Weihnachten

[28] Weihnachten (Weihnachtsfest, Christfest, Festum natalitiorum Domini), 1) die heilige, geweihete Nacht, in welcher Christus geboren wurde; 2) das Fest, welches zur Erinnerung daran begangen wird. Anfangs war W. in der Christlichen Kirche kein Fest, doch soll es zu Antiochien schon im 2. Jahrh. begangen worden sein. Allgemeiner wurde es seit dem 4. Jahrh. in der Morgenländischen u. seit dem 5. Jahrh. in der Abendländischen Kirche. Man feierte Anfangs W. am sechsten Tage des neuen Jahres, weil man die Geburt des ersten Adam, welcher am sechsten Tage der ersten Woche geboren wurde, mit der Geburt Christi, als des zweiten Adam, durch welchen die Wiedergeburt der Menschen bewirkt wird, in Parallele bringen wollte, u. nannte diesen Tag Epiphania. Unter Theodosius wurde in der Griechischen Kirche die Feier auf den 25. December, wie es in der Abendländischen Kirche längst gebräuchlich war, verlegt, entweder weil nahe an jenem Tage die Sonnenwende war u. man dabei das Fest der Sonnengeburt gefeiert, od. weil die römischen Saturnalien mit dem 25. Dec. schlossen u. sich daran das christliche Freudenfest wohl gefügt habe, od. weil man vom 25. März, als dem Tage der Empfängniß Jesu, den Tag seiner Geburt für den 25. December berechnete. In den nördlichen germanischen Ländern kam dieser Festzeit bes. die Feier des Julfestes (s.d.) entgegen. Von der Feier des zweiten Weihnachtsfeiertags (Stephanstag), kommen schon seit dem fünften Jahrh. Spuren vor, doch wurde die Feier desselben erst seit dem 13. Jahrh. allgemein. Auf einem Concil zu Mainz wurden vier Weihnachtstage angeordnet, welche jedoch später auf drei reducirt. wurden,[28] bis nach Preußens Vorgang (1773) fast allenthalben auch der dritte Feiertag als kirchlicher Festtag aufgehoben wurde. Die Feier der eigentlichen Christnacht, d.h. der Nacht vor dem Feste, wurde früher auch festlich begangen (Christmetten), wobei bes. dramatische Darstellungen der Geburt Christi u. die dieselbe betreffenden, von den Evangelisten erzählten Nebenumstände zu Grunde lagen, u. von diesen Metten, welche das Fest in der Nacht vom 24. auf dem 25. Dec. einweihten, erhielt das Fest den Namen W. An die Zeit u. Bedeutung des Weihnachtsfestes schlossen sich dann auch mehre Gebräuche bei diesem Feste, während andere ursprünglich heidnische waren, denen nun christliche Ideen untergeschoben wurden; so der Weihnachtsbaum mit den Äpfeln ein Bild des Paradiesbaumes, welcher den ersten Menschen die Veranlassung zum Fall geworden war, während nun Christus den Menschen das Paradies wiedergewonnen; der Engel auf demselben der, welcher in der Christnacht die Geburt des Heilands verkündigt; die Lichter ein Symbol der Klarheit, welche die Hirten auf dem Felde in jener Nacht umleuchtet hatte (nach Andern eine Nachbildung der kleinen Leuchter, welche man am Makkabäerfest zur Herstellung des Tempels nach der syrischen Herrschaft in den Häusern anzündete); der Ruf des Engels: siehe ich verkündige euch große Freude sollte versinnlicht werden durch allerhand Festgeschenke, welche bes. der Jugend an diesem Feste gemacht wurden, wozu auch noch besondere Festspeisen, wie Christstollen (Striezel), Krippel, Klözenbrod, Mohnklöse etc. kamen. Die vollständigste Feier des Weihnachtsfestes mit seinen Bescherungen (Christbescherung) findet sich in Norden, bes. in Deutschland, dagegen in Frankreich u. anderen Ländern des Südens ist diese Sitte wenig od. gar nicht bekannt, nach Nordamerika wurde sie erst durch die Deutschen gebracht. Der Weihnachtspopanz ist der Knecht Ruprecht (s.d.). Sonst war allerhand Aberglaube über W. verbreitet, man glaubte, daß das in dieser Nacht geschöpfte Wasser lange dauere u. ein kosmetisches Mittel sei, daß die Rosen von Jericho in dieser Nacht, ins Wasser gesteckt, aufblühen, daß die Thiere in dieser Nacht reden könnten, daß die im künftigen Jahre Sterbenden um Mitternacht gemeinschaftlich zur Kirche ziehen etc. W. bildet auch in dem Kirchenjahre einen besonderen Abschnitt (Weihnachtscyclus), welcher vom ersten Adventssonntage bis zum Hohen Neujahr (6. Jan.) reicht; davon heißt der letzte Theil vom 25. Dec. bis 6. Jan. die Zwölfnächte (s.d.). Vgl. Fr. Gedike, Über den Ursprung des Weihnachtsfestes; J. G. Plank, Variarum de origine festis nativitatis Christi sententiarum epicrisis, Gött. 1796; P. Cassel, W., Ursprünge, Bräuche u. Aberglauben, Berl. 1862.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 28-29.
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