[172] Indigoküpen. Die Unlöslichkeit des Indigo in Wasser und seine Unfähigkeit, sich mit Beizen (s.d.) zu vereinigen, erfordern seine Ueberführung in lösliche Form, um seine Anwendung in der Färberei zu ermöglichen. Man fand diese zuerst in seiner Eigenschaft, durch Reduktion in eine in alkalischen Flüssigkeiten lösliche farblose Verbindung, das Indigweiß, überzugehen, das sich durch Oxydation leicht wieder in Indigblau zurückverwandelt. Da nun aus einer solchen alkalischen Indigweißlösung, einer Indigoküpe, wie man diese nennt, das Indigweiß von der eingetauchten Textilfaser aufgenommen wird, um dann in Berührung mit dem Sauerstoff der Luft in unlösliches Indigblau (Fayenceblau, Englischblau) verwandelt zu werden und sich festhaftend in und auf der Faser niederzuschlagen, so ist dadurch eine echte Färbung der letzteren gegeben. Den Begriff der Indigoküpe hat man von der färbenden Lösung des Indigo auf das Gefäß übertragen, in dem der Färbeprozeß ausgeführt wird.
Je nach dem zu färbenden Fasermaterial benutzt man warme und kalte Küpen. Zu den warmen gehören die Waid-, Pottasche-, Soda-, Urin- und die Hydrosulfitküpe, zu den kalten die Vitriol- und die Zinkstaubküpe. Die warmen Küpen werden für animalische, die kalten für vegetabilische Fasern angewendet. Der zum Ansetzen einer Küpe verwendete Indigo muß zur Beschleunigung seiner Lösung im Zustande möglichst seiner Verteilung sein. Man erreicht dies durch Mischen und 24 stündiges Stehenlassen mit Natronlauge von 7° Bé und darauffolgendes Mahlen in besonderen Mühlen (s. Indigomühle).
Man unterscheidet die Gärungsküpen (Waid-, Pottasche-, Soda- und Urinküpe) von der Hydrosulfitküpe.
In den Gärungsküpen erfolgt die Reduktion des Indigo in alkalischer Flüssigkeit durch Wasserstoff, der sich durch einen Gärungsprozeß von an Zucker und andern Kohlehydraten reichen Substanzen entwickelt. Unter dem Einfluß besonderer Bakterien und Pilze, für die jene einen gedeihlichen Nährboden abgeben, verwandelt sich z.B. die Glukose des der Küpe zugesetzten Krapp in Milchsäure, die sich bei erhöhter Temperatur weiter in Wasserstoff, Kohlen- und Buttersäure zersetzt. Ersterer reduziert das Indigblau zu Indigweiß, und dieses löst sich in der durch das Ammoniak, das bei der Gärung des ebenfalls zugesetzten stickstoffhaltigen Waid und der Kleie oder bei der Fäulnis des Harns auftritt, alkalischen Flüssigkeit auf. Zur Bindung der gleichzeitig gebildeten, das Ammoniak neutralisierenden Säuren ist die Anwesenheit einer gewissen Menge Kalk wesentlich.
Waidküpe. Dieselbe wird in einem von außen durch heißes Wasser anwärmbaren eisernen Kessel von etwa 2 m Breite und Tiefe bereitet, indem man denselben zu drei Vierteln mit heißem Wasser füllt, 100 kg gut zerkleinerten Waid, 10 kg Krapp, 5 kg Kleie (oder statt dieser beiden eine geeignete Menge Sirup) und 5 kg gebrannten Kalk hinzufügt, der vorher gelöscht und in einen dünnen Brei verwandelt ist. Nach dreistündiger Ruhe wird die Küpe mittels hölzerner Krücken oder mittels eines hölzernen mechanischen Rührapparates zehn Minuten lang umgerührt und diese Operation von 3 zu 3 Stunden wiederholt, wobei die Temperatur auf 50° C. erhalten wird. Es entwickelt sich nun ein eigentümlicher ammoniakalischer Geruch und es treten Gasblasen auf, die sich zu einem blauen Schaum, der Blume, vereinigen. Zugleich nimmt die Flüssigkeit eine grünlichgelbe Farbe an und auf ihrer Oberfläche zeigen sich kupfrig Glänzende Streifen, Adern. Eine Probe nimmt beim Schütteln mit Luft schnell eine blaue Farbe an. An diesem Zeichen erkennt man, daß der im Waid enthaltene Indigo sich gelöst hat. Nun fügt man 10 kg gemahlenen Indigo hinzu, rührt gut durch und überläßt die Küpe bedeckt 12 Stunden der Ruhe. Ist die Gärung zu lebhaft, was man an der Gasentwicklung erkennt, so verlangsamt man sie durch Zusatz von Kalk, man schärft die Küpe; verläuft sie zu langsam, so vermehrt man die Menge der Kleie bezw. des Sirups. Ein gutes Kennzeichen, ob eine Küpe schon genug Kalk hat oder noch welchen braucht, ob sie »scharf« oder »milde« ist, bildet ihr Geruch. Eine milde Küpe hat einen süßlichen Geruch, während eine scharfe Küpe mehr oder[172] weniger Hark nach Ammoniak riecht. Zeichen eines guten Ganges sind die Bildung einer kräftigen Blume, ein angenehmer, weder stechender noch fader Geruch und das gute Anfärben, Vergrünen eines in die Küpe hineingebrachten, genetzten wollenen Lappens, des Stahls.
Pottascheküpe. Dieselbe unterscheidet sich von der Waidküpe im Ansatz derart, daß an die Stelle von Waid und Kalk Pottasche tritt. Man erhitzt die Mischung der nötigen Menge Wasser mit 3 kg Kleie, 3 kg Krapp oder Sirup und 10 kg Pottasche einige Zeit auf 90° C, läßt die Temperatur alsdann auf 50° C. zurückgehen und setzt 10 kg gemahlenen Indigo zu, rührt auf und überläßt das Ganze einer mehrstündigen Gärung. Der Vorteil dieser Küpe bestem in einem geringeren Bodensatz, infolgedessen für die Gefäße kleinere Dimensionen gewählt werden können.
Sodaküpe. Diese ist der vorigen in der Zusammensetzung ganz ähnlich, statt Pottasche verwendet man eine entsprechende Menge Soda und Kalk. Die Alkalität dieser Küpe ist demnach vorwiegend durch Aetznatron bedingt. Man kocht zunächst während einiger Stunden 60 kg Kleie mit Wasser, läßt sie auf 50° C. erkalten, setzt 20 kg Kristallsoda, 5 kg gelöschten Kalk und 10 kg gemahlenen Indigo zu, rührt gut um und überläßt das Ganze mehrere Tage der Gärung. Zeitweilig wird aufgerührt, eventuell auch noch etwas Soda und Kalk hinzugesetzt und, wenn die Kennzeichen auf einen guten Verlauf deuten, die Küpe ruhen gelassen.
Urinküpe. Diese Küpe wird mit faulendem Harn bereitet. Das durch Reduktion gebildete Indigweiß löst sich dabei in dem durch Zersetzung des Harnstoffs entstehenden kohlensauren Ammon und dem aus letzterem und Kochsalz entstehenden kohlensauren Natron. Man setzt zu 500 l gefaultem Harn 3 kg Kochsalz und 1 kg Krapp, hält die Mischung einige Stunden auf 50° C., setzt 1 kg gemahlenen Indigo zu, rührt und überläßt dann die Küpe der Gärung. Sie eignet sich nur für den Kleinbetrieb.
