Berufsfeuerwehr

[71] Berufsfeuerwehr. In die Berufsfeuerwehr werden nur gediente Soldaten und meist Handwerker der verschiedensten Art eingestellt und in der Regel nach Ablauf einer mehrjährigen Probezeit als Beamte auf Kündigung angestellt.

Berufsfeuerwehrleute haben 36–48 Stunden Dienst und sind darauf 24 Stunden dienstfrei. 24 stündiger Wachdienst wird angestrebt. In der dienstfreien Zeit werden die Mannschaften in der Regel zu Theaterwachen herangezogen. Die Dienstzeit wird von früh 6 bis abends 6 Uhr durch Exerzieren, Instruktion, Turnen sowie Arbeitsdienst an Fahrzeugen, Geräten und in den Werkstätten ausgefüllt. Während der Zeit von 6 Uhr abends bis 6 Uhr früh befindet sich die Wachmannschaft in Alarmbereitschaft und werden nur die notwendigsten Polten gestellt. Die Mannschaften werden an allen Lösch- und Rettungsgeräten, in der Telegraphie und im Samariterdienst ausgebildet. Die Handwerker der Feuerwehr führen fast alle Arbeiten an Gebäuden, Fahrzeugen und Geräten sowie Ausrüstungsstücken in der Dienstzeit aus. Da die Feuerwehr vollständig militärisch organisiert ist, werden auch ihre Chargen dem Militär angepaßt. Für die Offiziere: Branddirektor, Oberbrandinspektor, Brandinspektor, Brandmeister wird technische Vorbildung,[71] vielfach abgeschlossene Hochschulbildung und Qualifikation zum Offizier des Beurlaubtenstandes verlangt. Aus den Feuerwehrleuten gehen hervor: die Wachtmeister bezw. Feldwebel, Obermaschinisten, Oberfeuerleute, Gefreite und Maschinisten. Die Telegraphenaufseher und Mechaniker bilden eine Klasse für sich. Die Rangbezeichnung und Abzeichen sowie die Uniformierung der kommunalen Berufsfeuerwehren, der anerkannten freiwilligen und Pflichtfeuerwehren sowie der Feuerwehraufsichtsbeamten sind in Preußen staatlich geregelt. Eine taktische Einheit bildet ein Angriffstrupp, bestehend aus einem Oberfeuermann und vier Feuerleuten, zwei bis vier Angriffstrupps bilden einen Zug, dem ein Telegraphist und eine Ordonnanz auf Brandstelle beigegeben werden.

Die Wachen, Fahrzeuge und Mannschaften werden so auf die Stadt verteilt, daß das Stadtgebiet gleichmäßig geschützt ist und möglichst an jedem Punkte der Stadt 10 Minuten nach Entdeckung des Brandes die erste Hilfe gebracht werden kann. Dadurch, daß die Städte jetzt größtenteils dazu übergehen, statt der mit Pferden bespannten Feuerwehrfahrzeuge Automobile einzuführen, können die Wachen weiter auseinandergelegt und die Stadt mit weniger Wachen geschützt werden. Letztere werden mit Zügen von zwei bis vier Fahrzeugen belegt. Der Normallöschzug besteht aus drei Fahrzeugen, nämlich Gasspritze, Leiter und Dampfspritze, denen als viertes Fahrzeug noch ein Gerätewagen oder Tender teilweise beigefügt wird. Bei Verwendung von Automobilen kann Dampf- und Gasspritze sowie Geräte- und Mannschaftswagen in einem Wagen vereinigt und auch die mechanische Rettungsleiter mit den entsprechend notwendigen Geräten und Mannschaften ausgerüstet werden. Es kann mithin schon ein Löschzug aus zwei Fahrzeugen gebildet werden, der sich auch schon praktisch bewährt hat und der billigste ist.

Feuermeldewesen für große Städte mit Berufsfeuerwehr oder ständiger Wache. Die Verteilung der Feuermelder in einer Stadt geschieht nach dem Gesichtspunkte, daß ein Melder in den bebauten Stadtteilen in etwa 2 Minuten in schnellem Schritt erreicht werden kann. Die Melder werden durch Ringleitungen, sogenannte Schleifen, miteinander und mit der Zentrale verbunden, und dazu verwendet man am zweckmäßigsten Kabel, die in die Bürgersteige verlegt werden. Ist dies aus besonderen Gründen nicht möglich, so verwendet man als Freileitung gut isolierten wetterfesten Kupferdraht. Damit bei Störung in der Anlage infolge Drahtbruchs nicht alle Melder in Mitleidenschaft gezogen werden, verteilt man sie auf möglichst viele Schleifen. Die älteste und einfachste Feuermeldeanlage hatte nur einen Empfangsapparat für jede Schleife, ihr haftete damit aber auch der Fehler an, daß immer nur ein Melder zurzeit aufgenommen werden konnte und die Zeichen zweier oder mehrerer gleichzeitig gezogener Melder verstümmelt und unleserlich auf dem Empfangsapparat einliefen. Diesem Uebelstande begegnet man durch Verwendung eines Zentralverzögerungsmechanismus und den Einbau eines elektrischen Magneten in die Melder und erreicht dadurch, daß immer nur ein Melder zur Zeit einlaufen kann. Sollen zwei gleichzeitig gezogene Melder auch gleichzeitig in der Zentrale aufgenommen werden, so verwendet man in jeder; Schleife oder für mehrere Schleifen zusammen zwei Empfangsapparate. Hierbei müssen sowohl die Melder wie auch die Zentrale beim Ablauf der Melder geerdet sein. Bei dieser Schaltung ist es ferner möglich, daß bei Drahtbruch die Meldung ebenfalls sicher auf den Empfangsapparaten einläuft. (Doppelmorsesicherheitsschaltung, Siemens & Halske und Mix & Genest.) Durch Verbindung des oben geschilderten Doppelmorsesystems mit einem Verzögerungsmechanismus wird erreicht, daß zwei gleichzeitig gezogene Melder gleichzeitig aufgenommen und alle weiteren gleichzeitig gezogenen Melder so lange zurückgehalten werden, bis die erstgezogenen abgelaufen und aufgenommen sind. Bei Drahtbruch und Erdschluß laufen die Melder wie im normalen Zustande ein. (Mix & Genest.)

Die gelegentlich des Internationalen Feuerwehrkongresses in Berlin im Jahre 1901 ausgestellte Gamewell-Feuermeldeanlage gab die Anregung dazu, daß man auch in Deutschland die Zeichen der Melder nicht mehr in Morseschriftzeichen, sondern durch kurze, gleichartige, zu Zahlen gruppierte Zeichen wiedergibt. Gleichzeitig fand auch die amerikanische Einrichtung in Deutschland Anklang, die Zeichen der Melder akustisch und optisch der Wachmannschaft anzuzeigen und sie damit zu alarmieren. (Einschlagsystem, Siemens & Halske und Mix & Genest.)

Die Zeit der Betätigung des Melders wird durch einen Zeitstempel aufgezeichnet, der durch eine elektrische Hauptuhr in Gang gesetzt wird. Es sind Einrichtungen vorhanden, mittels der alle in einer Feuermeldeanlage auftretenden Störungen und Fehler automatisch angezeigt und automatisch oder mit der Hand abgestellt werden können. Die Fehlerstelle in der Anlage kann durch eine sinnreiche Meßeinrichtung von der Wache aus ermittelt werden. Die Anlagen werden durch Sicherungen gegen die Berührung mit Starkstrom geschützt. Den Betriebsstrom erhält die Feuertelegraphie meist aus Großoberflächenbatterien. Außer den oben genannten Firmen kommen für Feuertelegraphenanlagen noch Lorenz & Co., Berlin, und Stöcker & Co., Leipzig, in Betracht.

Feuerwehrautomobile. Das Vorhandensein von Dampfspritzen bei den Feuerwehren führte dazu, daß die Dampfkraft auch zum Antrieb des Wagens ausgenutzt und für automobile Dampfspritzen, Leitern und Gerätewagen verwendet wurde. Da die Alarmbereitschaft der Dampfautomobile aber auch im Ruhezustand hohe Kosten verursachte, ging man zur Verwendung von Elektrizität als Antriebskraft für Kohlensäuregasspritzen, Dampf- oder Elektromotorspritzen, Tender und Leitern über. Zum Antrieb der Elektromotorspritzen, sowie zum Aufrichten und Ausschieben der Leitern sind besondere Motore notwendig, die ihren Strom aus der Sammelbatterie erhalten.

