Metamorphose

[182] Metamorphose (v. gr.), Umgestaltung, Verwandlung eines Körpers in eine andere Gestalt. So heißt M. 1) in der Botanik die Umgestaltung, welche ein u. dasselbe Organ in der Entwickelung der Pflanze erfährt, z.B. die Verwandlung des Samenblattes in Laubblatt, Deckblatt, Kelchblatt etc. Man nennt diese M. fortschreitend, wenn die spätere Form eine höhere Stufe der Entwickelung bezeichnet, als die frühere; rückschreitend, wenn das schon höher entwickelte Organ wieder auf eine tiefere Stufe zurückgeht, wie wenn z.B. Kelchblätter wieder zu Laubblättern werden. Die Lehre von der M. der Pflanzen hat zuerst Goethe (1790) aufgestellt. Ebenso nennt man M. 2) in der Zoologie die Verwandlung in die verschiedenen Gestalten, in welchen gewisse Thiere, namentlich die Insecten, ihr Leben als Ei, Larve (Raupe), Puppe (Nymphe) u. vollkommenes Insect durchlaufen, wobei die Ähnlichkeit der äußeren Gestalt mehr od. weniger verschwindet, was man durch die Unterscheidung vollkommener u. unvollkommener M. bezeichnet. Eine besondere, in neuerer Zeit von dem Dänen Steenstrup entdeckte Form der thierischen M. ist der sogen. Generationswechsel od. Parthenogenesis, welche darin besteht, daß die Brut gewisser Thiere, z.B. der Eingeweidewürmer, Quallen, Polypen u.a., dem Mutterthiere ganz unähnlich ist u., ohne mit Geschlechtsorganen versehen zu sein, Thiere erzeugt, welche erst in der zweiten Generation dem Mutterthiere wieder gleich sind. 3) In der Chemie nennt man M. die Umgestaltung, welche chemische Zusammensetzungen bei ihrer Zersetzung od. unter dem Einflusse hinzutretender Stoffe erleiden; 4) in der Mythologie nennt man M. die Sagen u. Fabeln über die Verwandlungen von Menschen in Steine, Bäume, Pflanzen, Thiere etc., deren Ursprung sich in den meisten Fällen nicht mehr sicher nachweisen läßt. Bes. reich an solchen Fabeln u. Dichtungen ist die Phantasie der orientalischen Völker; auch in der Mythologie der Griechen u. Römer spielen sie eine nicht unbedeutende Rolle. Eine poetische Bearbeitung einer großen Anzahl derselben enthält das Gedicht des Ovidius Metamorphoses; in der Griechischen Literatur gehören hierher die Μεταμορφώσεις des Antoninus Liberalis (s.d.). Auch in der Mythologie der germanischen Völker fehlte es so wenig an Erzählungen von dergleichen Verwandlungen, als in den Feen-, Zauber- u. Volksmärchen; in ihrer Sinnigkeit u. Anmuth liegen nicht selten die zartesten poetischen Motive.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 182.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: