Ausgezeichneter Diebstahl

[45] Ausgezeichneter Diebstahl (Furtum qualificatum, Rechtsw.), im Gegensatz des einfachen Diebstahls (Furtum simplex), derjenige Diebstahl, bei welchem das Gesetz wegen besonderer hinzutretender Umstände, die den Dieb als einen vorzüglich geflissentlichen u. gefährlichen Verbrecher erscheinen lassen, od. wegen der Art des entwendeten Objects als einen bes. verächtlichen Menschen kennzeichnen, ein die gewöhnlichen Diebstahlsstrafen übersteigendes Strafmaß androht. Nach gemeinem Criminalrecht gehören dahin: a) der Diebstahl mit Einbruch (Effractio), wenn der Dieb geflissentlich zur Erlangung der Sache in ein Gebäude durch gewaltsame Eröffnung, es sei eines gewöhnlichen od. ungewöhnlichen Zugangs, eindringt; b) der Diebstahl mit Einsteigen, wenn der Dieb sich geflissentlich auf einem ungewöhnlichen Wege von außen in ein bewohntes od. unbewohntes Gebäude durch Steigen, sei dies nun ein Hinauf od. ein Hinabsteigen, z.B. in einen Keller, hineinbegiebt; c) der bewaffnete Diebstahl, wenn der Dieb absichtlich vor der That zur unverhinderten Ausübung des Diebstahls sich mit Werkzeugen versehen hat, mit denen er für den Fall eines Widerstandes eine körperliche Verletzung zufügen konnte; d) der Kirchendiebstahl (Sacrilegium), welcher sowohl die Entwendung einer zum Gottesdienst bestimmten Sache aus einer geweihten Stätte, als auch das Stehlen einer solchen Sache aus einem profanen Ort, z.B. aus der Pfarrei,[45] u. die Entwendung einer ungeweihten Sache aus geweihter Stätte umfaßt; endlich überhaupt e) jeder dritte Diebstahl, gleichviel ob derselbe ein einfacher od. ein qualificirter gewesen ist. Die Strafe der ausgezeichneten Diebstähle ist nach der peinlichen Halsgerichtsordnung allgemein der Tod, für welchen jedoch durch die neuere Praxis willkührliche Freiheitsstrafe eingesetzt ist. In den neueren Gesetzbüchern hat das System der ausgezeichneten Diebstähle große Veränderungen erlitten. Zwar finden sich die gemeinrechtlichen Fälle meist auch mit höheren Strafen bedroht, allein meist sind dieselben erheblich vermehrt oder doch in viele Abstufungen zerlegt; vgl. Diebstahl.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 45-46.
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