[780] Zwölfnächte (die Zwölften, Rauhnächte, Duodecim noctes), die Nächte zwischen dem 25. December u. 6. Januar, eine heilige, festliche u. bei fast allen Völkern u. in allen Religionen, namentlich bei den Germanischen Völkern, bedeutsame Zeit, weil damit die Wintersonnenwende eintrat u. das erneute Leben u. Wirken der Naturkräfte begann. In den Z-n hielten nach germanischem Glauben die großen Götter, bes. Wodan u. Berchta, einen Durchzug durch das Land u. griffen segnend u. strafend in das menschliche Walten ein. Während Wodan mit dem Wüthenden Heere (s.d.) draußen die Luft durchtobte u. Berchta od. Frau Holle die Häuser visitirte, um zu sehen, ob das weibliche Personal aufgesponnen, gewaschen, gebacken, gefegt etc. hatte, u. die lässig Erfundenen strafte, herrschte im Lande Gerichtsfriede, war im Hause Ruhe von der gewöhnlichen Arbeit u. wurde in der Gemeinde das Julfest mit Biergelagen u. Gastereien gefeiert, wozu die skandinavischen Bonden ihre Freunde u. Stammesgenossen entboten. In Italien fiel im Alterthume in diese Zeit die Feier der Saturnalien (s.d.), wo ebenfalls Arbeitsruhe, sogar für die Sklaven, Fröhlichkeit u. ausgelassene Lust herrschte, gespielt, geschmaust, gegenseitig Geschenke gegeben wurden. Die Christliche Kirche wählte diese Zeit, um ihr Freudenfest der Weihnachten (s.d.) mit dessen Nachfeier dahin zu legen. Bei den griechischen Kirchenvätern heißt diese Zeit Dodekahemeron (Dodekameron, d.i. die Zwölf Tage) u. bildet einen Cyclus von Festen mit Weihnachten an der Spitze, Sylvester in der Mitte u. Dreikönigstag od. Oberneujahr am Schluß. Als Festtage kommen die Z. schon bei Ephraem Syrus im 4. Jahrh. vor, welcher auf jeden dieser Tage eine Festrede schrieb, u. das zweite Turonensische Concil vom Jahre 567 bestätigt sie als solche, weshalb für sie alle das Fasten aufgehoben war, u. noch die spätern byzantinischen Kaiser gaben an allen diesen Tagen ihrem Adel, an jedem Tage anderen Personen, große Gastmäler. Zu den Lustbarkeiten der Z. gehörten schon in den ältesten Zeiten, bes. am Neujahr, Mummereien, wobei auch Thiermasken gebraucht wurden (denn in dieser Zeit trieben auch die Werwölfe [s.d.] ihr Wesen), wie an dem Byzantinischen Hofe u. später noch bes. bei den Niederdeutschen, z.B. das öffentliche Schoduwellopen (s.d.) in den Niederlanden, wovon noch jetzt das Perchtenlaufen der jungen Burschen in den deutschen Alpen, der Knecht Ruprecht od. Niklas zu Weihnachten, die lustigen Weihnachtspantomimen (Merry christmas) auf den Londoner Theatern in der ganzen Zeit der Z. Überreste sind. Erhalten haben sich aus der ältesten Zeit noch jetzt mancherlei Arten des Aberglaubens für die Z., so der Genuß gewisser Speisen zur Erhaltung von Glück u. Abhaltung von Unglück, z.B. muß man Hülsenfrüchte essen, namentlich Erbsen, um vom Ausschlag befreit zu bleiben, Häring u. Hirsebrei, was Glück für das ganze Jahr bringt, gelbe Rüben, wodurch man Gold bekommt etc.; ferner der Glaube, daß die Träume, welche man in den Z-n hat, in Erfüllung gehen; daß die Witterung der einzelnen Tage der Z. für die denselben entsprechenden Monate des folgenden Jahres maßgebend ist, daß also das Wetter im Januar sein[780] wird, wie das am ersten Feiertag, im Februar wie das am zweiten Feier- od. Stephanstag, im März wie das am dritten Feier- od. Johannis-Evangelistentag etc.: daß da Haus, Hof, Garten, Feld mit kräftigem Zauberschutz u. Segen umgeben werde, so z.B. daß Bäume in den Z-n mit Strohseilen umwickelt reiche Früchte geben werden; daß da bes. Schätze gut gehoben u. die Gabe sich unsichtbar zu machen erlangt werden kann etc. Die ganze Zeit der Z., als welche in manchen Gegenden Deutschlands, statt der vom 25. Decbr. bis 6. Januar, auch die 12 Tage vor Weihnachten, wie in Schlesien, od. vom 21. Decbr. bis Neujahr, wie in Baiern, od. die 12 Tage nach Neujahr, wie in Mecklenburg u. Franken, gefeiert werden, gilt übrigens, namentlich bei dem Landvolke, als der Sabbath des ganzen Jahres, wo nicht gesponnen, gewaschen, gebacken, ausgefegt, Mist gefahren etc. werden darf, weil solches Thun in dieser Zeit Unsegen u. Unglück in Haus, Hof u. Acker im Laufe des Jahres zur Folge hat.