Geiler von Kaisersberg

[492] Geiler von Kaisersberg, Johannes, berühmter deutscher Kanzelredner, geb. 16. März 1445 in Schaffhausen, gest. 10. März 1510 in Straßburg, erhielt seine erste Erziehung von seinem Großvater zu Kaisersberg im Elsaß und studierte darauf zu Freiburg und Basel Philosophie und Theologie. Nach vorübergehendem Aufenthalt in Freiburg und Würzburg wurde er 1478 Domprediger in Straßburg. Besonders durch die Schriften Joh. Gersons (s.d.) angeregt, an die sich einige deutsche Traktate Geilers anschlossen, dringt G. auf eine Verinnerlichung des religiösen Lebens; die kirchlichen Unsitten und Mißbräuche seiner Zeit greift er schonungslos an; seine originelle und anschauliche, mit bildlichen Beziehungen auf das tägliche Leben reich durchsetzte Redeweise verschaffte seinen Predigten eine außerordentliche Wirkung. Von den zahlreichen gedruckten Sammlungen ist nur »Der Seelen Paradies« (Straßb. 1510; neue Ausg. von Biesenthal, Berl. 1842) und vielleicht die »Christenlich Bilgerschaft« (Basel 1512) unter Geilers Mitwirkung veranstaltet. Die übrigen gehen auf seine lateinisch geschriebenen Entwürfe und auf Nachschriften seiner Zuhörer zurück. Am unzuverlässigsten sind die von Joh. Pauli (s.d.) herausgegebenen: »Das Evangelienbuch« (Straßb. 1515), »Die Emeis« (das. 1516), »Brösamlin ufgelesen« (das. 1517); auch die lateinisch (Straßb. 1511) erschienenen 142 Predigten Geilers über Sebastian Brants »Narrenschiff« wurden deutsch von Pauli (1520) veröffentlicht. Von andern Sammlungen nennen wir: »Das irrig Schaf« (Straßb. 1510); »Das Schiff der Pönitenz und Bußwirkung« (Augsb. 1514); »Das Buch Granatapfel« (Straßb. 1510); »Das Schiff des Heils« (das. 1512; neue Ausg. von Bone, Mainz 1864); »Postill« (das. 1522). Ausgewählte Schriften von G. gab Lorenzi (Trier 1881–83, 4 Bde., mit Biographie) heraus, eine neue Ausgabe der »ältesten Schriften« besorgte Dacheux (Freiburg 1877–83). Vgl. Dacheux, Un réformateur catholique à la fin du XV. siècle, Jean G. de K. (Par. 1876; im Auszug deutsch bearbeitet von Lindemann, Freiburg 1877); Martin, in der »Allgemeinen Deutschen Biographie«, Bd. 8.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 492.
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