[714] Stearinsäure (Talgsäure), C36H36O4, eine feste Fettsäure, findet sich an Glyceryloxyd gebunden als Stearin im Talge, bes. der Schafe, Ziegen u. Rinder, ferner im menschlichen Fett, sowie in vielen Fetten des Pflanzenreichs, bes. in der Cacaobutter. Sie ist farblos, krystallisirt in Blättchen, ist geruch- u. geschmacklos, unlöslich in Wasser, leicht löslich in heißem Alkohol u. Äther; schmilzt bei 69°; bei der trockenen Destillation geht sie zum Theil unverändert über, zum Theil zersetzt sie sich unter Bildung von Buttersäure, Essigsäure, Stearon, Kohlensäure u. Wasser; Salpetersäure greift sie erst bei längerem Kochen an u. verwandelt sie in Kork-, Bernstein, Capryl-, Oxalsäure etc. Man erhält sie durch Verseifen von Hammeltalg mit Kalihydrat, Zersetzen der Seife mit Salzsäure u. Umkrystallisiren aus Weingeist, bis der Schmelzpunkt bei 69° liegt. Im Großen wird eine unreine S. zur Kerzenfabrikation dargestellt. Mit Basen bildet sie Salze. Die neutralen stearinsauren Alkalien lösen sich in 10 bis 20 Theilen Wasser, bei starker Verdünnung der Lösung scheidet sich ein saures Salz ab, während die Flüssigkeit alkalisch wird. Die sauren Alkalisalze reagiren sauer, wird Wasser zu ihrer Lösung gesetzt, so reagirt dieselbe alkalisch. Die Salze der übrigen Basen sind in Wasser unlöslich. Stearinsaures Ammoniak, eine feste weiße, geruchlose, in Wasser lösliche Masse. Stearinsaures Äthyloxyd, farblose Nadeln, ohne Geruch, schmilzt bei 34°, zersetzt sich bei 165°. Stearinsaurer Baryt, durch Fällen einer Lösung von stearinsaurem Kali od. Natron mit einem löslichen Barytsalz erhalten, ist ein weißer, in Wasser unlöslicher Niederschlag. Stearinsaures Glyceryloxyd (Stearin, Talgstoff, Stearinsaures Lipyloxyd), die Verbindung, in welcher die S. in der Natur vorkommt; ist eine rein weiße Masse, löst sich in heißem Alkohol u. scheidet sich daraus beim Erkalten als schneeweiße glänzende Schuppen aus; schmilzt bei 62°, erstarrt beim Erkalten nicht krystallinisch; bei der trockenen Destillation liefert es Stearinsäure, Margarinsäure u. die Zersetzungsproducte des Glycerins; mit Alkalien gibt es S. u. Glycerin. Dieses natürliche Stearin ist Tristearin, 3C36H35O3 + C6H5O3, zum Unterschied von dem künstlich darzustellenden beiden Glyceriden: Monostearin, C36H35O3 + C6H7O5 u. Distearin, 2C36H35O3 + C6H6O4; das Monostearin entsteht beim Erhitzen von gleichen Theilen S. u. Glycerin auf 200°; es krystallisirt in weißen Nadeln, welche bei 61° schmelzen u. ohne Zersetzung flüchtig sind. Das Distearin erhält man bei längerem Erhitzen von gleichen Theilen S. u. Glycerin auf 100° od. beim Erhitzen von Monostearin auf 270°; es bildet mikroskopische Blättchen, welche bei 58° schmelzen. Das Tristearin stellt man künstlich dar durch Erhitzen von Monostearin mit dem achtzehnfachen Gewicht S. auf 270°; es kann in drei verschiedenen isomeren Zuständen erhalten werden, welche sich durch Differenzen im Schmelzpunkt zu erkennen geben. Die Schmelzpunkte dieser drei Körper sind 52°, 64° u. 69,7°. Ein sehr reines Tristearin erhält man durch Auspressen der Samen von [714] Brindonia indica in erhitztem Wasserdampf. Stearinsaures Kali wird durch Verseifen von Stearin mit Ätzkali erhalten; das neutrale Salz scheidet sich aus einer Auflösung von gleichen Theilen S. u. Kalihydrat in 10 Theilen heißem Wasser beim Erkalten in weißen, undurchsichtigen Krümchen aus, kann durch Pressen zwischen Fließpapier u. Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigt werden, bildet dann glänzende Blättchen von schwach alkalischem Geschmack, bildet mit Wasser angerührt einen dicken, undurchsichtigen Seifenschleim, löst sich in heißem Wasser; wird durch Chlorkalium wieder gefällt; beim Vermischen der Lösung mit viel Wasser scheidet sich saures Salz aus, welches durch Umkrystallisiren aus Weingeist in weißen, perlmutterglänzenden, geruch- u. geschmacklosen Blättchen erhalten wird, welche bei 100° weich werden. Stearinsaurer Kalk, dem Barytsalz ähnlich, gibt bei der trockenen Destillation Stearon, C70H70O2. Stearinsaures Methyloxyd, aus S., Methylalkohol u. Schwefelsäure bereitet, ist eine durchscheinende, krystallinische Masse, leichter als Wasser, schmilzt bei 85°, wird durch Alkalien zersetzt. Stearinsaures Natron, dem Kalisalz ähnlich u. wie dieses zu erhalten, wird aus der wässerigen Lösung durch Chlornatrium ausgefällt, bildet glänzende, geruch- u. geschmacklose Blättchen, wird an der Luft feucht, löst sich leicht in Weingeist u. heißem Wasser; durch Vermischen der Lösung mit viel Wasser wird saures Salz ausgeschieden.