Hofrangordnung

[435] Hofrangordnung, Bestimmung über die Reihenfolge der Personen, die bei Hof Zutritt haben oder dort erscheinen. Diese Bestimmungen finden sich gewöhnlich in besondern Hofrangordnungen oder Hofrangreglements niedergelegt. Die umfangreichste H. ist die preußische (vgl. das »Zeremonialbuch für den königlich Preußischen Hof«, X, neueste Ausg., Berl. 1903), die nicht weniger als 62 Rangstufen enthält:

Tabelle

[435] Die genannten Rangstufen 1–3, 5–7, 12 u. 13, 18 bis 20, 29–32, 35–38, 48–51, 54 u. 55 haben je gemeinsamen Rang. Unter Inhabern der gleichen Rangstufe entscheidet das Datum der Ernennung. Die Reichsbeamten rangieren mit den preußischen Beamten des gleichen Ranges, nur der Reichskanzler und ihm sich anschließend der Statthalter von Elsaß-Lothringen gehen bei Festen auch dem Oberstkämmerer vor. Der Rang der hoffähigen verheirateten Damen richtet sich nach dem Rang ihrer Männer, nur geht die Oberhofmeisterin der Kaiserin allen Damen vor. Die Palastdamen der Kaiserin und die Inhaberinnen des Luisenordens 1. Klasse 2. Abteilung mit goldener Krone rangieren mit, die mit silberner Krone sowie die Oberhofmeisterin der Kronprinzessin und die Hofdamen der Kaiserin unmittelbar nach den Exzellenzen. Die Oberhofmeisterin der andern Prinzessinnen, die Hofdamen der Kronprinzessin sowie die Äbtissinnen und Vorsteherinnen adliger Stifte rangieren vor den Gemahlinnen der Obersten. Die Hofdamen der übrigen Prinzessinnen und die Damen des Luisenordens schließen sich an die Gemahlinnen der Kammerherren und die Damen adliger Stifte an die Gemahlinnen der Majore an. Die Witwen folgen in jeder Rangstufe den verheirateten Frauen.

In Bayern gibt es nur drei Rangklassen für die hoffähigen Herren. Zur ersten Rangklasse gehören die Kronbeamten, die Häupter und die Mitglieder der standesherrlichen fürstlichen Familien, die Häupter und die Mitglieder der standesherrlichen gräflichen Familien, die obersten Hofchargen, die Staatsminister, der Generalkapitän der Leibgarde des Hofes, die Erzbischöfe. Zur zweiten Rangklasse die königlichen Hofchargen, die Hofchargen älterer Ernennung der Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses, die Generale der Infanterie, Kavallerie, Artillerie und die kommandierenden Generale, die Hofchargen späterer Ernennung der Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses, die Staats- und Reichsräte, die Präsidenten der obersten Stellen, die Generalleutnants und die Generaladjutanten, die Geheimen Räte, die Kämmerer sind, die Bischöfe, die Präsidenten der Kreisregierungen und der Oberlandesgerichte, die Gesandten und die Ministerresidenten an auswärtigen Höfen, die Ritter des Hausordens vom heiligen Georg. Zur dritten Rangklasse die Generalmajore, die Flügeladjutanten, die Hofkavaliere Seiner Majestät des Königs, die königlichen Kämmerer, die Stabsoffiziere, die königlichen Kammerjunker, die königlichen Hofjunker, die persönlichen Adjutanten der Prinzen des königlichen Hauses. Den Hofzutritt endlich genießen die Hauptleute, Rittmeister und die Subalternoffiziere, der Rektor Magnificus der Universität München, der jeweilige Direktor der Technischen Hochschule München, die Präsidenten der Zweiten Kammer, die Ritter des Maximiliansordens, die standesherrlichen Fürsten und Grafen, die vermöge ihrer dienstlichen Stellung nicht hoffähig sind. In Württemberg gibt es keine besondere H. Sämtlichen Hofbeamten (den obern Hofbeamten, Hofbeamten, Hofoffizianten etc.) ist in der allgemeinen »Rangordnung der königlichen Diener und Beamten« ihr Rang angewiesen. In Sachsen sind die einschlägigen Anordnungen in der »Königlich sächsischen H.« (8. Aufl., Dresd. 1904) getroffen, die fünf Rangklassen mit über 200 Nummern oder Abstufungen kennt. In Österreich gibt es fünf Klassen: 1) der k. k. Obersthofmeister, 2) die Chefs der vormals reichsunmittelbaren Fürstenhäuser, 3) die k. k. Geheimräte, 4) die k. k. Kämmerer, 5) die k. k. Truchsesse. Während früher das Leitmotiv für die Festsetzung der Hofrangordnungen die Berücksichtigung der Abstammung war, ist nach und nach der Vorzug der Geburt dem Wissen und Können gegenüber immer mehr in den Hintergrund getreten und der Geburtsrang je länger je mehr dem Dienstrang gewichen. Auffallenderweise tritt dieser Zug besonders scharf am russischen Hofe hervor, wo schon jetzt die Rangordnung nach dem Dienstverhältnis (Tschin) jeden Geburtsanspruch selbst der frühern souveränen Fürstengeschlechter ausschließt. Vgl. auch Rangordnung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 435-436.
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