[87] Maximilian I., von 1493–1519 deutscher Kaiser, Sohn und Nachfolger Kaiser Friedrich III., geb. am 22. März 1459 zu Neustadt, war in Willen und That ganz das Gegentheil seines schwachen, die Ruhe über Alles liebenden Vorgängers und mit den glücklichsten Anlagen begabt, die von sorgfältigen Erziehern gepflegt wurden. Wenige Zweige des damaligen Wissens waren ihm fremd und 24 kleine und größere Schriften M.'s über Münzerei, Artotrey, Baumeisterei, Jägerei u.s.w. beweisen seine Gabe der Beobachtung und Beurtheilung; ebenso erfahren war er in Sprachen und in Allem, was zu einem vollkommenen Ritter, Jäger und Kriegsmann jener Zeit gehörte. Dazu kam ein wohlgebildetes, stattliches Äußere, das auch durch seine große Nase an den großen Ahnherrn Rudolf von Habsburg erinnerte und eine unglaubliche Körperstärke, welche ihn bei allen persönlichen Kämpfen zum Siege verhalf. Gebrach es ihm sonach nicht an persönlichen Eigenschaften zur Behauptung [87] des kais. Ansehens, so mangelten desto öfter die Mittel dazu, weil er nie Geld genug hatte; auch begann er mitunter mehr abenteuerliche als verständige Dinge, und Wankelmuth und Ungeduld machten selbst seine besten Entwürfe zuweilen mislingen. Im Jahre 1477 vermählte sich M. mit Marie, der reichen Erbtochter Herzogs Karl des Kühnen von Burgund, die ihm eine Tochter Margarethe und den Erzherzog Philipp gebar, welcher Vater Kaiser Karl X. wurde. Nach Maria's 1482 erfolgten Tode verlobte M. sich zum zweiten Male mit der Erbfürstin Anna von Bretagne, welche aber König Karl VIII. von Frankreich mit Gewalt und List nöthigte, ihm ihre Hand zu reichen, während er M.'s 14jährige Tochter Margarethe, die schon als Kind seine Verlobte und deshalb am franz. Hofe erzogen worden war, 1491 dem Vater zurücksandte, der zwar wegen dieses Schimpfes zu den Waffen griff, allein da Vater und Reich ihn nicht unterstützten, sich mit Zurückgabe der Mitgift Margarethens begnügen mußte. M. war schon 1486 zum röm. König gewählt worden und bestieg 1493 den Kaiserthron unter ziemlich ungünstigen Verhältnissen und in jener merkwürdigen Zeit, wo die erfolgte Entdeckung von Amerika den europ. Bestrebungen ganz neue Bahnen eröffnete und die Verhältnisse der Staaten neu gestaltete. M.'s erste wichtige Handlungen in Reichsangelegenheiten waren die Einführung des ewigen Landfriedens, die Stiftung des Reichskammergerichts und die Aufnahme des röm. Rechts unter die Entscheidungsquellen auf dem Reichstage zu Worms im J. 1495. Den unerhörten Misbräuchen der Femgerichte that er Einhalt und die Eintheilung Deutschlands 1500 zuerst in sechs, 1512 aber in zehn Kreise war ebenfalls darauf berechnet, den innern Unruhen und Gewaltthätigkeiten ein Ziel zu setzen, wie denn auf den von M. gehaltenen zahlreichen Reichstagen die Verbesserung der Sitten und die Beförderung der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, die Handhabung der Policei und das gemeine Beste ihm stets vorschwebte. Er führte die Posten ein, errichtete zuerst in Östreich stehende Truppen unter dem Namen der Lanzknechte, verbesserte das Geschützwesen und war das erste Reichsoberhaupt, das zufolge Übereinkunft mit dem Papste den Titel »erwählter röm. Kaiser führte«. Mit seinen Kriegen erzielte M. dagegen wenig, ausgenommen, daß er die Türken Zeit seines Lebens von seinen Erblanden fernhielt, mußte er nach einem unglücklichen Kampfe mit der Schweiz 1499 dies Land vom Reichsoerbande losgeben und vergeblich suchte er die Macht Frankreichs in Italien zu beschränken; ebenso unglücklich war seine Theilnahme an der Ligue von Cambray (s.d.) gegen Venedig, das ihm 1507 den Durchzug nach Rom verweigert hatte. Im Innern war dem Tode des Herzogs Georg von Landshut im Dec. 1503 ein blutiger Erbfolgekrieg gefolgt, der bis 1505 dauerte und wiederholte Bauernaufstände (s. Bauernkrieg) beunruhigten das südwestl. Deutschland; die wichtigste Begebenheit von M.'s Regierung war aber der Anfang der Reformation (s.d.). M. hatte sich 1444 zum andern Male mit Blanca Sforza von Mailand vermählt, aber keine Erben von ihr erhalten, daher er seinen Enkel Karl I. von Spanien zum Nachfolger gewählt zu sehen wünschte, allein ehe ihm das gelang, am 12. Jan. 1529 zu Wels in Östreich starb und zu Wienerisch-Neustadt begraben wurde. Eine von ihm selbst dictirte, weitläufige und sehr ausgeschmückte Beschreibung seines Lebens, die ganz vergessen war, ist 1775 zu Grätz wieder aufgefunden und im nämlichen Jahre zu Wien unter dem Titel: »Der weiß Kunig, eine Erzählung von den Thaten Kaiser M. I. von Max Treitzsauerwein, auf dessen Angaben zusammengetragen, nebst den von Hansen Burgmair dazu verfertigten Holzschnitten« in Folio gedruckt worden. Auch wird M. für den Verfasser des Gedichts »Theuerdank« gehalten, welches von seiner Brautwerbung um Maria von Burgund handelt, die darin Prinzessin Ehrenreich, ihr Vater Romreich, M. aber Prinz Theuerdank heißt, das aber von Andern seinem Secretair Phinzing zugeschrieben wird.