Die Wirkung der Hydrosulfitküpe beruht auf den stark reduzierenden Eigenschaften der von Schützenberger entdeckten hydroschwefligen Säure bezw. des hydroschwefligsauren Natriums, das sich als letzteres beim Versetzen einer Lösung von saurem schwefligsaurem Natrium mit Zink bildet. 4NaHSO3 + Zn = Na2S2O4 + Na2SO3 + ZnSO3 + 2H2O. Mit Kalkhydrat wird das Zinksulfit als Zinkoxydhydrat und Calciumsulfit gefällt. In Gegenwart von Natriumoxydhydrat verwandelt Natriumhydrosulfit Indigblau in Indigweiß. C16H10N2O2 + Na2S2O4 + 2NaOH = C16H12N2O2 + 2Na2SO3. Ob das gebildete Indigweiß als Alkali- bezw. Calciumverbindung oder als Doppelverbindung mit hydroschwefligsaurem Natrium in Lösung geht und die Küpe bildet, ist noch eine offene Frage. Zur Darstellung des hydroschwefligsauren Natriums dienen drei etagenförmig übereinander angeordnete Gefäße. In dem einen befindet sich eine Natriumbisulfitlösung von 31° Bé, die in das darunter befindliche, mit Zinkspänen lose angefüllte Gefäß bei möglichstem Luftabschluß abgelaufen werden kann. In diesem spielt sich die Bildung des hydroschwefligsauren Natriums ab. Zur Beseitigung des Zinksulfits läßt man die Flüssigkeit unter Luftabschluß in das dritte Gefäß laufen, das Kalkmilch enthält. Nach einiger Zeit der Ruhe hat sich ein aus Zinkoxydhydrat, Calciumsulfit und Kalk bestehender Niederschlag unter einer klaren Lösung von neutralem hydroschwefligsaurem Natrium und Calcium abgesetzt, die mittels eines Hahnes abgelaufen werden kann. Die Stammküpe, die zum Ansetzen und Ergänzen der Färbeküpen dient, wird durch Mischen der verschiedenen Ingredienzien im Verhältnis von 1 kg Indigo zu 1,3 kg Kalkmich (enthaltend 200 g gebrannten Kalk im Liter) und so viel Hydrosulfitlösung von 22° Bé, als aus 8 kg Natriumbisulfit erhalten wird, und Erhitzen auf 70° C., bis völlige Reduktion und eine grüngelbe Lösung vorhanden ist, bereitet.
Beim Ansetzen einer Färbeküpe wird diese mit Wasser von 50° beschickt, etwas Hydrosulfitlösung und die genügende Menge Stammküpe zugesetzt. Nach kurzem Rühren kann sofort mit dem Färben begonnen werden, da auf das Niedersinken suspendierter Teile nicht gewartet zu werden braucht. Dies ist neben der außerordentlichen Leichtigkeit der Handhabung der große Vorteil der Hydrosulfitküpe vor den Gärungsküpen, namentlich der Waidküpe, bei welcher der Bodensatz (Mark) oft den dritten Teil des Gesamtvolumens beträgt.
