Ypsilantis

[475] Ypsilantis, angesehene griechische Fanariotenfamilie, verwandt mit dem Kaisergeschlecht der Komnenen, aus welcher mehre Glieder zu Pfortendolmetschern, so wie zu Hospodaren der Moldau u. Walachei erhoben wurden, so: 1) Athanasios, war 1758 Hospodar der Walachei. 2) Alexander, Sohn des Vor., 1774–82 Hospodar der Walachei, s.d. S. 769. 3) Konstantin, Sohn des Vor., 1799–1807 Hospodar der Moldau u.[475] bald nachher der Walachei, s. ebd. Er st. 1816 in Kiew u. hinterließ fünf Söhne: Alexander, Demetrius, Georg, Nikolaus u. Gregor. 4) Alexander, geb. 1792 in Constantinopel, ältester Sohn des Vor., trat 1809 in die russische Gardereiterei, wurde 1812 Major, verlor in der Schlacht bei Dresden 27. August 1813 die rechte Hand, wurde später Oberst u. Adjutant des Kaisers Alexander u. 1817 Generalmajor. Er war schon früher in die Hetärie (s.d.) getreten, deren Aufforderung sich an ihre Spitze zu stellen er später annahm, worauf er im Februar 1821 den Aufstand der Griechen in den Donaufürstenthümern begann (s. Griechischer Freiheitskampf), welcher aber bereits in Folge der Schlacht bei Dragaschan in der Walachei am 19. Juni 1821 endigte. Y. selbst suchte eine Zuflucht in Österreich, wo er jedoch als Staatsgefangener erst in Munkatsch in Ungarn, dann in Theresienstadt in Böhmen in strengem Gewahrsam gehalten wurde u., nachdem er im Herbst 1827 durch Vermittelung des Kaisers Nikolaus seine Freiheit erlangt hatte, Ende Januar 1828 in Wien starb. 5) Demetrius, Bruder des Vor., geb. 1793 in Constantinopel, trat frühzeitig in russische Militärdienste u. nahm an den Kriegen 1813 u. f. Antheil. Im Frühjahr 1821 ging er im Auftrage seines Bruders nach Morea, um sich dort an die Spitze des griechischen Aufstandes zu stellen, hatte aber daselbst viel zu sehr mit den Einflüssen der Primaten, auch theilweise der Militärhäuptlinge, so wie der Partei des Maurokordatos zu kämpfen, als daß er eine hervorragende militärische od. politische Rolle hätte spielen können, obgleich er an einzelnen Kriegsunternehmungen im J. 1821 u. 1822 mit Glück sich betheiligte, auch in Folge der auf der ersten Nationalversammlung in Epidaurus im Januar 1822 festgesetzten Verfassung für Griechenland Präsident des gesetzgebenden Körpers geworden war. Namentlich trug er im Juli 1822, als durch den Zug Dram-Alis nach Morea dem griechischen Aufstande große Gefahren drohten (s. Griechischer Freiheitskampf), durch seine Entschlossenheit u. seinen Muth, womit er die Citadelle von Argos gegen die Türken vertheidigte, zu dem glücklichen Ausgange des Kampfes der Griechen gegen Dram-Ali mit bei. Von 1823 an zog er sich fast ganz von den öffentlichen Angelegenheiten zurück u. trat nur noch bei einzelnen Veranlassungen hervor, wie im Juni 1825 gegen Ibrahim-Pascha (s. Griechischer Freiheitskampf), u. im Sommer 1826, als die englische Partei mit der Unterwerfung Griechenlands unter den Schutz Englands umging, gegen welche er protestirte. Nachdem Kapodistrias 1828 als Präsident von Griechenland die Regierung des Landes übernommen hatte, wurde Y. Befehlshaber der griechischen Truppen in Ostgriechenland, nahm aber, weil er sich in dieser Stellung durch den Einfluß des Augustin Kapodistrias, des Bruders des Präsidenten, ungebührlich beeinträchtigt sah, am 1. Januar 1830 seinen Abschied. Nach der Ermordung des Präsidenten im October 1831 trat er in die im April 1832 ernannte Regierungscommission als Mitglied ein, starb aber schon im August 1832 in Nauplia. 6) Maria, geb. 1798, Schwester der Vor., opferte für den griechischen Aufstand unter ihrem Bruder Alexander (s. oben 4) einen großen Antheil ihres Vermögens, lebte später in Paris u. dann in Athen, wo sie durch ihre Bemühungen für milde Stiftungen, z.B. im J. 1854 für Errichtung eines Waisenhauses, sich besonders thätig erwies u. 1863 starb.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 475-476.
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