[735] Gesims, Architekturgebilde zur Gliederung und zum Schmuck eines Baukörpers, aus dessen Oberfläche es, meist wagerecht, schmal und langgestreckt, in irgendwelcher Profilierung hervorspringt. Die Teile des Gesimses, die Gesimsglieder, sind glatt oder skulptiert (eventuell auch nur bemalt) und geben je nach ihrer Profilform und ornamentalen Behandlung dem G. verschiedene praktische Anwendbarkeit und tektonischen Charakter. In der Antike und den von ihr abgeleiteten Stilen tritt das letztere, in den mittelalterlichen Bauweisen das erstere Moment mehr in den Vordergrund. Je nach der Stelle, wo sie sich an der Fläche befinden, und nach ihrer Funktion unterscheidet man hauptsächlich Sockel- (Fuß-, Dach-) Gesimse, Gurt- (Zwischen-) Gesimse und Haupt- (Kranz-) Gesimse. Untergeordnetere Gesimsarten sind noch die Deck-, Trag-, Schutz- und Kaffgesimse. Die Sockelgesimse bilden die ästhetische Vermittelung zwischen dem Hauptbaukörper und seinem zur Lastübertragung auf eine größere Grundfläche verbreiterten Fuß. Sie müssen schlicht sein, dürfen den Wasserablauf nicht hindern und haben meist geringe Schattenwirkung. Neben einfachen Schrägen und Kehlen kommen zusammengesetzte Profile vor, unter denen namentlich das Profil der aus der griechischen Antike stammenden, aus einer Kehle zwischen zwei Wulften und mehreren Plättchen bestehenden Attischen Basis (s.d.) in allen Stilen Verbreitung gefunden hat (Fig. 1). Schärfer als bei dieser Gesimsart scheidet sich bei den Gurtgesimsen, die in der Regel in Höhe der Geschoßdecken liegen, der antike von dem mittelalterlichen Charakter. Das Hauptglied der antiken Gurtgesimse pflegt eine lotrechte Platte zu sein, die den Gurtcharakter gibt. Dazu treten stützende Unterglieder, insbes. Blattwellen, und, bei reichern Ausführungen krönende, das G. selbständiger machende Oberglieder (Fig. 2). Kleine gürtende Gesimse werden mehr in Schnürenform gebildet, und der Rundstab herrscht bei ihnen vor (Fig. 3). Bei den mittelalterlichen Gurtgesimsen tritt der tektonische Begriff des Gürtens zurück, die Geschoßtrennung wird Hauptsache, auch bilden die Gesimse vielfach die Fortsetzung der untern, vor die Front vorspringenden Teile der Fensterschrägen (Kaffgesimse). Für die Gotik typisch ist die Form Fig. 4. Traggesimse sind Zwischengesimse, die von einer untern zurückliegenden zu einer obern vorspringenden Fläche vermitteln. Die Hauptgesimse haben in der Antike und deren Ableitungen vornehmlich die Bestimmung, das Gebäude, dem das steile, bedeutsam in die Erscheinung tretende Dach fehlt, nach oben abzuschließen, zu krönen. Grundtypen sind die Kranzgesimse der antiken Säulenordnungen (s.d.); alle spätern antiken und Renaissancehauptgesimse sind mehr oder weniger Ableitungen desselben.
Das mittelalterliche Hauptgesims, über dem das hohe Dach nicht zu fehlen pflegt, ist weniger ausgesprochen krönender Bauteil. Da es, wenn die Dachtraufe nicht über seine Vorderkante weggezogen ist, in der Regel die (Stein-) Rinne aufnimmt, ist es oben wagerecht abgeschlossen und entbehrt der für das Gurtgesims bezeichnenden Schräge (Fig. 5). Die Deckgesimse (Giebel-, Brüstungsgesimse, Mauerabdeckungen etc.) ähneln, je nachdem sie bedeutender oder untergeordneter auftreten, mehr den Haupt-, bez. Gurtgesimsen. In ihrem Charakter tritt besonders das schützende, deckende Moment hervor. Unter Schutzgesimsen versteht man insbes. die kleinen Gesimse, unter deren Schutz bei mittelalterlichen[735] Bauwerken Dächer an Mauern anschließen (Fig. 7). Antike Giebelgesimse erhalten oft den Schmuck der Akroterien (s.d.), mittelalterliche den der Krabben und Kreuzblumen (s.d.). Als bereichernde Zutat erhalten die Gesimse, namentlich die Hauptgesimse, oft Friese, die in geometrischen Musterungen, ornamentalem oder figürlichem Schmuck, auch in Vorkragungen, Bogenreihen (Bogenfriesen) u. dgl. bestehen. Über reichen Hauptgesimsen erhebt sich oft eine Balustrade (Attika, s. d., S. 67) oder ein Zinnenkranz. Werden die Gesimsglieder selbst verziert, so hat dies bei den antiken Stilen im Sinne der Tektonik (s.d.) derartig zu geschehen, daß das aufgemeißelte oder ausgemalte Ornament die statische Funktion der Glieder, d. h. das Stützen, Trennen, Verknüpfen, Krönen etc. versinnbildlicht. Das Mittelalter verfährt freier und legt auf die Gesimsglieder, namentlich in die Kehlen, naturalistischen Pflanzenschmuck oder sonstigen Zierat. Allgemein gilt auch, daß die mittelalterlichen Gesimse, namentlich die Hauptgesimse, kleiner, bescheidener sind als die antiken. Im Werk- oder Bruchsteinbau werden die Gesimse aus bearbeiteten Quadern gefertigt. Der Terrakottabau ahmt diese Quadern durch große hohle Stücke aus gebranntem Ton nach, der gesündere Backsteinbau (s.d.) bildet sie aus Formsteinen (s.d.). Ein Beispiel gibt Fig. 6. Beim Putzbau (s.d.) werden sie in Mörtel auf einer Vermauerung mit der Schablone »gezogen« oder in Gipsstück hergestellt. Im Holzbau (s.d.), soweit dieser nicht Nachahmung des Steinbaues ist, kann man von Gesimsen im vorstehenden Sinne nicht reden. An ihre Stelle treten hier entweder Verbretterungen oder die vorgestreckten, verzierten Balken und Sparrenköpfe, die mit den profilierten Rahmen, Füllhölzern, Füllbrettern, Knaggen etc. den Hauptschmuck der Holzhäuser bilden. Ähnliches gilt auch vom Eisenbau (s.d.). Vgl. K. Bötticher, Tektonik der Hellenen (2. Aufl., Berl. 186981); Göller, Gesims (in Durms »Handbuch der Architektur«, Teil 3, Bd. 2; 2. Aufl., Stuttg. 1899); Hittenkofer, Das Entwerfen der Gesimse (5. Aufl., Leipz. 1885).
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