Das Färben in den warmen Küpen. Da Indigo auf Seide nicht besonders echte Farben liefert und der Küpenkalk die Seide brüchig macht, so wird letztere in der Küpe nur noch selten gefärbt. Die Hauptanwendung finden die warmen Küpen zum Färben von Wolle. Dasselbe geschieht in den Gärungsküpen nur im oberen Teil, der von dem unteren, den Bodensatz enthaltenden, durch ein aus starken Stricken bestehendes, an einem eisernen Rahmen beteiligtes Netz (Trift) getrennt ist. Die Hydrosulfitküpe bedarf dieser Vorkehrung nicht. Die Temperatur der Küpen wird zweckmäßig auf 50° gehalten. Bevor man die Wolle einführt, wird die Blume von der Oberfläche sorgfältig entfernt. Lose Wolle wird abgekocht, mit lauwarmem Wasser gewaschen und gequetscht, dann in ein Netz gefleckt und in die Küpe eingeführt, in der sie mit Stangen langsam und mit der Vorsicht hin und her bewegt wird, daß sie dabei nie über die Oberfläche ragt. Je nach der beabsichtigten Nuance währt die Dauer des Eintauchens 15 Minuten bis 2 Stunden. Nach dem Herausziehen wird sie gut ausgewunden, auf einen Haufen geworfen und zur Vollendung der Oxydation durch Umschaufeln mit der Luft möglichst in Berührung gebracht. Hat sich das Blau vollkommen entwickelt, so wird sie erst mit durch Schwefelsäure angesäuertem Wasser zur Entfernung mechanisch anhaftenden Indigos und von Calciumkarbonat, dann mit Wasser gewaschen und getrocknet. Kammzug wird in mechanischen Färbeapparaten bearbeitet, in welchen die Bewegung der Küpenflüssigkeit langsam unter möglichstem Abschluß der Luft erfolgt. Ein empfehlenswerter Apparat ist derjenige von J. Simonis in Verviers, gebaut von F.W. Bündgens in Aachen. Wollgarn wird Strähn für Strähn in der Küpe umgezogen oder auf eignen Garnfärbemaschinen mit Küpenflüssigkeit durchtränkt, dann ausgewunden, zum Oxydieren hingelegt, wenn die gewünschte Nuance noch nicht erreicht ist, noch einmal eingetaucht u.s.w., schließlich wie lose Wolle gereinigt. Wollenes Gewebe wird, nachdem es vorher gut ausgekocht worden ist, in der Küpe entweder mittels Haken umgezogen oder auf dem sogenannten Unterflottenhaspel bewegt. Die im ersteren Falle verwendeten [173] Haken bestehen aus schwachen Rundeisen, deren eines Ende mit einem Holzgriff versehen ist, während sich am andern der eigentliche Haken, ein scharf gezahnter, einem Reitersporn ähnlicher Ansatz befindet, der zum Fassen und Fortbewegen des Stoffes dient. Der Arbeiter führt in jeder Hand einen solchen Haken, faßt damit den Stoff beiderseits etwa ein Drittel der Stoffbreite von der Kante entfernt, zieht das Stück immer nach seinem Stand hin und drückt mittels der Haken von Zeit zu Zeit die beigezogenen Falten unter. Kommt das Ende des Stückes, so begibt er sich auf die entgegengesetzte Seite der Küpe und bearbeitet den Stoff wieder in entgegengesetzter Richtung.
Diese mühsame Operation wird durch den Unterflottenhaspel in einfacher Weise durchgeführt. Derselbe besteht aus einem Holzgestell, dessen obere beide Längsbalken sich auf den Rand der Küpe auflegen, so daß der Apparat bis auf diese in die Küpe eintaucht. An jeder Langseite des Gestells lagert eine Holzwalze, beiderseits mit Metallscheiben versehen, um ein Seitwärtslaufen des Stoffes zu verhindern. Zwischen beiden Walzen, aber etwas höher, sind ein Paar mit diesen durch Kettenübertragung verbundene Quetschwalzen angebracht. Jede der beiden ersteren Walzen ist mit einem Vorlauftuch versehen, an das die Enden des Stückes geheftet werden, und ist durch Kettenübertragung mit je einer Kurbelwelle in Verbindung. Indem nun wie bei der Jiggerfärbemaschine (s. Jigger) das Gewebe sich abwechselnd einmal auf die eine, dann auf die andre Walze aufwickelt und zwischendurch gequetscht wird, erfolgt eine ganz gleichmäßige Färbung. Nach dem Färben und Oxydieren an der Luft wird es erst in angesäuertem Wasser gespült, dann in reinem Wasser gewaschen. Die Echtheit der Färbung kann durch nachheriges Ansieden in Alaun und Weinstein und halbstündiges Dämpfen erhöht werden.
II. Kalte Küpen.
Das reduzierend wirkende Agens führt hier zur Unterscheidung der Vitriol-, Zinkstaub-, Hydrosulfit- und Arsenigküpe.