Nachdem der Benzinmotor in Privatbetrieben sich als zuverlässig bewährt hatte, wurde auch bei der Feuerwehr das Benzinautomobil eingeführt und fast gleichzeitig eine Verbindung zwischen den beiden letzteren Antriebsarten, der Benzinelektroantrieb der Feuerwehrgeräte- und[72] Maschinenfabriken Just. Ch. Braun, dem jetzigen Braun Premierwerke Nürnberg. Bei beiden Antriebsarten kann der zum Fahren verwendete Motor auch die Spritze treiben, es wird dadurch die Dampfspritze und, wenn auf dem Fahrzeuge noch ein Wasserbehälter mitgeführt und mit der Spritze verbunden wird, auch die Kohlensäuregasspritze ersetzt. Zur Betätigung des Aufrichte- und Ausschiebegetriebes der Leitern wird auf den Benzinwagen entweder Kohlensäure mit entsprechender Maschine oder eine Akkumulatorenbatterie oder Dynamo mit Elektromotoren oder schließlich hydraulischer Antrieb benutzt. Der Benzinelektroantrieb bietet den Vorteil, daß man gleichzeitig den Benzinmotor für den Antrieb einer Spritze hat, wobei die Dynamo nur als Schwungmasse mitläuft und den Benzinmotor mit Dynamo zur Erzeugung von Strom für die Elektromotore zum Aufrichten und Ausschieben der Leiter verwenden kann. Diese Antriebsart entspricht vollständig der elektrischen, nur mit dem Unterschiede, daß statt der Batterie zur Erzeugung des Stromes ein mit einer Dynamo gekuppelter Benzinmotor verwendet wird. Der Aktionsradius ist daher gleich dem des reinen Benzinantriebes ein unbeschränkter. Das Anfahren ist gleich dem elektrischen vollständig stoßfrei. Als besonderer Vorteil dieses Antriebssystems ist zu bemerken, daß da, wo der Antrieb durch zwei Räder wegen besonders schwieriger örtlicher Verhältnisse nicht die genügende Sicherheit infolge mangelnder Adhäsion bietet, auf sehr einfache Weise Vierradantrieb, wie in Elberfeld, verwendet werden kann. – Bemerkenswert ist, daß mit der Einführung der Benzinautomobile der Bau der Chassis für Feuerwehrfahrzeuge von den Feuerwehrgerätefabriken zum Teil auf Automobilfabriken übergegangen ist.

Feuerspritzen. Die Automobilisierung führte auch zu einem vollständigen Umschwung auf dem Gebiete der Feuerlöschspritzen. Die für Hand- und Dampfbetrieb verwendeten Kolbenpumpen wurden durch schnellaufende Rundlauf- und Zentrifugalpumpen verdrängt. Die sogenannte Rundlauf- oder Pittlerpumpe, eine Kapselpumpe, ist eine selbstsaugende Pumpe mit Tourenzahlen von 800–900. In ihrer Wirkungsweise gehört sie zur Gattung der Kolbenpumpen. Sie besteht im wesentlichen aus einem mit der Antriebswelle verbundenen Drehkolben mit Schiebern, der von einer ins Gehäuse eingepreßten Laufbüchse dicht umschlossen wird. Der Kolben hat in Längsnuten sogenannte Schieber, die durch an den Zylinderdeckeln befestigte schräge Gleitflächen beim Drehen des Kolbens hin und her bewegt werden und dadurch eine Art Kammern bilden. Diese Kammern stehen bei der Rotation des Kolbens das eine Mal mit dem Saugraum, das andre Mal mit dem Druckraum in Verbindung. Beim Uebergange ist vollständige Abdichtung vorhanden und können die Rundlaufpumpen daher selbständig anfangen. Da eine gleichmäßige Wasserförderung stattfindet, benötigt die Pumpe keinen Windkessel, dagegen ist ein Sicherheitsumlaufventil gegen unzulässiges Ansteigen des Druckes beim Schließen der Schlauchleitungen an der Spritze nötig. Derartige Pumpen werden von der Rag-Feuerlöschpumpen Rich. Klinger G.m.b.H., Tempelhof bei Berlin, Just. Chr. Kaiser, München, und Just. Chr. Braun Premierwerke, Nürnberg, gebaut. – Außer der Rundlauf pumpe hat die Hochdruckzentrifugalpumpe Verwendung bei den Feuerwehren gefunden. Sie hat für Feuerwehrzwecke der Rundlaufpumpe gegenüber den Nachteil, daß sie nicht selbsttätig trocken ansaugt. Dieser Nachteil ist durch besondere Konstruktionen aufgehoben worden, und zwar wird von den Eisenwerken vorm. Nagel & Kämp A.-G., Hamburg, und A. Gentil, Aschaffenburg, die Saugeleitung mittels einer Hilfssaugeleitung und einer durch diese zufließenden Hilfswassermenge, die auf dem Fahrzeuge mitgeführt wird, entlüftet bezw. Wasser angesaugt. Die Firma Gebr. Sulzer, Winterthur bezw. Ludwigshafen, und Ehrhardt & Sehmer, Saarbrücken, Koebe, Luckenwalde bei Berlin, und andre verwenden Luftpumpen zum Entlüften der Saugeleitung und Ansaugen des Wassers. Bei der Zentrifugalpumpe wird kein Sicherheitsumlaufventil benötigt. – Außer diesen gebräuchlichsten Pumpenarten kommen noch schnellaufende Kolbenpumpen von J.C. Magirus, Ulm, und der Norddeutschen Automobil- und Motoren-A.-G. Bremen auf den Markt, die in ihrer Wirkungsweise reinen Kolbenpumpen entsprechen.

Den Fontanamast als Feuerrettungsleiter brauchbar zu machen, ist bisher nicht gelungen, dagegen wird er als Wassermast verwendet und bietet die Möglichkeit, bei Bränden in hohen Stockwerken von außen Wasser zu geben, wenn aus örtlichen Gründen ein anderer Angriffsweg nicht vorhanden ist.

Durch das Schaumlöschverfahren »Perkeo« der Fabrik explosionssicherer Gefäße, Salzkotten, ist es gelungen, Brände von Benzin und andern leichten, feuergefährlichen Flüssigkeiten zu löschen. Die Löschmasse besteht aus zwei getrennt zu haltenden Flüssigkeiten, die, zu gleichen Teilen zusammengegossen, sofort und ohne jeden Rückstand einen gelblichweißen Schaum bilden. Nach Angabe der Firma stellt die eine der beiden Flüssigkeiten eine Natronlösung, vermischt mit einigen schaumbildenden Stoffen, die andre eine reine Alaunlösung dar. Der Schaum enthält nachweislich in seinen sein verteilten Bläschen Kohlensäure und hat ein Gewicht von 140 g pro 1, er ist also nur den fünften Teil so schwer als Benzin, Auf die brennende Flüssigkeit gebracht, breitet der Schaum sich aus und erstickt die Flamme, wobei die aus der Schaummasse freiwerdende Kohlensäure die Löschwirkung unterstützt. Das Volumen der Löschflüssigkeit verhält sich zu dem des aus ihr entwickelten Schaumes wie 1 zu 7,5. Die Fabrik stellt tragbare Spritz- und Gießapparate, erstere von 8 l Inhalt an, Kübel- und Kippspritzen, fahrbare Apparate und auch ortsfeste Anlagen her.

Feuersicherer Film. Dem Chemiker Eichengrün ist es gelungen, den aus Schießbaumwolle (Nitrozellulose) hergestellten äußerst feuergefährlichen Zelluloidfilm durch einen völlig feuersicheren Zellitfilm aus Acetylzellulose zu ersetzen. Letzterer wird von den Farbenfabriken, vormals Fr. Bayer, fabriziert.

Explosionssichere Lagerung von Benzin. Größere Mengen feuergefährlicher Flüssigkeiten, wie Benzin, Benzol u. dergl., können auf mechanisch-chemischem Wege nach dem System Martini & Hüneke feuer- und explosionssicher gelagert werden, indem sie unter Kohlensäuredruck[73] gehalten werden, der ein Eindringen von Luftsauerstoff und damit die Bildung explosiver Gasgemische verhindert. Außer diesem System gibt es noch explosionssichere Lagerung der Aktiengesellschaft Pinsch, Berlin, Hermann Hoffmann, Apparatebaugesellschaft m. b. H., Frankfurt a.M., und der Schwelmer Eisenwerke.

Sauerstoffwiederbelebungsapparate. Der Sauerstoffwiederbelebungsapparat Pulmotor der Drägerwerke, Lübeck, ist ein automatischer Wiederbelebungsapparat. Eine einzige Düse erzeugt die Druck- (Einatmungs-) und Sang-(Ausatmungs-) luft. Die Umsteuerung von Drücken auf Saugen geschieht automatisch; der Atmungsrhythmus regelt sich selbsttätig nach der Größe der Lungen. Die Druckluft und das Saugen sind für den Organismus unschädlich. Der Sauerstoffwiederbelebungsapparat der Armaturen- und Maschinenfabrik Westfalia A.-G., Gelsenkirchen, System Brat, erfüllt denselben Zweck, hat aber nicht die automatische, sondern eine durch Hand zu bedienende Umsteuerung.

Scheller.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 71-74.
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