[509] Anerkennung (Anerkenntnis), die bejahende Erklärung über die Wirklichkeit, Wahrheit und Identität einer Person oder Sache oder eines Verhältnisses,[509] vorzüglich insofern die eigne Mitwirkung dabei in Frage gestellt ist; z. B. A. eines Kindes, einer Urkunde, Unterschrift etc., besonders auch das Zugeständnis eines fremden Rechts oder faktischen Zustandes (s. Anerkenntnis). Im bürgerlichen Recht versteht man unter A. vor allem die Erklärung, einen Anspruch nicht bestreiten zu wollen, und man spricht von einem besondern Anerkennungsvertrag, wenn die A. dem Gegner gegenüber zu dem Zweck erfolgt, damit dieser sie dem Anerkennenden gegenüber geltend machen und gebrauchen könne. Jede A. aber enthält ein Leistungsversprechen und ist als solches, auch wenn es ein abstraktes ist, d.h. keinen Verpflichtungsgrund angibt, rechtsverbindlich, da zur Gültigkeit eines Schuldanerkenntnisses, außer wenn es auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs erteilt wird, oder wenn es auf seiten des Schuldners ein Handelsgeschäft und der Schuldner Vollkaufmann ist (Handelsgesetzbuch, § 350, 351), einzig schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung und, falls für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andre Form vorgeschrieben ist, diese Form erforderlich ist (Bürgerliches Gesetzbuch, § 781, 782). Von besonderer Bedeutung ist die A. bei der Verjährung einer Schuld. Erkennt der Schuldner nämlich dem Gläubiger gegenüber, wenn auch nur durch konkludente Handlungen, wie Zinszahlung, Sicherheitsleistung etc., eine Schuld an, so wird hierdurch die Verjährung unterbrochen (§ 208 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), ebenso wird eine bereits verjährte und dadurch klaglose Schuld durch A. wieder klagbar. Nicht aber wird ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt und deshalb nichtig ist, durch A. klagbar. So ist beispielshalber die A. eines ungültigen Börsentermingeschäfts rechtlich völlig belanglos (§ 66, 68 des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896). Sodann kennt das Bürgerliche Gesetzbuch auch noch ein öffentlich beglaubigtes Anerkenntnis (Bürgerliches Gesetzbuch, § 371). Behauptet nämlich ein Gläubiger, er sei nicht mehr im Besitz des Schuldscheines, so kann der Schuldner nach Bezahlung der Schuld außer der Quittung an Stelle des verloren gegangenen Schuldscheines eine öffentlich beglaubigte A. darüber verlangen, daß die Schuld erloschen sei.
A. des Urteil seines ausländischen Gerichts nennt die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 328 und 722, 723) die Wirksamkeit derartiger Urteile im Gebiete des Deutschen Reiches. Diese A., die grundsätzlich allen ausländischen Urteilen zukommt, aber nach § 328 in einer Reihe von Fällen ausgeschlossen ist, bildet (nach § 723) eine Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung derartiger Urteile (s. Urteile ausländischer Gerichte). Im Völkerrecht ist die A. namentlich dann von Wichtigkeit, wenn es sich um ein bestrittenes Recht einer Nation, um eine Schuldforderung u. dgl. handelt, weil hier im Streit bei dem Mangel eines entscheidenden richterlichen Urteils nach erfolgter A. die Motive der Ehre und die öffentlichen Interessen und Rücksichten für die Erfüllung der Verbindlichkeit wirken. Von noch höherer Bedeutung ist die A. der völkerrechtlichen Existenz oder Souveränität des Staates überhaupt, einer neugebildeten Regierungsgewalt oder eines neuen Titels. Erstere kommt besonders dann in Frage, wenn sich ein Teil eines Staates abtrennt, um ein selbständiges Gemeinwesen zu bilden, oder wenn mehrere bisher selbständige Gebiete zu Einem Staatswesen sich vereinigen. Die A. ist hier allerdings weder Grund noch Bedingung der Souveränität des anerkannten Staates; denn der Staat soll bereits als eine souveräne Persönlichkeit dastehen, bevor er auf A. Anspruch macht. Der positive Inhalt der A. besteht vielmehr darin, daß man den anzuerkennenden Staat als eine konstituierte völkerrechtliche Persönlichkeit betrachtet, und daß man einen völkerrechtlichen Verkehr mit ihm für möglich hält und anknüpft. Große Nationen pflegen eine allgemeine A. für ihre Staatsumwälzungen viel leichter zu erlangen als kleinere. Besonders schwierig, weil oft nur nach Gründen der Zweckmäßigkeit zu entscheiden, ist die Frage, ob und wann die A. eintreten darf, wenn ein Teil eines Staates sich von diesem losreißt, oder wenn zwei Parteien in einem Land um die Herrschaft kämpfen. Ein zweckmäßiges Auskunftsmittel für die Übergangszeit ist solchenfalls die Entsendung von diplomatischen Agenten ohne gesandtschaftlichen Charakter; doch ist hierbei Vorsicht geboten. Die A. erfolgt entweder in förmlicher Weise oder nur tatsächlich, letzteres z. B. durch Abschluß eines Vertrags mit dem neuen Staatswesen; sie kann unbedingt erklärt oder von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig gemacht werden.
Meyers-1905: Anerkennung der Vaterschaft