Gérôme

[659] Gérôme (spr. scherōm'), Léon, franz. Maler und Bildhauer, geb. 11. Mai 1824 in Vesoul, gest. 10. Jan. 1904 in Paris, arbeitete von 1841–44 in Paris bei Delaroche, dem er auch nach Italien folgte, und widmete sich mit besonderm Eifer dem Studium des nackten Körpers. Davon legte bereits sein erstes Bild. ein junges griechisches Paar einem Hahnenkampf zusehend (1847, im Luxembourg-Museum), Zeugnis ab. Auch betrat er mit diesem Bilde zugleich das Gebiet, auf dem er später einen Teil seiner Erfolge davontragen sollte, die Schilderung des Volkslebens im Altertum mit einem starken Zusatz von sinnlichem Reiz. Die folgenden Bilder: Anakreon, der Bacchus und Amor tanzen läßt, das griechische Frauengemach und das Zeitalter des Augustus, letzteres ein Historienbild mit lebensgroßen Figuren, für welche die Kraft von G. jedoch nicht ausreichte, bewegen sich in derselben Richtung. Ein neues Stoffgebiet eröffnete er sich 1855 durch eine Reise nach Ägypten, wohin er noch 1857 und 1864 zurückkehrte; zugleich besuchte er Arabien, Syrien und Palästina, und aus diesen beiden Elementen, dem orientalischen und antiken, setzte sich Gérômes Kunst zusammen. Er war eine durchaus kühle, mit mäßiger Phantasie begabte Natur und suchte daher mehr durch Wahl pikanter Stoffe, eine sorgsame, sein abgedämpfte malerische Behandlung und geistreiche Zeichnung zu wirken als durch geniale Erfindung. Seine Hauptwerke aus der antiken Gruppe sind: die Gemahlin des Kandaules von Gyges belauscht, die Begrüßung des Vitellius durch die Gladiatoren im Zirkus (1859), Pollice verso (ebenfalls eine Gladiatorenszene), Phryne vor ihren Richtern, Sokrates den Alkibiades bei der Aspasia aufsuchend, die lachenden Augurn, Kleopatra und Cäsar (1866), der Tod Cäsars (1867). Von seinen Bildern aus dem orientalischen Leben sind zu nennen: die Rekrutenaushebung in Ägypten (1857), der Gefangene, der türkische Schlächter (1863), die Almeh (1864), das Gebet der Araber (1865), die Tür der Moschee El Assaneyn in Kairo mit den Köpfen der hingerichteten Beis (1867), die Schach spielenden Arnauten, das türkische Bad, tanzende Baschi-Bozuks, die Spazierfahrt des Harems, der Araber und sein Pferd, die Tränke der Kamele (1890) und ein schwarzer Barde (1892). Eine dritte Gruppe bilden mehrere Genrebilder aus der französischen Geschichte, wie z. B. Ludwig XIV. und Molière, der Tod des Marschalls Ney und die graue Eminenz (Pater Joseph, 1874). G. war auch ein hervorragender Bildhauer und hat als solcher im Salon von 1881 für eine mit liebenswürdigem Humor erfüllte Gruppe: Anakreon, Bacchus und Amor, eine Medaille erster Klasse erhalten. Außerdem hat er Porträtbüsten, Gruppen (Pygmalion und Galathea), Ideal- und Tierfiguren und eine Reiterstatue des Herzogs von Aumale für Chantilly (1899) geschaffen. Als Maler ist ihm dreimal die[659] Ehrenmedaille zuteil geworden. Er war Professor an der Ecole des beaux-arts und Kommandeur des Ordens der Ehrenlegion.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 659-660.
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