[724] Spezifisches Gewicht (Dichte, Dichtigkeit) eines Körpers ist die Zahl, die angibt, wievielmal der Körper schwerer ist als ein gleiches Volumen Wasser von 4°. Man findet also das spezifische Gewicht eines Körpers, wenn man sein absolutes Gewicht durch das Gewicht eines gleichen Volumens Wasser dividiert. Bezeichnet man mit s das spezifische Gewicht des Körpers, mit p sein absolutes Gewicht und mit v das absolute Gewicht eines gleichgroßen Raumteils Wasser, so ist s = p/v, folglich auch v = p/s und p = vs. Wenn, wie bei dem metrischen Maßsystem, das Gewicht der Volumeinheit Wasser zur Gewichtseinheit gewählt ist (1 g = dem Gewicht von 1 ccm Wasser bei 4°), so drückt die Zahl v, die das Gewicht des gleichen Wasservolumens (in Grammen) angibt, zugleich das Volumen des Körpers (in Kubikzentimetern) aus. Man findet daher das spezifische Gewicht eines Körpers, wenn man sein absolutes Gewicht durch sein Volumen dividiert; man findet sein Volumen, indem man das absolute durch das spezifische Gewicht dividiert; das absolute Gewicht eines Körpers ergibt sich, wenn man sein Volumen mit seinem spezifischen Gewicht multipliziert. Das spezifische Gewicht eines Körpers kann demnach auch bezeichnet werden als das Gewicht der Volumeinheit.
Um das spezifische Gewicht eines Körpers zu bestimmen, braucht man nur nebst seinem absoluten Gewicht noch sein Volumen oder, was dasselbe ist, das Gewicht eines gleichgroßen Volumens Wasser zu ermitteln. Bei Flüssigkeiten benutzt man das Pyknometer (Tausendgranfläschchen, Dichtigkeitsmesser, Dichtefläschchen), ein 820 ccm fassendes Glasfläschchen (Fig. 1), dessen eingeriebener Stöpsel aus einem Stück Thermometerröhre verfertigt ist, damit bei etwaiger Erwärmung ein Teil der Flüssigkeit durch die seine Öffnung austreten kann, ohne den Stöpsel zu heben oder das Gefäß[724] zu gefährden. Wägt man das tarierte Fläschchen zuerst mit der Flüssigkeit, deren s. G. bestimmt werden soll, nachdem zuvor in einem Wasserbad von genau bestimmter Temperatur etwa durch Abtupfen mit Fließpapier der Flüssigkeitsstand auf eine Marke an der Thermometerröhre abgeglichen war, sodann mit Wasser gefüllt, so erfährt man das spezifische Gewicht bei der betreffenden Temperatur durch Division des ersten Gewichts durch das zweite. Zur Bestimmung des spezifischen Gewichts fester Körper wägt man das Fläschchen mit Wasser gefüllt, legt den in Stückchen von Schrotgröße zerkleinerten Körper auf die nämliche Wagschale und bestimmt sein absolutes Gewicht. Wirft man nun das Stückchen in das Fläschchen, so fließt so viel Wasser aus, als von den hineingeworfenen Stückchen verdrängt wird, und man erfährt durch abermalige Wägung, wieviel ein dem Volumen der Körperstückchen gleiches Volumen Wasser wiegt. Eine andre Methode der Bestimmung des spezifischen Gewichts gründet sich auf das Archimedische Prinzip, wonach jeder in eine Flüssigkeit getauchte Körper so viel von seinem Gewicht verliert, wie die verdrängte Flüssigkeitsmenge wiegt. Man bedient sich hierzu der hydrostatischen Wage (s. Archimedisches Prinzip), mit der man den zu untersuchenden Körper zuerst in der Luft und dann im Wasser wägt, um das Gewicht der verdrängten Wassermenge zu bestimmen. In Wasser lösliche Körper taucht man in eine Flüssigkeit, in der sie sich nicht lösen, und bestimmt den Gewichtsverlust; ist deren s. G. bekannt, so findet man durch eine einfache Rechnung den Gewichtsverlust, den der betreffende Körper im Wasser erlitten haben würde. Einen Körper, der spezifisch leichter ist als Wasser und daher in demselben nicht untertaucht, verbindet man mit einem schwerern Körper, dessen Gewichtsverlust bereits bestimmt ist.
