[215] Schwind, Moritz von, Maler und Zeichner, geb. 21. Jan. 1804 in Wien, gest. 8. Febr. 1871 in München, erhielt den ersten Unterricht in der Kunst auf der Akademie in Wien und bei Ludwig Schnorr, bildete sich aber zumeist auf eigne Hand und entfaltete eine große Produktivität in Zeichnungen nach Märchen, Opern, in Illustrationen etc. 1827 ging er nach München, wo Cornelius einen solchen Eindruck auf ihn machte, daß er sich 1828 dort niederließ. Hier malte er in der Bibliothek der Königin Szenen aus Tiecks Dichtungen und komponierte Szenen aus dem Leben Karls d. Gr. für die Burg Hohenschwangau, die X. Glink ausführte. 1835 begab sich S. nach Rom. Bald heimgekehrt, entwarf er für den Saal Rudolfs von Habsburg im Königsbau einen figurenreichen Kinderfries. 1838 vollendete er Wandbilder in einem Gartensalon des Schlosses Rüdigsdorf bei Altenburg, welche die Muthe von Amor und Psyche behandeln. 183944 entstanden die Wand- und Deckenbilder im Antikensaal zu Karlsruhe (vgl. R. Förster, Moritz v. Schwinds Philostratische Gemälde, Leipz. 1903), die Fresken im Treppenhaus der Kunsthalle, die allegorischen Kompositionen für den Sitzungssaal der badischen Ersten Kammer daselbst, das reizende Tafelbild Ritter Kurts Brautfahrt und die Skizzen zu dem 184748 ausgeführten Vater Rhein (Raczynskische Sammlung im Kaiser Friedrich Museum zu Posen). Der Auftrag, für das Städelsche Institut den Sängerkrieg auf der Wartburg zu malen, veranlaßte ihn, 1814 nach Frankfurt überzusiedeln. In demselben Jahr entstand der »Almanach von Radierungen von M. v. S. mit erklärendem Text und Versen von E. Freiherrn von Feuchtersleben«, humoristische Verherrlichungen der Tabakspfeife und des Bechers. Derselben Periode gehören auch die köstlichen kleinen Genrebilder: der Falkensteiner Ritt (Leipzig, Städtisches Museum) und der Hochzeitsmorgen oder die Rose (Berlin, Nationalgalerie) an. 1847 wurde er als Professor an die Münchener Akademie berufen und komponierte dort 1849 seine originelle Symphonie nach Beethoven. Daran reihte lich das reichgegliederte Aschenbrödel mit seinen verwandten Nebenbildern aus der Mythe der Psyche und dem Märchen von Dornröschen (1854). Als der Großherzog von Sachsen die Wiederherstellung der Wartburg unternahm, beauftragte er S., die bedeutendsten Momente aus dem Leben der heil. Elisabeth und einige Szenen aus der thüringischen Sage und Geschichte zu malen (185455, gestochen von Langer). Diesen Werken folgte Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe, der Aquarellenzyklus: die sieben Raben und die treue Schwester (1857), durch den Schwinds eigentümliche Begabung für die Romantik des deutschen Märchens zum erstenmal allgemeine Anerkennung fand (jetzt im Museum zu Weimar), mehrere Bilder für den Grafen Schack (darunter die Morgenstunde und die Hochzeitsreise) und eine Reihe von Bildern für den Hochaltar der Frauenkirche in München. Mit unerschöpflichem Humor zeichnete S. 1863 in einem über 20 Ellen langen Zyklus wichtige Momente aus dem Leben seines Freundes Franz Lachner (vgl. »Die Lachnerrolle. Mit Text von O. Weigmann«, Münch. 1904) und schmückte in demselben Jahre die Pfarrkirche in Reichenhall mit Fresken; 1864 entstand die Heimkehr des Grafen von Gleichen (Schackgalerie) und der Karton: die Zauberflöte, der erste der im neuen Opernhaus zu Wien ausgeführten Kartons nach deutschen Opern, die ihm Gelegenheit gaben, alle seine Lieblingsgestalten aus dem Gebiete der Tonkunst vorzuführen. Dieser Zeit gehören auch geistvolle kunstgewerbliche Entwürfe an. An seinem 66. Geburtstag vollendete er den lieblichen Aquarellenzyklus von der schönen Melusine, der nächst den sieben Raben sein Hauptwerk ist (kaiserliche Galerie in Wien). 1855 war er mit seinen Brüdern August, österreichischem Ministerialrat (gest. 1892), und Franz, österreichischem Bergrat, in den österreichischen Ritterst. ind erhoben worden. Schwinds Vorzüge liegen im Rhythmus der Komposition, in durchweg idealer Anschauung, strenger Zeichnung und innigstem Eingehen auf seinen Stoff bei romantisch-poetischer Grundanschauung. Sein Briefwechsel mit Ed. Mörike wurde von Bächtold herausgegeben (Leipz. 1890). Vgl. L. v. Führich, Moritz v. S. (Leipz. 1871); Holland, M. v. S., sein Leben und seine Werke (Stuttg. 1873); Haack, M. v. S. (2. Aufl., Bielef. 1904); Grautoff, Moritz v. S. (Berl. 1905); »M. v. S. Des Meisters Werke in 1265 Abbildungen« (hrsg. von Weigmann. Stuttg. 1906); W. Pastor, M. v. S., eine Einführung in sein Leben und sein Werk (das. 1907).