[126] Metternich (Clemens Wenzel Nepomuck Lothar, Fürst von), Herzog von Portella, östr. Haus-, Hof-und Staatskanzler, geb. den 15. Mai 1773 zu Koblenz, ein Sohn des Reichsgrafen und 1803 in den Reichsfürstenstand erhobenen Georg von M., welcher seit 1773 kais., außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister bei den ehemaligen drei geistlichen Kurfürsten und dem westfäl. Kreise, 1791 dirigirender Minister in den östr. Niederlanden, 1797 beim Congresse zu Rastadt östr. Hauptcommissarius war, 1810 als Stellvertreter seines Sohnes dem Ministerium des Auswärtigen vorstand und 1818 starb.
Fürst Clemens M. studirte seit 1788 in Strasburg, wohnte der Krönung Leopold II. 1790 als Ceremonienmeister bei, besuchte noch bis 1794 die Universität Mainz und ward nach der Rückkehr von einer Reise nach England östr. Gesandter bei den vereinigten Niederlanden. Im J. 1796 vermählte er sich mit Eleonore, Gräfin von Kaunitz, Enkelin des berühmten Ministers und Erbin der Kaunitz'schen Allodialgüter, wohnte dem rastädter Congresse als Gesandter des westfäl. Grafencollegiums bei, ging als östr. Gesandter 1801 nach Dresden, 1803 nach Berlin, 1806 nach Paris, ward im Jul. 1809 östr. Staatsminister und im Oct. Minister des Auswärtigen und begleitete die Erzherzogin Maria Luise (s.d.) zu ihrer Vermählung mit Napoleon nach Paris. Bei der Zusammenkunft Kaiser Franz I. mit Napoleon im Mai 1812 zu Dresden gelang es M. nicht, den Krieg mit Rußland zu verhindern und er traf nun mit möglichster Schonung der bestehenden öffentlichen und Familienverhältnisse so geeignete Vorbereitungen daß Östreich im Jun. 1813 als bewaffneter Vermittler zwischen den kriegführenden Mächten mit Nachdruck auftreten und als seine Vorschläge nicht zum Frieden führten, durch die in der Nacht vom 10.–11. Aug. von M. verfaßte Kriegserklärung gegen Frankreich den Ausschlag geben konnte. Im Sept. unterzeichnete M. die Alliance mit Rußland, Preußen und England und ward wegen seiner ausgezeichneten Verdienste hierauf am Abend nach der Schlacht bei Leipzig vom Kaiser Franz I. für sich und alle seine Nachkommen in den östr. Fürstenstand erhoben. An allen diplomatischen Verhandlungen bis zu dem auch von ihm unterzeichneten pariser Frieden vom 30. Mai 1814 hatte M. den wesentlichsten Antheil, begab sich dann nach England, wo ihm die Universität Oxford die Doctorwürde verlieh, führte auf den einstimmigen Wunsch der zum wiener Congreß versammelten Minister den Vorsitz bei den Verhandlungen desselben und bewog mit dem Fürsten Talleyrand und Herzog von Wellington den König von Sachsen persönlich, durch Abtretung der Hälfte seiner Staaten den Frieden mit Preußen zu erkaufen. Als östr. Bevollmächtigter wohnte M. der Unterhandlung des zweiten pariser Friedens, sowie 1818 dem Congresse zu Aachen bei, führte auf dem karlsbader Congresse 1819 den Vorsitz und leitete die von Abgeordneten aller deutschen Bundesstaaten zur Vervollständigung der deutschen Bundesacte zu Wien 1820 gepflogenen Berathungen, sowie die Verhandlungen der Congresse zu Troppau, 1821 zu Laibach und 1822 zu Verona. Der Kaiser ernannte ihn 1821 zum Haus-, Hof- und Staatskanzler und im Oct. 1826 ward ihm auch der Vorsitz in den Ministerialconferenzen für die innern Angelegenheiten übertragen. Seit der Juliusrevolution von 1830 waren die Bewahrung des europ. Friedens und die Behauptung des östr. Einflusses in Italien und Deutschland Gegenstände seiner besondern Sorgfalt, und obgleich die östr. Politik sich Frankreich und England gegenüber an die preuß. und russ. anschloß, ließ sie doch, namentlich in den türk. Angelegenheiten, auch ihre besondern Ansichten bemerken. Der am 2. März 1835 erfolgte Tod Kaiser Franz I. änderte laut ausdrücklicher Erklärung seines Nachfolgers, nichts in der einflußreichen Stellung dieses berühmten Staatsmanns, der, entschieden für die Erhaltung und Herstellung der alten Ordnung wirkend, Östreich aus allen Bedrängnissen auf eine vorher nie besessene Stufe der Macht geleitet hat und nicht minder den Wissenschaften, den Künsten, z.B. als Wiederhersteller der vom Fürsten Kaunitz gestifteten Akademie der bildenden Künste zu Wien, und der Industrie seine einflußreiche Aufmerksamkeit widmete, sowie umfänglichen milden Anstalten vorstand. Der König Ferdinand I. von Neapel ertheilte ihm 1816 die Herzogswürde mit einer Dotation in Gütern von 60,000 neap. Ducati an Werth und verlieh ihm 1818 den Titel eines Herzogs von Portella und ebenso ward er 1826 zum Grand von Spanien erster Classe mit dem Herzogstitel ernannt; der Kaiser Franz I. beschenkte ihn schon 1816 mit dem Erbeigenthume des Schlosses und Gutes Johannisberg im Rheingau und Herzogthume Nassau. Nach dem Ableben seiner ersten Gemahlin im I. 1825 ging er 1827 eine zweite Ehe mit der zur Gräfin von Beilstein erhobenen, geborenen Freiin von Leikam ein und vermählte sich nach ihrem 1829 erfolgten Tode zum dritten Mal mit der Gräfin Melanie Zichy-Ferraris, die ihm einen Sohn Paul, und zwei Töchter geboren hat; außerdem sind zwei Töchter aus erster Ehe und ein [126] Sohn Richard, geb. 1829, aus der zweiten am Leben. – Das Stammschloß der Familie M. liegt im Kreise Koblenz, des gleichnamigen preuß. Regierungsbezirks und ihr Stammbaum wird bis zu Metter, einem treuen Diener Kaiser Heinrich II., gest. 1024, zurückgeführt, der eine schwere Beschuldigung desselben einst damit abgewiesen haben soll: »Das könne er Metter nicht zutrauen.« Dies gab die Veranlassung zu dem Namen dieses Geschlechts, aus dem im 16. und 17. Jahrh. zwei Kurfürsten von Mainz und ein Kurfürst von Trier hervorgingen, von dem aber nur die 1629 in den Reichsgrafenstand erhobene, jetzt fürstl. Linie zu Winneburg und Beilstein noch blüht. Für ihre gleichnamigen, im ehemaligen Kurfürstenthume Trier gelegenen reichsständischen und reichsritterschaftlichen Besitzungen, welche 1801 mit an Frankreich kamen, ward sie 1803 durch die Reichsabtei Ochsenhausen in Würtemberg entschädigt, welche vom König von Würtemberg 1824 für 1,300,000 Fl. angekauft wurde. Außerdem besitzt der jetzige Standesherr Fürst Clemens M. die Herrschaften Königswart, Plaß, Ammon, Markusgrün und Miltigau in Böhmen; Kogetein und die Kaunitz'schen Güter in Mähren; die Güter Gramme, Bronbach, Oberehe, Reinhardsstein und das Schloß und Gut Johannisberg in den Rheingegenden.