Vitriolküpe. Diese basiert auf der Eigenschaft des frisch gefällten Eisenoxydulhydrates, in Gegenwart von Calciumoxydhydrat Indigblau zu reduzieren. Es wird in der Küpe selbst durch Vermischen von Ferrosulfat mit gelöschtem Kalk dargestellt, der das in Indigweiß verwandelte Indigblau als Calciumverbindung löslich macht. Der Kalk hat vor den Alkalien den Vorteil, daß er weniger kaustisch ist, durch Bildung von unlöslichem Karbonat auf der Küpe eine den Luftsauerstoff abhaltende Decke bildet und daß seine Verbindung mit Indigweiß durch die Baumwollfaser leichter dissoziiert wird als die entsprechende Alkaliverbindung. Die zum Ansetzen einer Vitriolküpe nötigen Bestandteile sind demnach zu einem homogenen und unfühlbaren Brei gemahlener Indigo, reiner Eisenvitriol, reiner und gut gelöschter Kalk und Wasser. Die Verhältnisse, in denen diese Substanzen angewendet werden, sind großen Veränderungen unterworfen und fast in jeder Fabrik andre. Jedenfalls ist es vorteilhaft, mehr Eisenvitriol und Kalk anzuwenden, als der Theorie nach erforderlich ist. Denn der Ueberschuß von Eisenoxydulhydrat und Kalk reduziert, so oft man die Küpe rührt, das an der Luft zu Blau oxydierte Indigweiß, so daß ersteres, das in Gestalt blauer Schaumblasen (Blume) an der Oberfläche sich ansammelt, in der Küpe selbst die zu seiner Auflösung nötigen Elemente findet. Im allgemeinen verwendet man 10 kg Indigo, 20 kg Eisenvitriol und 25 kg Kalk. Das Ansetzen der Stammküpe geschieht, indem man den Indigobrei mit der Kalkmilch vermischt und die Lösung des Eisenvitriols unter Umrühren nach und nach hinzusetzt. Auf diese Weise trifft das Indigweiß in dem Maße, als es sich bildet, einen Ueberschuß von Kalk, mit dem es sich lösen kann. Ist die Mischung ausgeführt, so läßt man sie einige Stunden ruhig stehen und rührt sie dann von Zeit zu Zeit um, bis die olivgrüne Farbe der Masse anzeigt, daß die Reduktion beendet ist. Diese Reduktion erfolgt bei gewöhnlicher Temperatur, also bei etwa 20° C, bei niedrigerer Temperatur aber träge, weshalb man im Winter die Küpenräume heizt. Zum Ansetzen der einzelnen Küpen, das entweder in Holzbottichen oder zementierten bezw. gußeisernen zylindrischen Behältern von 2,5 m Tiefe und 1,5 m Durchmesser geschieht, werden diese zunächst mit der nötigen Menge Wasser, etwas Kalkmilch und Eisenvitriol gefüllt. Dieser Zusatz hat den Zweck, die im Wasser gelöste Kohlensäure und den Sauerstoff wegzuschaffen und dadurch die Fällung einer gewissen Menge reduzierten Indigos zu verhindern. Hierauf wird eine gewisse Portion der Stammküpe zugegeben, einige Minuten gerührt und die Küpe der Ruhe überlassen, worauf mit dem Färben begonnen werden kann. Der Nachteil der im übrigen empfehlenswerten Vitriolküpe ist ein nicht unbeträchtlicher Bodensatz, bestehend aus überschüssigem Kalk, Gips und Eisenoxyd.
