Muss

1. Das Muss ist ein schlimmes Essen.

Lat.: Aut servias, ut servus, aut fugias, ut cervus. (Chaos, 973.)


2. Der Muss ist ein grosser Herr. (Niederösterreich.)


3. Der Muss ist eine harte Nuss.Körte, 4350; Gaal, 1169.

In Mecklenburg: Mutt is 'n harte Nutt.


4. Mos äs e bäter Krokt. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 750.


5. Mott es better (bitter) Freten. (Meurs.) – Firmenich, I, 401, 130; hochdeutsch bei Mayer, II, 222.


6. Muss es Zwang, en Krîschen1 es Kengergesang2. (Aachen.) – Hochdeutsch bei Simrock, 7184.

1) Kreischen, weinen, heulen.

2) Kindergesang.


7. Mûss êss a grousa Mân, Kannicht êss noch a gröüssra. (Ung. Bergland.) – Schröer.


8. Muss ist des Lebens Anfang, Fortgang und Schluss.


[788] 9. Muss ist des Teufels Lieblingsessen.


10. Muss ist ein bitter essen.Lehmann, 555, 13.


11. Muss ist ein bitter (böses, herb) kraut. Franck, II, 89b; Tappius, 130b; Eyering, III, 247; Henisch, 403, 31; Gaal, 1169; Sailer, 61; Herberger, I, 14; Simrock, 7182; Grubb, 97 u. 599; Braun, I, 2821.

In Schlesien: Muss is a bise Kroat. (Gomolcke, 707; Frommann, III, 245, 116.) »Er mach sich's hierinne nicht gewehlt; muss ist ein böses Kraut.« (Keller, 145b.) – Muss, Wortspiel mit Mus.

Böhm.: Mus je sukovitý kus. – Mušení veliká a tĕžká vec. – Oportet jest tvrdý nebozez. – Pan Musil jest veliky pán. (Čelakovsky, 281.)

Holl.: Moeten is een bitter kruid. ( Harrebomée, I, 453a.)

It.: Cosa sforzata non fu mai grata. (Gaal, 1169.)

Lat.: Durum telum necessitas. (Curtius.) (Philippi, I, 129.) – Ingens teum necessitas. (Henisch, 402, 32.) – Maximum tellum necessitas. (Livius.) (Binder II, 1812.)

Poln.: Do kościola kiedy chcesz, a na ratusz musisz. (Masson, 240.) – Mus ma sweosęki. (Čelakovsky, 281.) Nie rada koza na targ, ale musi.


12. Muss ist ein bitter Kraut, aber auch ein Gewürz, das schnell verdaut.

» ... Die Menschen in der Regel verstehen sich aufs Flicken und aufs Stückeln, und finden sich in ein verhasstes Müssen weit besser, als in eine bittere Wahl.« (Schiller.)


13. Muss ist ein böses Mus.Simrock, 7180; Graf, 389, 537.

Engl.: Patience upon force is a medicine for a mad dog. (Gaal, 1169.)

Frz.: Nécessité est une dure loi. (Gaal, 1169.)

Lat.: Necessitas ingens (durum) telum. (Masson, 249.) – Necessitas ultimum ac maximum telum.


14. Muss ist ein Bretnagel.Simrock, 7183; Körte, 4348; Körte2, 5461; Braun, I, 2822.


15. Muss ist ein sawer essen.Petri, II, 483.

Hippel bemerkt: »Im Muss liegt eine Schatzkammer von Beruhigungsgründen, vermittels deren man bei ein bischen Philosophie das ›ich muss‹ mit dem ›ich will‹ auszusöhnen weiss.«

16. Muss ist ein Teufelsfressen. (Westf.)


17. Muss ist ein übler Gast.Sonntag.

Holl.: Moeten is een streng heer. (Harrebomée, I, 296.)


18. Muss ist ein Zwang; wer nicht will, kriegt mit dem Strang.


19. Muss ist harte (bitter) Buss.Eiselein, 478; Simrock, 7185; Braun, I, 2823.


20. Muss ist härter als Grübelnuss.Eiselein, 478; Simrock, 7181.


21. Muss ist kein Fleisch. (Eifel.)

Scherzhafte Erwiderung von jemand, der etwas thun soll.


22. Muss ist über Suppe. (Luzern.)

Eigentlich ist Mus eine Mehlspeise mit eingebrocktem Brot, steht aber hier als Wortspiel, die Nothwendigkeit, das Müssen, den Zwang andeutend.


23. Muss macht die Noth, den Willen Gott. Petri, II, 483; Gruter, I, 60; Schottel, 1122a; Sutor, 1021; Sailer, 383; Körte, 4349.

Lat.: Nunc volo, nunc nolo, nunc aestuo, nunc languesco. (Chaos, 1086.)


24. Muss und Unmuss ist wider einander.Eiselein, 478.


25. Muss zieht fromme (gute) Kinder.Winckler, XVII, 1.

Lat.: Vince tuum corpus, ne fiat postea corpus. (Chaos, 990.)


*26. Es ist eben kein Muss.Eiselein, 478.


*27. Es ist ein Muss.

Holl.: Het is eene moet. (Harrebomée, II, 93b.)


[Zusätze und Ergänzungen]

28. Das ist eingeknöpffelt muss, an dem des bösen me denn des guten ist.Geiler, Seelenparadies, CCXXVIIIb, 2.


29. Der Muss ist ein hartes Wort. (Wien.)


30. Mous1 es en Döivelsfräte.Frommann, VII, 78, 16.

1) Gemüse, hier Wortspiel mit muss von müssen.


*31. Ich bin auch kein Muss von gestern.Köhler, XXXIX.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
Lizenz:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Blumen und andere Erzählungen

Blumen und andere Erzählungen

Vier Erzählungen aus den frühen 1890er Jahren. - Blumen - Die kleine Komödie - Komödiantinnen - Der Witwer

60 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon