Leguminōsen

[330] Leguminōsen (Hülsenfrüchtige, Hülsengewächse), etwa 7000 Arten umfassende Pflanzenfamilie (oder Ordnung) aus der Abteilung der Calycifloren, Kräuter oder Holzpflanzen mit abwechselnden Blättern, mit Nebenblättern, meist traubigen Blütenständen und fünfgliederigen, dorsiventralen, seltener radiären Blüten, deren Fruchtknoten aus einem Fruchtblatt besteht und zur zweiklappig ausspringenden Hülfe (legumen), seltener zur Gliederfrucht (lomentum) wird.

Fig. 1. Blüte von Lotus. Fig. 2. Längsschnitt der Blüte, ohne Fahne und Flügel.
Fig. 1. Blüte von Lotus. Fig. 2. Längsschnitt der Blüte, ohne Fahne und Flügel.

Die Samen sind fast oder gänzlich endospermfrei. Die L. zerfallen in drei Unterfamilien: 1) Mimosoideae, Blüten radiär mit klappiger Knospenlage der Krone; Untergruppen: Ingeae (Albizzia), Acacieae (Acacia) Eumimoseae (Mimosa) u.a. 2) Caesalpinioideae, Blüten dorsiventral, Knospenlage der Krone aufsteigend dachig; Untergruppen: Dimorphandreae (Erythrophloeum), Cynometreae (Copaiba), Amherstieae (Tamarindus). Bauhinieae (Bauhinia, Cercis), Cassieae (Cassia, Ceratonia), Kramerieae (Krameria), Eucaesalpinieae (Caesalpinia, Haematoxylon, Gleditschia) u.a. 3) Papilionatae (Papilionaceae, Schmetterlingsblütler), größte, in allen Klimaten vertretene Unterfamilie mit ca. 4000 Arten; Blüten, typische Schmetterlingsblüten (s. Blüte und Tafel »Blütenformen I«, Fig. 15 und 16), mit absteigender Deckung der genagelten Kronblätter. Das hintere Kronblatt (Fahne, vexillum) ist symmetrisch und meist ausgerichtet (Textfig. 1), die hintern seitlichen (Flügel, alae) sind an sich ungleichhälftig, aber paarweise symmetrisch gestaltet, die vordern seitlichen Kronblätter sind an der Basis frei, oben aber zu einem kahnförmigen Kiel (Schiffchen, carina) vereinigt, welcher die röhrenförmig verbundenen ein- oder zweibrüderigen zehn Staubblätter samt dem Fruchtknoten einschließt (Textfig. 2); Untergruppen: Sophoreae (Sophora, Myroxylon), Podalyricae (Thermopsis, Baptisia), Genisteae (Lupinus, Cytisus, Genista, Ulex, Spartium), Trifolieae (Ononis, Medicago, Trigonella, Melilotus, Trifelium), Loteae (Anthyllis, Lotus), Galegeae (Indigofera, Wistaria, Robinia, Colutea, Caragana, Astragalus, Glycyrrhiza), Hedysareae (Ornithopus, Coronilla, Onobrychis, Arachis, Desmodium), Dalbergieae (Dalbergia, Pterocarpus), Vicieae (Cicer, Vicia, Lens, Lathyrus, Pisum), Phaseoleae (Glycine, Physostigma, Phaseolus, Dolichos) u.a. In der fossilen Flora finden sich Überreste dieser Familie, besonders Blätter, Früchte und Samen, ziemlich zahlreich; sie sind mit Sicherheit erst im Tertiär nachweisbar. – Zahlreiche Arten der L. finden in der Technik, Medizin u.a. Anwendung, besonders sind die Papilionaten als Nutzpflanzen nächst den Gramineen die wichtigsten des Pflanzenreiches. Die verschiedenen Gummisorten des Handels (Gummiarabikum, Kapgummi u.a.) stammen von afrikanischen oder australischen Acacia-Arten (A. Senegal, arabica, horrida); Kopaivabalsam liefern mehrere amerikanische Copaiba-Arten, Kopal Trachylobium-Arten Afrikas und amerikanische Hymenaea-Arten. Farbstoffe werden aus den Hölzern von Caesalpinia (Pernambuk- und Sappanholz) und von Haematoxylon campechianum (Blauholz) gewonnen. Als Arzneimittel sind die Sennesblätter (von verschiedenen Cassia-Arten), desgleichen das Fruchtmus von Tamarindus indica als Abführmittel geschätzt. Eßbare Früchte liefern unter andern einige amerikanische Inga-Arten, der Johannisbrotbaum (Ceratonia Siliqua) u.a. Als Zierpflanzen werden ihrer staubgefäßreichen, wohlriechenden Blüten wegen verschiedene Acacia-Arten, wegen der auffallenden Reizbarkeit ihrer Blätter auch Mimosa pudica gezogen. Die giftige Rinde von Erythrophloeum guineense kommt in Guinea zu Gottesurteilen zur Verwendung. Die Samen vieler Papilionaten sind wegen ihres Reichtums an Proteinstoffen (Legumin) und meistenteils auch an Stärkemehl von hohem Nährwert, insbesondere diejenigen der als L. bezeichneten Kultur- und Nahrungspflanzen (Erbse, Linse, Bohne, Wicke, Kicher, Lupine). Wegen des nährenden, milden, süßen, bisweilen aromatischen Krautes sind mehrere wichtige Futterpflanzen (Klee, Luzerne, Esparsette, Serradella, Arten von Melilotus, Lotus, Trigonella, Vicia). Durch ihre Wurzelknöllchen (s. d.) dienen die angebauten L. zugleich als Stickstoffsammler für die Landwirtschaft. Sie werden deshalb bisweilen lediglich zur Gründüngung angesät. Andre sind wichtig als Farbepflanzen (Indigofera tinctoria und I. Anil). Einige Arten liefern wichtige Drogen. Giftige Samen hat die Gottesurteilsbohne von Calabar (Physostigma venenosum). Manche enthalten scharfe, bittere, brechenerregende und purgierende Bestandteile, besonders gewisse Arten von Coronilla, Spartium, Genista, Cytisus; Kumarin enthält die Tonkabohne (Dipteryx odorata) aus Brasilien; eßbar sind die Wurzeln von Pachyrrhizus und die Rhizome von Apios tuberosa. Wegen des aus den Stämmen ausschwitzenden Tragantgummis sind bemerkenswert gewisse Arten von Astragalus und mehrere Arten von Myroxylon wegen der Sekretion wichtiger Balsame. Durch seine Leichtigkeit berühmt ist das Holz der im obern Nilgebiet einheimischen Herminiera Elapbroxylon (Ambatsch).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 330.
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