Carborundum [1]

[422] Carborundum (Carborund, Siliciumkarbid), chemische Verbindung von Silicium und Kohlenstoff (Silicid des Kohlenstoffs) SiC, spez. Gew. bei 15° = 3,125 nach Richard [1], nach Fitz-Gerald 3,171–3,214; zeigt hexagonale Kristalle von verschiedener Färbung, dunkelbraunschwarz bis schwarz, infolge einer Spur beigemischten Kohlenstoffs. Die an der Oberfläche der Kristalle häufig zu bemerkenden Regenbogenfarben rühren von oxydischen Verunreinigungen her. Nur ganz reines Carborund ist ungefärbt. Härte groß, nach Mohrs Härteskala zwischen 9 und 10, nahe bei 10. Rubin, Korund und manche Arten Diamanten werden von ihm geritzt [2].

Carborund ist bei gewöhnlichem Druck unschmelzbar, zersetzt sich im elektrischen Ofen (s. Schmelzöfen, elektrische, Karbide und Calciumkarbid) bei sehr hoher Temperatur in wegdampfendes Silicium und in den in der Form der scharfkantigen Carborundumkristalle zurückbleibenden Kohlenstoff. Im Knallgasgebläse mit Sauerstoff im Ueberschuß auf Weißglut erhitzt, verbrennt es langsam zu Kohlen- und Kieselsäure. Chlor zersetzt es erst bei einer Temperatur von 1200° vollständig (Moissan [3]). Säuren, auch Flußsäure, greifen es nicht an, auch gegenüber vielen stark oxydierenden Mitteln bleibt es indifferent. Dagegen zersetzt es sich, mit Bisulfat und Fluornatrium gemischt, beim Erhitzen in einer Gebläseflamme. Aehnlich wirken Aetzalkalien und einige Metalle unter denselben Bedingungen. Auf Verunreinigungen zurückzuführen ist das Entstehen einer geringen Menge brennbaren Gases beim Erhitzen von Carborundpulver des Handels mit einer konzentrierten Lösung von Aetzalkali. Mit Natriumsuperoxyd erhitzt zersetzt es sich. Hierauf gründet sich eine Methode zu seiner Analyse [2]: Das sehr sein gepulverte abgewogene Carborundum wird mit einem Gemenge von gebrannter Magnesia und Natriumsuperoxyd in einem bedeckten Nickeltiegel mit einer Wasserstoffflamme erhitzt (gewöhnliche Gasflamme wegen Kohlensäureabgabe an die Schmelze zu vermeiden). In der Schmelze wird der Kohlensäuregehalt nach den Regeln der chemischen Analyse ermittelt. Auf der Schmelzung mit Alkalikarbonat und Abscheidung der Kieselsäure beruht eine die erste ergänzende Methode. Hat man das Carborund von andern Substanzen zu trennen, so führt die Schmelzung mit Bisulfat und Entfernung der gebildeten Kieselsäure durch Flußsäure zum Ziel. Verfälschungen mit Schmirgel oder Korund entdeckt man durch Ermittlung des spezifischen Gewichtes. (Näheres in [2], S. 28.)

Die Darstellung erfolgt durch Reduktion von Quarz mit elektrisch erhitzter Kohle. Bei allen Arbeiten mit dem elektrischen Ofen, bei denen Silicium anwesend ist, erhält man es als ein nicht gewolltes und nicht zu vermeidendes Nebenprodukt. Die Carborundwerke an den Niagarafällen arbeiten nach Fitz-Gerald [2] folgendermaßen: Als Ausgangsmaterialien dienen zerkleinerter, gewaschener und getrockneter Quarzsand von 99,5% Kieselsäuregehalt, gepulverter Koks von hohem, möglichst gleichmäßigem Kohlenstoffgehalt, ferner Sägmehl zum Porösmachen der Mischung und Kochsalz als Flußmittel. Von diesen Materialien werden 500 kg zusammengemischt: 261 kg Sand, 177 kg Koks, 53 kg Sägmehl und 9 kg Salz. Das Ofenhaus der Carborundum Company enthält 15 Oefen für je 746 Kilowatt. Die Spannung des Stromes beträgt 2200 Volt. Im Carborundumhaus wird sie auf 150 Volt umgeformt. Etwa 20 Minuten nach dem Beginn des Betriebes tritt Kohlenoxyd auf, das zu seiner sofortigen Beseitigung in Brand gesetzt wird. Im Verlauf desselben sinkt die über dem Ofenhaus bis zu Meterhöhe angehäufte Mischung zusammen. Ferner drücken sich mit gelber Flamme brennende Feuergase unter lebhaftem Geräusch durch das Schmelzgut. Man nennt diese Erscheinung »Blasen«. Nach Beendigung der Schmelzung bricht man die Ofenwände zur Hälfte ab, entfernt die unverändert gebliebene Mischung sowie die das gebildete Carborundum umgebende sogenannte »Weißmasse«, holt ersteres heraus und richtet den Ofen für eine neue Beschickung her. Jeder Ofen erzeugt zirka[422] 3150 kg Carborund. In eisernen Flammenmühlen wird es gemahlen, zur Entfernung von Verunreinigungen mit Schwefelsäure behandelt, sodann ausgewaschen, getrocknet und durch Absieben in verschiedene Korngrößen getrennt. Oefen für die Carborundumfabrikation wurden konstruiert von Acheson [4] und von Cowles [5].

Anwendung: Als feuerfestes Material. Fitz-Gerald preßt die Carborundumkörner mit wässerigem Leim in Formen, erhitzt sie im elektrischen Ofen bis zum Eintritt des Umkristallisierens, wobei die feste und dichte Masse die Form beibehält. Etwas weniger fest und poröser sind die auf ähnliche Weise aus der obengenannten Weißmasse (White-stuff) hergestellten Steine. Acheson [6] bindet die Carborundumkörner durch Einwirkung von Eisenverbindungen bei sehr hohen Temperaturen. Talbot benutzt flüssigen Teer und darauffolgende hohe Hitze und empfiehlt die Briketts besonders zur Verwendung als Ofenfutter [7]. Ein weiteres Patent nahm Engels [8]. Die Anwendung des Siliciumkarbids zur Stahlfabrikation wurde F.E. Parks und A.E. Hunt patentiert [9]. Versuche über diese Verwendung wurden von Darley in England, Hunt in Amerika und Luermann in Deutschland gemacht. Das Carborund läßt sich ferner zur Herstellung von Silicium verwenden: 2SiC + SiO2 = 3Si + 2CO (s. Silicium). Ausgedehnte Verwendung findet das Carborundum als Polier- und Schleifmittel, als Ersatz des Diamantpulvers (Ritz- und Schleifmittel für Edelsteine). Ferner als Kryptol, ein Gemenge von Kohle, Carborundum und Silikaten, das beim Heizen mit elektrischen Oefen die Metallwiderstandsheizung vertritt (s. Schmelzöfen, elektrische, und [13]).

Geschichtliches: Despretz stellt 1847 Siliciumkarbid dar [10]. 1880 veröffentlicht Marsden Versuche über die Kristallisation von Kieselsäure in geschmolzenen Metallen [11]. 1886 demonstriert Cowles einen hexagonal kristallisierten Körper, aus Quarz und Kohlenstoff hergestellt, den er mit dem 1893 von Acheson hergestellten Carborund ähnlich fand (Patentstreit zwischen Acheson und Cowles). 1892 Hellt Schützenberger [12] einen Körper SiC in einem Gebläseofen dar, Moissans Versuche fallen ebenfalls ins Jahr 1893 [13]. Als Carborundum Stellte den Körper zuerst Acheson dar, der auch als Begründer der Carborundumindustrie anzusehen ist [2].


Literatur: [1] Journal of the Franklin Institute, September 1893. – [2] Francis J. Fitz-Gerald, Carborundum, deutsch von Max Huth, Halle a. S. 1904. – [3] Le Four électrique, Paris 1897, S. 354. – [4] Amerikan. Patent Nr. 560291 von 1896. – [5] Borchers, Elektrometallurgie, Braunschweig 1896. – [6] Amerikan. Patent Nr. 615648 vom Dezember 1898. – [7] Amerikan. Patent Nr. 656708 von 1899. – [8] Amerikan. Patent Nr. 65004 von 1900. – [9] Amerikan. Patent Nr. 564219 von 1896; Nr. 585636 von 1897. – [10] Comptes rendus, 1849, II, p. 720. – [11] Proceedings of the Royal Society, 1880–81. – [12] Comptes rendus, t. CXIV, S. 1089. – [13] Moissan, Le Four électrique, Paris 1897; Wedding in »Stahl und Eisen« 1893, S. 800. – [14] Zeitschrift für angewandte Chemie 1905, S. 239.

Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 422-423.
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