Zur Bestimmung des spezifischen Gewichts von Flüssigkeiten bringt man einen unter der kürzern Wagschale aufgehängten beliebigen Körper, z. B. ein Glasstück, in der Luft durch eine auf die andre Wagschale gelegte Tara ins Gleichgewicht und bestimmt nun seinen Gewichtsverlust zuerst in der zu untersuchenden Flüssigkeit und dann in Wasser; jener Verlust, durch diesen dividiert, gibt das gesuchte spezifische Gewicht. Der Gewichtsverlust, den ein und derselbe Körper in verschiedenen Flüssigkeiten erleidet, ist dem spezifischen Gewicht proportional. Auf diesen Satz gründet sich die Mohrsche Wage (Fig. 2), die das spezifische Gewicht von Flüssigkeiten sehr rasch und bequem zu bestimmen erlaubt. An dem einen Arm des Wagebalkens hängt mittels eines feinen Platindrahtes das Senkgläschen A, ein zugeschmolzenes, zum Teil mit Quecksilber gefülltes oder ein kleines Thermometer enthaltendes Glasröhrchen, das durch die Wagschale B gerade im Gleichgewicht gehalten wird. Die Gewichte bestehen aus hakenförmig gebogenen Messingdrähten P, von denen zwei jedes genau so viel wiegen, wie der Gewichtsverlust des Senkgläschens im Wasser ausmacht, während ein drittes 1/10 P, ein viertes 1/100 P wiegt. Der Wagebalken, an dem das Senkgläschen hängt, ist in zehn gleiche Teile geteilt. Will man nun das spezifische Gewicht einer Flüssigkeit bestimmen, so bringt man dieselbe in das Standgefäß CC und taucht das Senkgläschen in sie ein. Ist die Flüssigkeit z. B. konzentrierte Schwefelsäure, so muß man, um das Gleichgewicht herzustellen, das eine Gewicht P an das Ende h des Wagebalkens, das andre Gewicht P bei 8, das Gewicht 1/10 P bei 4 und das Gewicht 1/100 P wieder bei 8 anhängen und hat hiermit das spezifische Gewicht der Schwefelsäure = 1,848 gefunden. Über die Bestimmung des spezifischen Gewichts durch Aräometer s. d. Da ein Körper in einer Flüssigkeit frei schwebt, wenn er gleiches s. G. besitzt wie diese, so kann man, was namentlich bei kleinen Fragmenten, Mineralien etc. von großem Vorteil ist, das spezifische Gewicht fester Körper auch so ermitteln, daß man eine spezifisch schwerere und eine darin lösliche leichtere Flüssigkeit so miteinander mischt, daß der fragliche Körper eben darin schwebt und nun das spezifische Gewicht der Mischung bestimmt (vgl. den Artikel »Schwere Lösungen«).
Zur raschen Ermittelung des spezifischen Gewichts der Mischung dienen Indikatoren, kleine Schwimmer aus Glas, auf denen das spezifische Gewicht, bei dem sie eben schweben, aufgeschrieben ist. In einer zweischenkeligen Rohre (Hydrometer) bed (Figur 3) halten sich zwei Flüssigkeiten das Gleichgewicht, wenn ihre von der Trennungsschicht ac aus gerechneten Höhen ab und cd sich umgekehrt verhalten wie ihre spezifischen Gewichte; alsdann üben sie auf die im gleichen Niveau gelegenen Querschnitte a und c, unterhalb der die Flüssigkeitsmenge aec für sich schon im Gleichgewicht ist, gleichen Druck aus. Befindet sich z. B. in dem einen Schenkel und in der Biegung Quecksilber, im andern Schenkel Wasser, so ist im Fall des Gleichgewichts die Höhe cd der Quecksilbersäule 13,6 mal geringer als diejenige der Wassersäule ab, woraus sich die Zahl 13,6 als s. G. des Quecksilbers ergibt. Darauf gründet sich Musschenbroeks pneumatisches Aräometer oder Densimeter (Hygroklimax), das in der Form, die Ham ihm gegeben hat, in Fig. 4 (S. 726) dargestellt ist. Zwei Glasröhren sind oben durch eine Metallröhre, an die ein mit einem Hahn verschließbares, nach oben gerichtetes Röhrchen angesetzt ist, verbunden und tauchen mit ihren offenen Enden in zwei Gläser, deren eins Wasser, das andre die zu untersuchende Flüssigkeit enthält. Verdünnt man durch Saugen an dem Röhrchen die innere Luft und schließt den Hahn, so werden die Flüssigkeiten durch den äußern Luftdruck in die Röhren gehoben, und man kann ihre Höhen, nachdem mittels Schrauben die Flüssigkeitsoberflächen in den Gläsern auf das gleiche Niveau gebracht sind, an der Skala ablesen; die Höhe der Wassersäule, durch die Höhe der andern Flüssigkeitssäule dividiert, gibt das spezifische Gewicht der letztern. Zu gleichem Zwecke können zwei Manometer an derselben Druckleitung gebraucht werden.[725] Über die Bestimmung des spezifischen Gewichts pulverförmiger Körper s. Stereometer (Volumenometer).
