Bertrand [2]

[735] Bertrand (spr. -trang), 1) Henri Gratien, Graf, der treue Gefährte Napoleons I., geb. 28. März 1773 bei Châteauroux (Indre), gest. 31. Jan. 1844 in Châteauroux, trat während der Revolution in das Heer, diente 1795–96 in der Pyrenäen- und in der italienischen Armee und machte die Expedition nach Ägypten mit. In den weitern Feldzügen von 1805 bis 1807, 1809 und 1812 stieg er zum Generaladjutanten und Grafen auf. Nach Durocs Tod ernannte ihn der Kaiser zum Großmarschall des Palastes. 1813 kämpfte er bei Großbeeren und Dennewitz und verteidigte 3. Okt. bei Wartenburg den Elbübergang gegen Yorck. Bei Leipzig schützte er 16. und 18. Okt. in Lindenau die Straße nach Thüringen und deckte dann den Rückzug, nach der Schlacht bei Hanau den Rheinübergang bei Mainz. 1814 begleitete er den Kaiser nach Elba, war dessen Vertrauter während der Hundert Tage, kämpfte bei Waterloo und folgte ihm mit seiner Familie nach St. Helena. Nach der Julirevolution wurde er in die Kammer gewählt und schloß sich hier der liberalen Partei an. 1834 zog er sich auf[735] sein Landgut bei Châteauroux zurück. 1840 wurde er mit dem Prinzen Joinville zur Abholung der Asche Napoleons nach St. Helena geschickt und beschäftigte sich zuletzt mit den Vorbereitungen zur Herausgabe der Memoiren Napoleons.

2) Alexandre, Archäolog, geb. 28. Juni 1820 in Paris, gest. 9. Dez. 1902 in Saint-Germain, studierte an der Normalschule, ging 1848 als Mitglied der Ecole française nach Athen, widmete sich aber nach seiner Rückkehr in Frankreich vornehmlich prähistorischen Studien und wurde 1862 Direktor des neugegründeten gallo-römischen Museums in St.-Germain-en-Laye; 1881 wurde er Mitglied der Akademie. Er schrieb: »Essai sur les dieux protecteurs des héros del 'Iliade« (1857); »Etudes de mythologie et d'archéologie grecques. D'Athènes à Argos« (1858); »Les voies romainesen Gaule« (1863); »Archéologie celtique et gauloise« (Bd. 1, 1876; 2. Aufl. 1889); »La Gaule avant les Gaulois« (1884. 2. Aufl. 1891); »Etudes sur la peinture et la critique d'art dans l'antiquité« (1893); »Les Celtes dans les vallées du Pô et du Danube« (mit S. Reinach 1891); »La religion des Gaulois« (1897). Seit 1860 gibt er die »Revue archéologique« heraus.

3) Joseph, Mathematiker, Bruder des vorigen, geb. 11. März 1822 in Paris, gest. da selbst 3. April 1900, trat sehr früh in die polytechnische Schule, wurde Lehrer in Paris, dann Biots Suppleant am Collège de France und 1862 als Professor der mathematischen Physik sein Nachfolger. Seit 1856 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, wurde er 1874 deren ständiger Sekretär. Er arbeitete besonders über Mechanik und mathematische Physik und schrieb außer Lehrbüchern der Arithmetik, Algebra und Infinitesimalrechnung: »Les fondateurs de l'astronomie moderne« (4. Aufl. 1865); »La théorie de la lune d'Aboul-Wefâ« (1873); »L'académie des sciences et les académiciens de 1666 à 1793« (1868); »Thermodynamique« (1887); »Calcul des probabilités« (1888); »Leçons sur la théorie mathématique de l'électricité« (1889); die Biographien: »D'Alembert« (1889) und »Blaise Pascal« (1890). Gesammelt erschienen seine »Éloges académiques« (1890; neue Folge, mit der Biographie Bertrands von Darboux, 1902).

4) James, franz. Maler, geb. 1825 in Lyon, gest. 1887 in Paris, machte auf der Kunstschule zu Lyon seine ersten Studien, die er später bei Périn und Orsel in Paris fortsetzte. Letztere beschäftigten ihn bei der Ausmalung einer Kapelle in Notre-Dame de Lorette, und dadurch wurde er auf die elegante klassizierende Richtung jener beiden Maler hingewiesen. Ein Aufenthalt in Rom, während dessen er auch mit Cornelius bekannt wurde, bestärkte ihn in dieser Richtung. In Rom malte er außer einigen Genrebildern aus dem italienischen Volksleben eine Kommunion des heil. Benedikt und die Bekehrung der heil. Thaïs. Nach Paris zurückgekehrt, behandelte er vorzugsweise solche Szenen aus der biblischen und profanen Geschichte und der Mythologie, in denen durch Liebe und Leidenschaft herbeigeführte Katastrophen zur Erscheinung kommen, soz. B. den Tod der Sappho (1867), den Tod der Virginia (1869, für den Luxembourg angekauft), den Tod der Manon Lescaut, den Tod und den Wahnsinn der Ophelia, Romeo und Julie, die büßende Magdalena. Von seinen letzten Bildern sind Lesbia, Mignon und die heil. Cäcilie zu nennen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 735-736.
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