[826] Zwingli (Ulrich), der berühmte Reformator der Schweiz und Zeitgenosse Luther's, war der dritte von acht Söhnen des Amtmanns zu Wildenhausen in der Grafschaft Toggenburg (Canton St.-Gallen) und 1. Jan. 1484 geboren. Nachdem er in Basel und Bern die Schulen besucht, in Wien philosophische Studien getrieben, seit 1502 in Basel sich der Theologie und dann unter des Professors der Theologie Thom. Myttenbach Leitung tiefer in die classischen Studien für Schrifterklärung vorgedrungen war, wurde er 1506 Pfarrer in Glarus. In den Jahren 1512, 1513, 1515 machte Z. als Feldprediger die Feldzüge der Glarner für den Papst gegen die Franzosen in Oberitalien mit, wofür er bis 1517 ein päpstl. Jahrgeld von 50 Gulden bezog, und wurde 1516 Prediger in dem berühmten Wallfahrtsorte Maria-Einsiedeln. Z. hatte wie Luther die h. Schrift anhaltend studirt und erhob seit 1518 seine Stimme gegen die eingerissenen Misbräuche in religiösen Dingen, predigte gegen den Ablaßhandel des Barfüßers Bernhardin Samson, selbst wider die übermäßigen Wallfahrten, erregte aber noch so wenig Verdacht, daß ihn der päpstl. Legat auszeichnete, obgleich bald auch Stimmen wider ihn sich erhoben. Luther ging im äußern Auftreten wider das päpstl. Kirchenwesen Z. voran, der sich dagegen schneller und entschiedener vom röm. Katholicismus schied. Seit er 1519 Pfarrer am Münster zu Zürich geworden, bereitete er durch seine Predigten über die biblischen Bücher und wider Irrthümer, Aberglauben und Laster den Grund zu dem nachmaligen Reformationswerke vor. Auf seinen Betrieb verordnete 1520 der große Rath von Zürich, daß im ganzen Canton das reine Wort Gottes nach dem Evangelium ohne alle menschliche Zusätze gepredigt werden solle, und 1522 ward auch zur Reformation im äußern Kirchenwesen geschritten. Gleichzeitig schrieb Z. wider die Fasten der röm. Kirche und in Folge des 1523 auf dem züricher Rathhause öffentlich gehaltenen Religionsgesprächs, welchem an 600 geistliche und weltliche Personen beiwohnten und zu welchem Z. seine Glaubensartikel in 67 Sätze gefaßt hatte, wendete sich ihm die öffentliche Meinung entscheidend zu, da ihn Niemand aus der Schrift zu widerlegen vermochte, und die Freiheit, das reine Evangelium zu lehren, ward für den ganzen Canton bestätigt. Einem zweiten Religionsgespräch gegen dem Bilderdienst und die Messe folgte die Beseitigung aller Bilder aus dem züricher Kirchen und die Abschaffung der Messe. Das Verlassen der Klöster und die Verheirathung der Priester ward bald nachher freigegeben, und Z. selbst verheirathete sich 1524 mit der 43 Jahr alten Anna Reinhard, Witwe des Junkers Meyer von Knonow. Im J. 1525 gab er lat. seine Abhandlung von der wahren und falschen Religion heraus, welche von einer Zuschrift an König Franz I. begleitet waren, sowie eine lat. und 1526 eine deutsche Schrift über das Nachtmahl Christi. Und hier fand die einzige wichtige Abweichung Z.'s von den Ansichten der deutschen Reformatoren statt, denn die übrigen betrafen meist Äußerlichkeiten, da Z. keine Gegenwart des Leibes Christi im Abendmahle zugab. Umsonst veranstaltete Landgraf Philipp von Hessen eine Unterredung der schweiz. und sächs. Reformatoren zu Marburg (1529), um diese Verschiedenheit völlig auszugleichen. Es kam jedoch zu einem Vergleiche, welcher erklärte Übereinstimmung in 13 Punkten, wegen des streitigen 14. aber festsetzte, daß man sich deshalb nicht weniger mit christlicher Liebe zugethan sein wolle. Der 1531 zwischen Zürich und den katholischen Cantonen Luzern, Schwyz, Uri, Unterwalden und Zug ausbrechende Krieg zwang Z. mit dem Banner des Cantons, dessen Anführer stets ein Geistlicher war, ins Feld zu ziehen, und am 11. Oct. 1531 fand er in dem Treffen bei Cappel an der Grenze gegen Zug, wo 2000 Züricher gegen 8000 Gegner fochten, den Tod als Glaubensheld. Seine letzten Worte waren: »Ob sie gleich den Leib tödten, vermögen sie doch die Seele nicht zu tödten.« Die fanatischen Gegner foderten ihn auf, sich zu bekehren, und da er sich weigerte, tödteten sie ihn und zerstückten und verbrannten seinen Leichnam. Ein jüngerer Anhänger Z.'s, Thomas Plater, hatte ein Stück von seinem Herzen aus den Flammen gerettet und zeigte später diese Reliquie dem größten Verehrer Zwingli's, Oswald Myconius in Basel, der sie aber in den Rhein warf, damit sie nicht Gegenstand eines neuen Aberglaubens werden möge. Vgl Rotermund, »Z.'s Leben« (Brem. 1818).