Corneille [1]

[446] Corneille (spr. Kornelj), 1) Pierre, geb. 6. Juni 1606 in Rouen; war Advocat. Aus Eifersucht schrieb er 1629 ein satyrisches Lustspiel (Melita), u. da dasselbe gefiel, so ließ er bald bis 1635 Clitandre, La veuve, La galerie du palais, La suivante, La place royal, auch die Tragödie Medée folgen, Richelieu bemerkte C. u. zog ihn zu der neu errichteten Akademie, bald aber kehrte C. nach Rouen zurück. Der Rath eines Herrn v. Chalon bestimmte ihn, spanisch zu lernen, u. hierdurch kam er (1636) auf die Idee, den Cid zu schreiben. Dieser erregte großen Enthusiasmus. Indessen war Richelieu durch C-s Rücktritt beleidigt u. veranlaßte die Akademie, gegen ihn zu schreiben; bes. gab man ihm Mangel an Originalität Schuld. C. ließ sich indeß nicht irre machen u. veröffentlichte nach einander die Dramen: Die Horatier (1639), Cinna (1639), Polyeucte, La mort de Pompée (1641), das Lustspiel: Le menteur (1642) nach Pedro de Roxas, ferner Rodogune (1646) Theodore, Heraclius, Don Sanche d'Aragon, Andromeda, Nicomedes (1652), Pertharite. Gekränkt durch die mißfällige Aufnahme, welche dem letztgenannten Stücke zu Theil wurde, zog er sich von der Bühne zurück u. verfiel in Frömmelei, bis er 1659, von Fouquet bewogen, mit Ödipe wieder auftrat. Er schr. noch: Das goldne Vließ, Sertorius (1662), Sophonisbe, Othon, Agesilaus, Attila, Berenice u. Pulcheria u. Serena, im Ganzen 33 Stücke, u. st. als Senior der französischen Akademie (der er seit 1647 wieder angehörte) 1. Oct. 1684 in Paris. Ihm wurde 1834 zu Rouen ein Denkmal errichtet. Er ist der Schöpfer der französischen Tragödie. Den Beinamen Le Grand erhielt er, weil er mehr Heroismus als Liebe u. sanfte Gefühle in seinen Trauerspielen darstellte. Seine Oeuvres zuerst Paris (Lehden, Elzevir) 1664–78, n. A., auch Amsterd. 1701, 10 Bde., ebd. 17. 40, 11 Bde., ebd. 1765, 12 Bde., Par. 1742–48, 12 Bde., ebd. 1758, 19 Bde., von Voltaire, Genf 1754, 12 Bde. (mit Commentar), oft nachgedruckt, Par. 1796, 10 Bde., ebd. 1802, 12 Bde., ebd. 1805, 5 Bde., ebd. 1817, 12 Bde., von Renouard. Deutsch der Cid von Greflinger, Halle 1650, von Ani. Niemeyer, Köthen 1810; Polyeucte von Kornmart, Halle 1637; Rodogune von A. Bode, Berl. 1810. C-s Lebensbeschreibung von Tacherau (Par. 1829) u. Levavasseux (Par. 1843). 2) Thomas, Bruder des Vor., geb. 20. Aug. 1625 in Rouen, widmete sich ebenfalls der dramatischen Poesie, war auch Sprachforscher u. st. 8. Dec. 1709 zu Andelys in der Normandie. Von seinen 42 Luft- u. Trauerspielen, von denen das erste Lustspiel Les engagements du hasard 1647, u. das erste Trauerspiel Timocrate 1656 gegeben wurde, haben sich nur Ariadne u. Le comte d'Essex auf der Bühne erhalten. Oeuvres dramatiques, Par. 1682, n. A., ebd. 1783; er schr. ferner: Dictionnaire pour servir de supplément au dictionnaire de l'académie française, Par. 1694, n. A. 1732, 2 Bde., Fol.; Dictionnaire universelle géograph. et hist., Par. 1708, 3 Bde., übersetzte auch Ovids Metamorphosen in Verse, Par. 1697, 3 Bde., n. Aufl. 1700, 3 Bde. 3) Michael C., geb. 1603 in Orleans, Maler, st. 1664 in Paris; er gehörte zu den 12 ersten Mitgliedern der Pariser Akademie. 4) Michael, genannt der Ältere, auch C. des Gobelins, geb. 1642 in Paris, des Vor. Sohn, Maler, bildete sich in der Schule der Caracci, malte Historien u. Landschaften, wurde 1663 Mitglied u. 1690 Professor der Akademie zu Paris. Er war für den Hof in Fontainebleau, Versailles, Meudon u. Trianon vielfach beschäftigt, zeichnete Cartons für die Gobelinsfabrik u. stach mehrere Blätter nach den Caraccis u. nach eigenen Compositionen; st. 1708. Er setzte hinter seinem Vornamen häufig ein A, um sich von dem Vorigen zu unterscheiden. 5) Jean Bapt., genannt der Jüngere, Bruder des Vor., Maler u. Kupferätzer, geh. 1646, erhielt zwei Mal den Preis der französischen Akademie, deren Mitglied er 1675 nach seiner Rückkehr von Rom wurde; er st. 1695; Werke: Befreiung Petri in Notre-Dame zu Paris (gest. von B. Picart), im Louvre Hercules den Busiris bestrafend, die vorzüglichsten Statuen von Rom, u. von Florenz nach genauen Messungen gezeichnet u. radirt. Er schr.: Les premiers élémens de la peinture pratiq ue, 1684. 6) Pierre, C. de Blessebois, dramatischer Dichter u. Romanschriftsteller[446] des 17. Jahrh.; er schr.: Eugénie, Leyd. 1676; Le lion d'Angélie, Köln 1676, u.a.m.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 446-447.
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