Um das spezifische Gewicht eines Gases zu bestimmen, wird ein Glasballon von 810 Lit. Inhalt, dessen Hals mittels einer Messingfassung, die durch einen Hahn verschließbar ist, auf die Luftpumpe geschraubt werden kann, möglichst luftleer gepumpt und nun gewogen. Alsdann füllt man ihn bei 0° mit dem trockenen Gas und wägt ihn nochmals.
Der Unterschied der beiden Gewichte ist das Gewicht des Gases bei 0° und dem gerade herrschenden Barometerstand und braucht nur durch das zuvor genau ermittelte Volumen des Ballons dividiert zu werden, um das spezifische Gewicht des Gases für diesen Druck zu liefern. Mit Hilfe des Mariotteschen Gesetzes kann daraus leicht des spezifische Gewicht bei dem Normalbarometerstand von 760 mm gefunden werden. Überhaupt müssen bei der Bestimmung des spezifischen Gewichts der Gase Temperatur, Druck, Feuchtigkeit, Luftauftrieb und andre Umstände sorgfältige Berücksichtigung finden. Da die spezifischen Gewichte der Gase, auf Wasser bezogen, durch sehr kleine Zahlen ausgedrückt sind, so nimmt man für sie gewöhnlich die Luft als Einheit. Auch das Prinzip der hydrostatischen Wage, in diesem Fall aerostatische Wage genannt, kann Verwendung finden, indem man einen großen Senkkörper in das zu untersuchende Gas eintauchen läßt (s. auch Gaswage). Bunsen gründete ein Verfahren zur Bestimmung der spezifischen Gewichte der Gase auf den Satz, daß die Ausströmungsgeschwindigkeit der Gase den Quadratwurzeln aus ihren spezifischen Gewichten umgekehrt proportional ist, oder, was dasselbe ist, daß ihre spezifischen Gewichte sich verhalten wie die Quadrate der Ausströmungszeiten gleicher Volumina (Effusion). Das Gas befindet sich in der Glasröhre AA (Fig. 5), die sich oben in ein Röhrchen B verengert, in das bei v ein dünnes Platinplättchen mit einer seinen Öffnung eingeschmolzen ist, aus der nach Wegnahme des Stöpsels s das Gas ausströmt. Die Röhre AA wird, während der Stöpsel aufgesetzt ist, so tief in das Quecksilber des Standgefäßes CC hinabgedrückt, daß die Spitze r des gläsernen Schwimmers DD genau im Niveau des Quecksilbers erscheint. Wird nun der Stöpsel weggenommen, so beginnt das Gas auszuströmen, und man braucht nun nur die Zeit zu beobachten, die von der Wegnahme des Stöpsels an vergeht, bis die am Schwimmer angebrachte Marke t das Qecksilberniveau erreicht hat. Hat man z. B. auf diese Weise gefunden, daß gleiche Raumteile von atmosphärischer Luft und von Knallgas, bez. 117,6 und 75,6 Sekunden zum Ausströmen gebrauchen, so ist das spezifische Gewicht des Knallgases, auf Luft bezogen, = 75,62: 117,62 = 0,413. Da die Tonhöhe einer Pfeife auch von dem spezifischen Gewicht des Gases abhängt, mit dem sie angeblasen wird, kann das spezifische Gewicht auch auf akustischem Wege bestimmt werden. Über die Bestimmung des spezifischen Gewichts der Dämpfe s. Dampfdichte.
Adelung-1793: Probier-Gewicht, das · Gewicht, das · Centner-Gewicht, das
Brockhaus-1911: Spezifisches Gewicht · Gewicht · Maß und Gewicht
Herder-1854: Maß und Gewicht · Gewicht
Lueger-1904: Spezifisches Gewicht · Spezifisches Volumen · Ladefläche, -gewicht, -raum · Theoretisches Gewicht · Elastisches Gewicht · Ablaufsgerüst, -geschwindigkeit, -gewicht, -schlitten · Gewicht [2] · Gewicht [1]
Meyers-1905: Spezifisches Drehungsvermögen · Spezifisches Volumen · Totes Gewicht · Gewicht · Gewicht für Maß und Maß für Gewicht
Pierer-1857: Trois Gewicht · Troy-Gewicht · Specifisches Gewicht · Gewicht · Schweres Gewicht
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