Zinkstaubküpe. Diese von Leuchs 1845 empfohlene Küpe beruht in ihrer Wirkung auf der Eigenschaft des Zinkstaubs, in Gegenwart von Kalk Wasser zu zersetzen unter Bildung von Zinkoxydcalcium und Wasserstoff, der das Indigblau zu Indigweiß reduziert, das sich mit dem Kalküberschuß auflöst. Den Vorzug dieser Küpen bildet die schnellere Reduktion und die Verminderung des Küpenschlammes infolge geringerer Quantitäten notwendigen Reduktionsmaterials. Im allgemeinen verwendet man auf 10 kg Indigo 7,5 kg Zinkstaub und 20 kg Kalk. Das Ansetzen der Stammküpe erfolgt durch portionsweises Einrühren des mit Wasser angerührten Zinkstaubs in den mit Kalkmilch vermischten Indigobrei. Man überläßt die Mischung unter zeitweisem Rühren der Ruhe, bis die Reduktion vollendet ist. Alsdann schreitet man zum Ansetzen der Färbeküpen, das in ähnlicher Weise wie bei der Vitriolküpe geschieht, nur daß dabei an Stelle von Eisenvitriol Zinkstaub in Anwendung kommt. Ein Ueberschuß von Zinkstaub muß bei dieser Küpe vermieden werden, da sie durch zu reichliche Wasserstoffentwicklung sonst schaumig wird.
Hydrosulfitküpe. Diese Küpe, deren Theorie und Bereitung schon erörtert wurde, dient den Zwecken der Färberei der Baumwolle auch als kalte Küpe. Zwar ist sie die kostspieligste, bietet aber gegenüber den andern Küpen den Vorzug, sich schnell zu klären und leicht in gutem Zustande zu erhalten; sie gestattet daher ein schnelles und regelmäßiges Arbeiten.[174]
Arsenigküpe (Opermentküpe). Diese wird erhalten durch Auflösen von Indigo und Arsentrisulfid AsS3 in Kalilauge. Sie enthält neben Indigweiß Kaliumarseniat und -thiosulfat und wird nach Verdickung mit Gummi noch in der Zeugdruckerei benutzt.
Das Färben von Baumwolle und Leinen in den kalten Küpen geschieht bei gewöhnlicher Temperatur. Für Garne benutzt man hölzerne Küpen, vorteilhaft alte Kokosnußölfässer von 1,7 m Höhe und 70 cm Enddurchmesser, die aus hartem Holz gefügt und mit dauerhaften eisernen Reifen versehen sind. Vier bis sechs derselben sind auf einem Zementboden nebeneinander angeordnet, während die Arbeiter, auf einer bis zu halber Höhe reichenden Pritsche stehend das Färben vornehmen. Die Küpen sind von verschiedener Stärke; man beginnt mit dem Färben in der schwächsten und steigt allmählich bis zur stärksten, worauf dann gewöhnlich die verlangte Nuance erreicht ist. Näheres darüber in [1]. Das gut ausgekochte und abgewässerte Garn wird ausgewunden bezw. zentrifugiert, sodann ausgeschlagen und auf Stöcke gezogen. Die Küpen sind einige Stunden vorher gut gerührt worden und werden sorgfältig abgeschäumt. In der Küpenflüssigkeit werden die Garne auf den Stöcken umgezogen und nach einigem Verweilen auf einem Windestock, der über dem Faß angebracht ist, abgewunden. Neuerdings geschieht dies mit sogenannten Indigogarnfärbemaschinen, die im wesentlichen aus zwei Haken bestehen, auf die das auszuwringende Garn gelegt wird. Der eine dieser Haken erhält von einer Welle aus mittels automatischer Umstellvorrichtung eine vor- und rückläufige drehende Bewegung, während der andre in einer horizontalen Führung sich bewegt und durch ein Gewicht, das an einer Kette befestigt ist, die über eine Rolle gleitet, einen gewissen Zug erfährt, der dem Winden einen entsprechenden Widerstand leistet. Auf dieses erste vorläufige Abwringen folgt noch ein sorgfältigeres zweites, wobei die völlige Oxydation des Indigblau erfolgt. Nach dem Färben wird das Garn in einer 25° Bé starken Schwefelsäure gesäuert, gewaschen und geseift, eventuell auch mit Blauholz übersetzt. Die sehr echten Indigofärbungen leiden etwas an dem Uebelstande des Abrußens. Man kann denselben dadurch beseitigen, daß man das gefärbte Garn mit Blutalbuminlösung imprägniert und nach dem Abwringen in die Trockenkammer hängt. Indem dort das Albumin koaguliert, umhüllt es die auf der Oberfläche der Fasern befindlichen Indigopartikel als ein durchsichtiger und fester Ueberzug.
