Laterān

[222] Laterān, päpstlicher Palast in Rom, nach der vornehmen römischen Familie der Laterani benannt, denen er bis zur Zeit Neros, der den letzten Besitzer dieser Familie hinrichten ließ, angehörte. Der lateranische Palast wurde kaiserliches Eigentum, später kam er an Fausta, die Gemahlin Konstantins d. Gr., der ihn, nachdem er eine Kirche in ihm eingerichtet hatte, dem Bischof von Rom schenkte. Der L. wurde nun die Residenz der Päpste, bis diese nach Avignon übersiedelten. Als sie nach Rom zurückkehrten, fanden sie den Palast in Ruinen, und fortan wurde der Vatikan päpstliche Residenz. Erst Sixtus V. ließ den L. 1586 in seiner gegenwärtigen Gestalt durch D. Fontana aufbauen, indessen blieb er nicht lange Wohnung der Päpste, sondern wurde zuerst in ein Waisenspital, dann durch Gregor XVI. in ein Skulpturenmuseum umgewandelt, zu dem später noch eine Gemäldegalerie und durch Papst Pius IX. ein Museo cristiano (mit Sarkophagen aus den Katakomben und alten Basiliken, Inschriften, Bildern etc.) gefügt wurden (vgl. Benndorf und Schöne, Die antiken Bildwerke des lateranensischen Museums, Leipz. 1867; Ficker, Die altchristlichen Bildwerke im christlichen Museum des Laterans, das. 1890). Auf dem Platz vor dem Palast befindet sich die Kapelle mit der scala santa von 28 Marmorstufen, nach der Überlieferung die Treppe vor dem Haus des Pilatus in Jerusalem, über die Christus den Leidensgang antrat, und die von den Gläubigen nur auf den Knieen bestiegen wird; ferner seit 1588 der ursprünglich durch Thutmosis III. (um 1500 v. Chr.) vor dem Sonnentempel in Theben, dann durch Kaiser Constantius 357 im Circus maximus errichtete Obelisk, der größte (32 m, mit Postament 47 m hoch) und älteste Roms. Seitlich schließt sich an den Palast die Laterankirche (San Giovanni in Laterano), die Kathedrale des Bischofs von Rom und »aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises Mutter und Haupt«. Von dem Balkon über ihrem Portal erteilte der Papst am Himmelfahrtstag dem Volk den Segen. Die jetzige Kirche ist auf den Mauern der von Sergius III. (904–911) an Stelle der eingestürzten Basilica lateranensis Konstantins erbaut; in ihr wurden seit 1123 regelmäßig die Kirchenversammlungen abgehalten (s. Lateransynoden), sie ist auch reich an Reliquien. Da seit Gregor XI. fast jeder Papst an dem Ausbau oder der Ausschmückung der Kirche tätig gewesen ist, so ist die Kirche heute eine Anhäufung von Bauteilen und Dekorationen aus weit auseinanderliegenden Zeiten. Mit ihr steht eine Taufkapelle in Verbindung (San Giovanni in Fonte), deren Kuppel von acht herrlichen Porphyrsäulen getragen wird, das älteste Baptisterium Roms. Der L. genießt nach dem Garantiegesetz vom 13. Mai 1871 ebenso wie Vatikan und Castel Gandolfo das Privilegium der Exterritorialität. Vgl. Valentini, La patriarcale basilica Lateranense (Rom 1832, 2 Bde.); G. Rohault de Fleury, Le Latran an moyen-âge (Par. 1877).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 222.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: