1. Auf allen Gassen findet man Unglück (Schlimmes) feil.
2. Auf der Gasse ein Engel, daheim ein Teufel.
3. Auf der Gasse ist mancher sehr gescheit, daheim hat er zum Narren nicht weit.
Lat.: Foris sapere, domi desipere. (Heuseler, 333.)
4. Auf der Gassen ist gut spinnen. – Eiselein, 207.
Lat.: At pulchrum digito monstrari et dicier hic est. (Eiselein, 207.)
5. Der in allen gassen wohnet, wohnet vbel. – Gruter, III, 17; Henisch, 1364, 33; Lehmann, II, 80, 84; Simrock, 3029; Körte, 1760; Braun, I, 623.
Von denen, die sich in allerlei Geschäfte einlassen und keins ordentlich treiben.
6. Es ist eine böse Gasse, wo man nicht umkehren kann.
Holl.: Het is eene lange laan, die geen' draai heeft. (Bohn I, 323.)
7. In allen Gassen hat man Betrug und Laster feil.
8. Man findet in allen Gassen Koth.
9. Man siht manchen auff der gassen gehn vnd waisst nicht, was er im hertzen hat. – Henisch, 1364, 30.
10. Schön auff der gassen, wenig in der Taschen. – Henisch, 1364, 32.
[1345] 11. Stolz auf der Gasse, keinen Heller in der Tasche. – Braun, I, 624.
12. Was sich auf der Gasse zuerst an die Füsse hängt, das ist der Koth.
13. Wenn die Gasse eng genug ist, fängt auch wol die Kuh einen Hasen.
14. Wenn jeder seine Gasse kehrte rein, so würden alle Gassen sauber sein.
15. Wer an der Gassen bauet, der hat viel Meister. – Heuseler, 64.
*16. Aen de Gass gohn. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 37, 104.
Zur Geliebten gehen.
*17. Aest1 af der Gass afklauwen2. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 324, 230.
1) Etwas.
2) Auflesen.
*18. Das findet man nicht auf der Gasse.
Frz.: Cela ne se trouve pas dans le pas d'un cheval. (Lendroy, 1161.)
*19. Durch diese (hohle) Gasse muss er kommen.
Um zu sagen, dass es in irgendeiner Sache für jemand keinen Ausweg gibt. Sprichwörtlich geworden aus dem bekannten Monolog des Wilhelm Tell von Schiller, IV. Act, 3. Scene.
*20. E äs af de Gass kun. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 176, 187.
Er ist auf die Gasse, d.i. um Haus und Hof, um sein Vermögen gekommen.
*21. E wunt än er Gass, wo de Heangd' (Hunde) ämkîren. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 326, 271.
Am äussersten Ende einer Sackgasse.
*22. E wunt än er Gäss, wô em 't Brît mät dem Zwîre schnegt. – Frommann, V, 326, 272.
Er wohnt in der Gasse, wo man das Brot mit dem Zwirne schneidet, d.h. wo man Palukes (Maisbrei) isst. Müller in seinen Siebenbürgischen Volkssagen erzählt auch die Sage, welche über die Entstehung des Namens Palukes vorhanden ist.
*23. Er geht vor ihm die ander Gasse. – Eiselein, 207.
Lat.: Ne via quidem eadem cum illo vult ingredi. (Eiselein, 207.)
*24. Er ist in einer engen Gasse und der Esel (auf dem er reitet) schlägt aus.
Von denen, die uns anstatt aus einer verwickelten Lage herauszuhelfen, nur neue Schwierigkeiten verursachen.
*25. Er kennt keine Gasse, worin er nicht schuldig ist, und er ist lange hier gewesen.
*26. Kannst mir d' Gasse hinabgehen. (S. ⇒ Ellenbogen 6.) (Nürtingen.) – Haug.
*27. Sie lasst niemandt auff der gassen ligen. – Franck, II, 62b.
Von einem »Weib, die niemand aussschlegt«, oder »brauchs zu deuten einen milten gastfreien mann«. Als verwandt im erstern Sinne fügt Franck noch folgende Redensarten bei: Sie weret keinem hund dauon. Sie schlegts auss wie der hund die bratwurst, der bettler das almusen. Sie versagts niemand, dann den armen haussmägten, die sie nit drumb bitten. Sie ist bona voluntatis.
28. Auf der Gasse Hui und im Hause Pfui.
Die Walachen: Auf der Gasse mit Prunk, zu Hause kein Kukurutzstrunk. (Schuller, 30.)
29. Wer auff der Gasse dess nachtes gehet, vnd auff der Lauten vnd Zitter schlegt, vnd nur da fleiss anwenden deit, der ist ein Aff von Rizenscheit. – Petri, II, 684.
30. Wer in allen Gassen wohnt, der wohnt vbel. – Petri, II, 723.
*31. Dem ist nicht über die Gasse zu trauen.
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