Gewebe werden entweder in reihenweise angeordneten, in die Erde eingelassenen zementierten viereckigen oder runden, dann meist gußeisernen Gefäßen von 1,5 m Durchmesser und 2,5 m Tiefe, Standküpen, oder aber auf der Rollen-, Roulette- oder Continueküpe gefärbt. Bedingung für eine gute Färbung ist, daß das Gewebe so in die Küpe eingeführt wird, daß die Flüssigkeit es gleichmäßig durchdringt und daß es, dieselbe verlassend, gleichmäßig der Einwirkung der Luft unterliegt. Bei dem Färben auf Standküpen spannt man das Gewebe in der Länge von 5060 m auf Rahmen, Sternreifen, bestehend aus einem eisernen Ständer, der an seinen beiden Enden zwei sechs- bis achtstrahlige Sterne trägt; der eine derselben ist beweglich und kann mittels einer Schraube dem andern genähert oder von ihm entfernt werden. Die ebenfalls eisernen Strahlen dieser Sterne sind an der Innenseite mit Häkchen versehen, an die das Stück spiralförmig angeheftet und hierauf mittels der Schraube straff gespannt wird. Vor dem Anheften ist es zweckmäßig, das Gewebe zu stärken und zu trocknen, weil es so von der Flüssigkeit gleichmäßiger durchdrungen wird. Um Farbstoff zu sparen, wird das Gewebe vielfach nur auf einer Seite gefärbt, indem man zwei glatt aufeinander gelegte Stücke in angegebener Weise an den Häkchen befestigt. Der Rahmen wird nun an einen Flaschenzug über die Küpe gehängt und in die präparierte Küpe vollständig hineingelassen. Nach einviertelstündigem Verweilen in derselben wird er wieder herausgezogen, man läßt abtropfen und vergrünen. Alsdann senkt man den Rahmen, diesmal aber umgekehrt, weil sich die abtropfende Küpenflüssigkeit nach den unteren Gewebskanten zieht, wodurch diese dunkler als die oberen gefärbt werden, in die zweite stärkere Küpe, dann in die dritte u.s.w., bis die gewünschte Nuance erreicht ist. Um mechanisch anhaftenden Indigo und Calciumkarbonat zu entfernen, werden die gefärbten Stücke, mit den Enden aneinander genäht, schließlich über Rollen in Säurewaschmaschinen durch Schwefelsäure von 2° Bé passiert und gewaschen.
Die Rollen-, Roulette- oder Continueküpe [2] hat gegenüber den Einzelküpen den Vorteil bedeutend größerer Leistungsfähigkeit. Freilich ist ihre Anwendung auf die Herstellung unigefärbter oder später zu ätzender Ware beschränkt. Sie besteht aus einer eisernen Küpe, die gewöhnlich eine Länge von 3 m, eine Breite von 1 m und eine Tiefe von 3 m hat. Am Boden derselben befindet sich in Gestalt zweier Schaufelräder ein Rührwerk, das von der Transmission aus in Bewegung gesetzt wird und auf diese Weise den in der Flotte ungelösten Indigo in stete Berührung mit dem Reduktionsmaterial bringt. Die Beschickung geschieht z.B. mit 10 kg Indigo, 15 kg Kalk und 7 kg Zinkstaub, die in einem besonderen Gefäß (Tonne) zu einer konzentrierten Küpe angestellt werden, die als klare Flotte der zum Teil mit Wasser gefüllten Continueküpe zugesetzt wird. In letztere taucht ein eiserner zweiteiliger Rahmen, der behufs Reinigung der Küpe in die Höhe gehoben werden kann. Der Rahmen trägt zwei Systeme von kupfernen Leitrollen, über welche die Ware ihren Lauf nimmt. Hat sie, in voller Breite über einen Ausbreiter in die