Empedŏkles

[677] Empedŏkles, Sohn des Meton, geb. um 490 v. Chr. in Agrigent; nachdem 444 in seiner Vaterstadt die aristokratische Verfassung gestürzt worden war u. er die ihm angebotene Alleinherrschaft ausgeschlagen hatte, richtete er eine Verfassung auf breitester demokratischer Grundlage ein u. blieb in hohen Ehren bei seinen Mitbürgern, bis eine ihm feindliche Partei aus Ruder der Regierung kam, vor welcher er wich, nach dem Peloponnes ging u. dort um 430 v. Chr. starb. Die Sage erzählt von ihm, daß er sich in den Ätna gestürzt habe u. daß seine von dem Berge ausgeworfenen ehernen Schuhe dies verrathen hätten. Wie als Staatsmann, so war er auch als Philosoph u. Redner ausgezeichnet; außerdem hat ihn der Volksglaube auch zum Zauberer gemacht, er hätte Winde bändigen, Trockenheit u. Regen machen können; da er die Pest bald durch Zuleitung von reinem Wasser, bald durch Anbrennung von Scheiterhaufen heilte, so wurde er als Heros verehrt. Auch eine todte Frau soll er wieder ins Leben gerufen haben. Er schr. im Ionischen Dialekt ein poetisches Lehrgedicht: Περὶ φύσεως, in 3 Büchern (1. Buch über die allgemeinen Gesetze des Seyns u. die Lehre vom All; 2. Buch von der Entstehung der einzelnen Naturwesen; 3. Buch von der Bildung u. Entwickelung des Menschen, bes. der Seele); Καϑαρμοί, eine Art Ethik, auch in Versen, u. Λόγος ἰαιρικός, ein medicinisches Lehrgedicht. Sein philosophisches System, welches bisher als ein Synkretismus aus Lehren der Ionischen, Eleatischen u. Pythagoreischen Schule galt, ist jetzt als übereinstimmend mit der ägyptischen Philosophie nachgewiesen worden, es ist pantheistisch u. lehrt: es giebt 4 Grundstoffe (Rhizomata), Feuer, Luft, Erde u. Wasser, dazu zwei gestaltende Principien: Feindschaft od. Liebe u. Haß od. Streit; diese werden auch mythologisch als die Götter Zeus, Here, Hades, Nestis, Aphrodite u. Neikos genannt. Zusammengefaßt sind diese in dem Sphäros, dem Kugelrund, welches materiell genommen das Chaos, geistig aber die Weltharmonie ist. Der Streit beginnt die Elemente zu bewegen, daß sie sich trennen, aber die Liebe vereinigt die getrennten Theile wieder u. bildet immer neue Gestalten; die sich erhebenden Bildungen werden vollkommenere Organisationen, auf der niedrigsten Stufe, mit der Verbindung gemeiner Theile, die Thiere, auf der höchsten, wo Feuer u. Liebe vorwalten, der Mensch. Über diesen Wechselsmächten der Liebe u. des Hasses stellt E. aber auch noch eine dritte Macht, welche die Liebe stützt u. fördert, so daß die worden.[677] den Gestalten zu größerer Vollkommenheit u. Dauer kommen. In der Ethik wird ein allgemeines Weltgesetz, die Nothwendigkeit, aufgestellt, welche alles durchdringt; daneben besteht in der Menschenwelt eine Asketik u. Diätetik (Verbindung der Medicin mit der Philosophie), welche die durch die Sünde verunreinigte Seele reinigt u. läutert u. wieder zu ihrer früheren Würde erhebt. Dazu dient die Wanderung der Seele durch verschiedene Naturwesen. Außerdem daß von dem Sphäros die Seelen ausgegangen sind, haben sich von demselben auch andere Wesen losgerissen u. sind von demselben verstoßen, Dämonen; die Volksgottheiten sind Mittler zwischen dem Sphäros u. den Menschen. Die Gedichte des E. sind verloren u. nur noch Fragmente übrig, welche gesammelt u. geordnet sind von Sturz, Lpz. 1805, 2 Bde.; von Peyron (mit Parmenides), ebd. 1810; von Karsten, Amst. 1838; von Stein, Bonn 1832; vgl. Lommatzsch, Die Weisheit des E., Berl. 1830, u. A. Gladisch, E. u. die Ägyptier, Lpz. 1858.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 677-678.
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