Pegel

[536] Pegel (Flutmesser, Limnimeter, Limnigraph, franz. Marégraphe), ein in Wasserläufen, Stauanlagen, See- und Meeresküsten angebrachter Wasserstandsmesser, der aus einem senkrecht gleichmäßig eingeteilten Maßstabe besteht, dessen Nullpunkt sich auf einen bestimmten, durch Nivellement festgelegten und unveränderlichen Punkt bezieht.

Fig. 1. Präzisionspegel.
Fig. 1. Präzisionspegel.

Die täglich ein oder mehrere Male abzulesenden Wasserstände werden tabellarisch registriert. Der von Seibt konstruierte Präzisions- oder Normalpegel (Fig. 1) besteht aus zwei miteinander verschraubten Eisenplatten, von denen die widerstandsfähigere schmiedeeiserne a zur Erhöhung der Haltbarkeit dient; in der gußeisernen Platte b befinden sich von Dezimeter zu Dezimeter abwechselnd auf der rechten u. linken Seite schwalbenschwanzförmige, 2 cm breite Ausschnitte, in die genau passende Porzellanplatten, welche die Teilung repräsentieren, eingekittet sind. Auch die Ziffern sind aus Porzellan gefertigt und in die Eisenplatten eingelassen. Selbsttätige P. dienen zur kontinuierlichen Auszeichnung der Wasserstände von Flüssen, Kanälen, Schleusen- und Stauanlagen, Talsperren, Seen etc. Zwei typische Formen registrierender Apparate nach dem System Seibt-Fueß sind in Fig. 2 und 3 abgebildet. Der eine Apparat gibt die Registrierungen direkt über der Meßstelle (selbsttätiger Schwimmerpegel), der andre übermittelt sie auf eine entfernt gelegene Beobachtungsstelle (selbsttätiger Druckluftpegel).

Der selbsttätige Schwimmerpegel (Fig. 2) wird in der Regel auf dem obern Rand eines massiven, mit dem zu messenden Wasser kommunizierenden Brunnens aufgestellt. Der auf dem Wasser des letztern ruhende Schwimmer S hängt an einem um das Schwimmerrad Sr mehrfach geschlungenen und an diesem befestigten dünnen Draht, der mit Hilfe des Gegengewichts N in stets gleicher Spannung gehalten wird.

Fig. 2. Selbsttätiger Schwimmerpegel.
Fig. 2. Selbsttätiger Schwimmerpegel.

Die durch den Wasserstandswechsel erzeugte Bewegung wird durch ein an der Schwimmerradachse befestigtes Trieb in entsprechender Verjüngung auf die Zahnstange T übertragen, an deren oberm Ende ein auf einer Stange gleitender Schreibstift c sich befindet. Durch das Uhrwerk wird die mit präpariertem Papier bespannte Walze W gedreht, auf der alsdann der aus Silber gefertigte Schreibstift die Wasserstands-(Flut-)kurve verzeichnet. Ferner sind zwei in unveränderlichem Abstand voneinander an einer Stange befestigte Schreibstifte b und b´ angebracht, die nahe dem obern und untern Ende der Walze W während deren Drehung Linien ziehen, die mit dem Anfangs- und Endstriche der Teilung des verjüngten Maßstabes M zusammenfallen. Mit Hilfe dieser Festlinien ermittelt man den Fehler, der durch die je nach dem Feuchtigkeitszustande der Luft veränderte Länge des Papierbogens entsteht. Die Registrierung der Zeit geschieht durch den von der Uhr getriebenen Hammer H, der in bestimmten Zeiträumen auf die Stange[536] der obenerwähnten Schreibstifte b und b´ schlägt, wodurch kurze Linien auf dem Papierbogen markiert werden. Vermittelst einer Lotvorrichtung, die aus einem um die Rolle L gewickelten stählernen Meßbande mit angehängtem Lotgewicht P besteht, kann der jeweilige Wasserstand direkt gemessen und die Richtigkeit der Auszeichnung des Apparats kontrolliert werden, indem man durch Abwickelung des Bandes das Gewicht P bis zur Berührung der Plattform des Schwimmers S herabläßt und die gemessene Länge an dem festen Index i abliest, dessen Höhenlage durch Nivellement festgestellt werden muß.

Fig. 3. Selbsttätiger Druckluftpegel.
Fig. 3. Selbsttätiger Druckluftpegel.

Von ähnlicher Konstruktion ist das Limnimeter von Forel und Sarasin, das besonders zur Ermittelung der Schwankungen von Binnenseen bestimmt ist, und mit dem umfassende Beobachtungen am Genfer See angestellt wurden. Um den augenblicklichen Wasserstand aus größerer Entfernung jederzeit ablesen zu können, verwendet man Rollbandpegel; diese bestehen aus einem breiten Band, das den Wasserstand mit großen Ziffern in Dezimetern angibt und über eine Trommel gewickelt ist, die durch Drahtleitung mit einem Schwimmer in Verbindung steht. Bei wechselndem Wasserstande dreht sich daher die Trommel, und das Ziffernband rollt vor einer festen Marke, die weithin sichtbar ist, ab.

Beim selbsttätigen Druckluftpegel (Fig. 3) ist eine im Wasser der Beobachtungsstelle befestigte tellerförmige Tauchglocke durch eine Luftleitungsröhre 1 von etwa 2 mm lichter Weite mit dem Quecksilbermanometer des Registrierapparats verbunden. Die über der Tauchglocke stehende Wasserschicht wirkt auf das in den kommunizierenden Schenkeln U und U1 des Manometers befindliche Quecksilber derart, daß beim Steigen des Wassers das Quecksilber im Schenkel U, steigt, bez. beim Fallen des Wassers sinkt. Die Übertragung dieser Niveauverhältnisse auf die Registrierwalze W wird durch eine Schwimmerstange vermittelt, die durch einen in das Quecksilber tauchenden Luftkörper s getragen wird. An der Schwimmerstange ist eine Schreibfeder c mit magnetischem Stiel befestigt, durch dessen Zugkraft ein sanftes Anschmiegen der Feder an das Papier bewirkt wird. Der Apparat ist ebenso wie der vorstehende mit den erwähnten und in der Fig. 2 gleichartig bezeichneten Kontrollvorrichtungen versehen. Die Luftpumpe V dient zur Füllung der Leitung und der Tauchglocke mit Luft wie zur Entfernung von etwa eingedrungenem Wasser. Solche selbstregistrierende P. sind jetzt an sehr vielen Küstenstationen aufgestellt. Bei Seibts selbsttätigem Universalpegel wird mit dem wechselnden Wasserstand die Linse eines Pendels am Pendelstab gehoben und gesenkt. Infolgedessen wird die Schwingungsdauer des Pendels verkürzt oder verlängert. Jeder 500. Pendelschlag wird auf einen Chronographen (s. d.) registriert, und aus der zwischen zwei Registrierungen verflossenen Zeit folgt sodann die Schwingungsdauer des Pendels und damit die Höhe des Wasserstandes während der betreffenden Zeit.

Die Berechnung des mittlern Wasserstandes aus den von den registrierenden Pegeln ausgezeichneten, mehr oder weniger unregelmäßigen Flutkurven ist ziemlich mühsam, sie wird vermieden bei dem von Lallemand konstruierten Medimaremeter (Mittelwassermesser). Der Apparat besteht aus einer Röhre, die nach unten mit einem engern Rohr in Verbindung steht, das am untern Ende durch eine Hohlkugel geschlossen wird. Letztere ist durch eine Platte aus porösem Porzellan in zwei Kammern zerteilt: die untere ist mit Sand gefüllt und an den Wänden durchlöchert, um dem Wasser Zutritt zu gewähren; die poröse Porzellanmasse ist so eingerichtet, daß sie die täg lichen Niveauschwankungen des Meeres infolge von Flut und Ebbe gerade in dem Maße verlöscht, daß eine täglich einmalige Messung des Wasserstandes in der Röhre genügt, um den mittlern Wasserstand des Tages zu erhalten. Das Instrument kann in einem mit dem Meer in Verbindung stehenden Brunnen oder an einer Hafenmauer angebracht werden. Zur Messung des Wasserstandes in der Röhre läßt man eine Meßstange in dieselbe hinab; letztere ist an der einen Seite mit einem Streifen präparierten Papiers belegt, das, soweit es von Wasser benetzt wird, sich schwärzt. Legt man die geschwärzten Papierstreifen nebeneinander, so erhält man durch eine einfache Messung vermittelst des Planimeters das Monatsmittel, diese liefern das Jahresmittel. Vergleiche dieses Mittelwassermessers mit den Flutkurven der selbstregistrierenden P. haben eine vollständige Übereinstimmung der Linien des Monats- und Jahresmittels ergeben.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 536-537.
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