Bernhard, St.

[643] St. Bernhard, 1) (St. Bernhardsberg, Großer B.), Berg u. Paß auf den Penninischen Alpen, zwischen dem Canton Wallis u. dem Aostathale in Sardinien; höchste Spitze Mont-Velan (Sonnenberg) in Wallis, hat 10,470 (11,340) F. u. wurde von dem Berner Studer am 30. Aug. 1856 bestiegen. Zwischen dem Mont-Velan u. der westlichen Spitze, Pointe de Dronaze, führt über den B. eine im Frühling gefährliche, im Winter meist ungangbare Straße, an welcher 7348 F. hoch ein Hospiz liegt, an der Stelle eines ehemaligen Tempels des Jupiter Pöninus, der wahrscheinlich von Constantin dem Jüngeren zerstört wurde, gestiftet 962 von St. Bernhard (s.d. 45) von Menthon, nachdem das frühere abgebrannt war. Das jetzige Gebäude stammt aus dem 16. Jahrh. Die Bewohner halten Hunde (Marons), welche die etwa Verunglückten aufspüren (einer von ihnen, Barry genannt, rettete allein 70 Reisenden das Leben), worauf man diese im Hospiz aufnimmt u. pflegt. Auch andere Reisende werden unentgeldlich bewirthet; die Vermögenden legen dafür ein Geschenk in den Armenstock. In eine Todtencapelle werden die erfroren gefundenen Reisenden gelegt u. trocknen dort durch die Kälte ein. Die große Kälte auf dem Berge (20–22° im Winter) macht den Aufenthalt ungesund. Über diesen Paß ging Napoleon 15–21. Mai 1800 u. ließ dem in der Schlacht bei Marengo gebliebenen Desaix in der Kirche des Hospizes ein Denkmal errichten. 1829 hier Convent der Schweizer Naturforscher. Da im Laufe des Sonderbundkrieges (1845–47) der Prevot des Klosters das Vermögen des Hospizes zu politischen Parteizwecken gegen die Walliser Regierung verwendet hatte, so ward von dieser gegen den Klostervorstand eine Untersuchung anhängig gemacht u. 80,000 Schweizerfranken Contribution als Schadenersatz für Kriegskosten, wegen Betheiligung des Klosters am Kriege gegen die Regierung, verlangt. Der Prevot flüchtete im Novbr. 1847 nach Savoyen u. im Decbr. rückte ein Militärcommando im Hospiz ein. Ein Decret der Walliser Regierung vom 15. Jan. 1848 über die Säcularisation der Klöster im Canton, ein Beschluß des Staatsrathes, welcher die Mönche von St. B. aufforderte, über die Vermögenszustände des Hospizes genauen Nachweis zu geben, bedrohte den Bestand des altehrwürdigen Institutes. Obgleich der Staatsrath in Wallis die Aufhebung des Klosters beschloß, kam dieser Beschluß unter Vermittelung der päpstlichen Regierung, Sardiniens u. Frankreichs doch nicht zur Ausführung; das Kloster bezahlte einen Theil der Kriegskosten u. seit 1850 sind alle Differenzen ausgeglichen. Im Sommer 1851 ward hier auf einer Conferenz über die Erbauung einer Straße zwischen Wallis u. Piemont, von Orsières in Wallis bis Etroubles in Piemont, Übergangspunkt der Col de Menoure, verhandelt, u. am 11. Aug. 1853 wurde zu Lausanne zwischen Abgeordneten Sardiniens, Waadts u. Wallis ein Vertrag unterzeichnet, wodurch eine Straße über den Großen B. von Martigny nach Aosta mittelst eines Tunnels durch den Col de Menoure hergestellt werden soll. 2) (Kleiner B.), Berg im Herzogthum Savoyen auf den Grajischen Alpen; höchste Spitze 6750 (6651) F. Der Paß über den Kleinen B. führt aus dem Isère-Thal in das der Dorea u. ist einer der bequemsten Alpenpässe; auf demselben steht 6576 F. hoch an 2 kleinen Seen ein Hospiz. Nach Ein. war der Große od. Kleine B. der Übergangspunkt Hannibals über die Alpen nach Italien, wogegen jetzt der Mont-Cenis (s.d.) als dieser Übergangspunkt angenommen wird.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 643.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: