1. Besser zehn Neider als Ein Mitleider. – Hollenberg, II, 29; Neus, 18; Eiselein, 491; Gaal, 1211; Siebenkees, 219; Körte, 4516; Birlinger, 404; für Franken: Frommann, VI, 321, 297.
Mitleid setzt einen schlechten Zustand voraus, in dem sich einer befindet, Neid einen glücklichen. Jemand hat daher gesagt: Ich beneide die Lage dessen nicht, der nicht beneidet wird. Rousseau hat, nach der Grabschrift, die Piron für ihn geschrieben, beides gehabt; denn sie schliesst: »Dreissig Jahre hat ihn der Neid verzehrt und andere dreissig Jahre war er mitleidswerth.« (Gubitz, Gesellschafter, 1826, S. 671.)
Böhm.: Lépe jest, by mnĕ jiní závidĕli, než já komu. – Lepší jest závist' na sebe vésti, než ulitování. (Čelakovský, 109.)
Dän.: Bedre at misundes for at have rigdom, end inkes for at have forød den. – Bedre forhadt end beklagt. – Bedre misundere end miskundere. (Prov. dan., 55.)
Frz.: Il vaut mieux faire envie que pitié. (Bohn I, 38; Starschedel, 167; Kritzinger, 279.) – Jayme mieulx que mon ennemy aye enuye sur moy que pitiee. (Bovill, II, 163.)
It.: E meglio esser invidiato che compassionato. – E meglio invidia che pietà. (Pazzaglia, 185, 1.)
Lat.: Invidia molesta est; molestius vero est nihil habere ad invidendum. – Malo aduersarium mihi inuidere, quam mei misereri. (Bovill, II, 163.) – Malo mihi invidere inimicos, quam me inimicis. (Plautus.) – Praestat invidos habere quam condolentes. (Gaal, 1211.) – Sola miseria cavet invidia.
Poln.: Lepiéj że mi kto zajrzy, niź ja komu.
Schwed.: Bättre missundt, än beklagadt. (Grubb, 75; Rhodin, 12.)
Ung.: Jobb egy irigy ember száz szánakodónál. (Gaal, 1211.)
2. Der Neider hasset, was er sicht, vnd mus doch leiden, was geschicht. – Petri, II, 102.
Während der obige (s. ⇒ Neider 4) Spruch sich am Fuss des erwähnten kupfernen Krugs befindet, bildet der vorstehende die Bauchinschrift.
3. Der neider ist sein eigen schindmesser. – Lehmann, 544, 6.
It.: L'invidioso non dà a nessuno maggior tormento ch'a se stesso. (Pazzaglia, 172, 11.)
4. Der Neider kan nichts als nur Hundshaar in sachen zum intrag geben. – Lehmann, 544, 7.
5. Der Neider Sinn ist frommer gewinn. – Petri, II, 103.
6. Der Neider tück ist Mein gelück.
Aus einer alten Handschrift (S. 8), die sich in der Bibliothek des Herrn Kreisgerichtsdirector Ottow in Landeshut befindet.
7. Die Neider werden sterben, aber der Neid wird sich vererben.
Frz.: Les envieux mourront mais non jamais l'envie. (Bohn I, 34; Kritzinger, 279.)
It.: Muorono gl'invidiosi, ma non l'invidia. (Pazzaglia, 185, 6.)
8. Je mehr Neider, je mehr Glück.
9. Lass Neider neiden und Hasser hassen; was Gott mir gönnt, muss man mir lassen. – Simrock, 7492a; Körte, 4518; Hertz, 17.
Stand am ehemaligen Wirthshause zu Unter- Endingen. (Aargauer Taschenbuch.) Auch Hausreim in Kiebingen. (Birlinger, 1162.)
10. Läwer Negder wä Mätlegder. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 1104; hochdeutsch bei Braun, I, 3006.
11. Neider seynd liechtputzen, die andern jhr liecht leschen. – Lehmann, 545, 15; Simrock, 7489; Sailer, 176.
In Aegypten scheinen aber die Neider oder doch die Neiderinnen bösartiger zu sein; denn ein sprichwörtlicher Fluch gegen den Feind oder den eifersüchtigen Liebhaber eines Weibes lautet: »Möge ihre Neiderin über ihr Haar fallen« (Burckhardt, 221), d.h. möge er Unglück haben, wenn er sich ihr auch nahen mag.
12. Neider sind besser als Mitleider. – Günther, 82; Simrock, 7485.
»Viel Neider seind, die hassen mich, wer lacht ihr mehr als eben ich? Ich fragt nicht, wer die schaaffe schiert, wer weiss nicht, wem die Woll gebührt.« (Gerlach, 50.)
Lat.: Malo invidiam, quam misericordiam. (Binder I, 938; II, 1776; Seybold, 295.) – Miseratione melior invidia. (Binder II, 1869; Seybold, 308.)
[992] 13. Neider sind wie Rost am Eisen, der macht, dass das Messer nicht schneidet.
Der Neidische gönnt andern selbst das nicht, was er nicht bekommen oder gebrauchen kann. (S. ⇒ Hund 181.) Die Russen: Die Neider gleichen oft den Fliegen, die sich auf faule Geschwüre setzen. (Altmann VI, 440.)
14. Neider verfolgen Hofgesinde, hohe Berge überwehen Winde. – Simrock, 7484.
15. Sind der Neider noch so viel, es geschieht doch, was Gott will. – Körte, 4517.
16. Wer kein neyder hat, der hat kein Glück. – Lehmann, 545, 23; Simrock, 7487.
17. Wer keinen Neider (oder feind) hat, dem gehets vbel. – Lehmann, 546, 32.
Mhd.: Er ist unwerth, swer vor nide ist behuot. (Blicker.) (Zingerle, 109.)
Dän.: Avind-syge og ærgierige høre gierne tales ilde om andre. – Haver man ingen avinds-mænd, da gaaer ham ilde; haver man for mange, da gaaer det ham end verre. (Prov. dan., 42.)
18. Wer Neider hat, hat Brot; wer keine hat, hat Noth.
19. Wer nicht hat Neider, der braucht Mitleider.
Dän.: Avind var aldrig god talmand. (Bohn I, 348.)
Lat.: Male cum eo agitur, qui caret invidis. (Binder I, 931; II, 1764; Seybold, 293.)
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