Institut erklärt u. als solches 16. Oct. 1861 eröffnet.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 628-629.
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