Küpe einlaufend, etwa die Hälfte derselben auf- und absteigend passiert, so geht sie zwischen zwei mit Hebelvorrichtungen versehenen Quetschwalzen hindurch, die das überschüssige Indigweißcalcium aus dem Stoff pressen und in die Küpe zurückfließen lassen. Von hier setzt die Ware ihren Weg fort über ein zweites System von Rollenpaaren, von denen die unteren an der Küpe außerhalb der Flotte, die oberen an der Decke des Küpenlokals befestigt sind. Bei diesem auf- und absteigenden Gange in der Luft oxydiert sich der auf der Faser befindliche reduzierte Indigo, und man steht die blaue Färbung des Zeuges um so deutlicher hervortreten, je mehr Walzen dasselbe in der Luft passiert. Je höher der Oxydationsraum und je besser ventiliert derselbe ist, desto länger ist der Weg, den die Ware frei an der Luft zurücklegt, und desto vollständiger wird der Indigo auf der Faser befestigt. Es erfolgt alsdann[175] ein zweites Eintauchen in die Flotte in gleicher Weise wie zuvor über Leitwalzen sowie das Passieren zwischen einem zweiten Quetschwalzenpaar, um die Ware nochmals der Luft zu exponieren und schließlich selbsttätig abzulegen. Je nachdem die gewünschte Nuance sein soll, kann die Ware eventuell mit ein- oder zweimaligem Gang ausgefärbt werden. Im letzteren Falle wird sie am Ende der Küpe von der Maschine selbst aufgebäumt, statt abgelegt zu werden und kommt mehrmals in die Küpe zurück. Sollte die Ware jedoch bei einmaligem Gang schon zu dunkel gefärbt werden, so kann man den Gang der Ware gleich so einrichten, daß sie beim Aufsteigen aus der vorderen Küpenhälfte sofort über Leitwalzen zum Ablegen gelangt. Die weitere Reinigung des Gewebes geschieht wie nach dem Färben in den Standküpen. Die bei der Reinigung der Gewebe abfließenden Waschwässer, die sogenannten Blauwässer, enthalten jenen Indigo, der sich beim Waschen vom Stoff abgelöst hat. Man läßt denselben in Bassins sich absetzen und benutzt ihn mit zum Ansetzen frischer Küpen.
Für eine möglichst ökonomische Ausnutzung des Indigo ist es geboten, ihn aus dem Bodensatz alter Küpen zu regenerieren. Es geschieht dies dadurch, daß man die in besonderen Behältern gesammelten Küpensedimente mit einem billigen energischen Reduktionsmittel versetzt, die klare Flüssigkeit abzieht und in großen flachen Pfannen der Oxydation überläßt. Nach einiger Zeit hat sich der ganze Indigo am Boden angesammelt und kann wieder zum Färben verwendet werden. Bei einer rationell geleiteten Küpenfärberei läßt sich der Indigoverlust auf 23% reduzieren.
Literatur: [1] Möhlau, Organ. Farbstoffe, Dresden 1890, S. 255. [2] Mullerus, Lehnes Färberzeitung 1890/91, S. 147. [3] Persoz, Impression des tissus, Paris 1846, Bd. 3, S. 14; Schützenberger, Farbstoffe, Berlin 1873, Bd. 2, S. 539; Knecht, Rawson und Löwenthal, Handbuch der Färberei, Berlin 1900/01; v. Georgievics, Indigo, Leipzig und Wien 1892; Ganswindt, Theorie und Praxis der modernen Färberei, Leipzig 1903; Badische Anilin- und Sodafabrik, Ludwigshafen a. Rh., Indigo rein B.A.S.F., 1900; Witt, Chemische Technologie der Gespinstfasern, Braunschweig 1902, Lieferung 3.
R. Möhlau.
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