Satt

1. Alle Tag gleich satt, macht zuletzt eine wüste Hofstatt. (Hessen.) – Joc., II, 132.


2. Bist du satt, so spei dich natt.Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 300.


3. Der wird spät satt, der sich von einem andern füttern lässt.


4. Es stellt sich mancher satt, der grossen Hunger hat.

Mancher dankt, dem etwas zu geniessen angeboten wird, sei es aus Bescheidenheit, Zierlichkeit oder andern Gründen. Ein hebräisches Sprichwort empfiehlt dies sogar, indem es sagt: Stelle dich, als seiest du satt, und nicht, als seiest du hungrig. (Wahl, I, 86, XII.)


5. Man wird von allem satt, aber eins schmeckt besser als das andere.

Frz.: Tout fait ventre pourvu qu'il entre. (Cahier, 1775.)


6. Satt sein schützt nicht vorm Tode.

It.: Tanto muore l'affamato quanto quello ch' hà mangiato. (Pazzaglia, 233, 22.)


7. Wan en anger1 satt es, da gläuft men, alle Selige2 sönd satt. (Aachen.) – Firmenich, I, 494, 128.

1) Wenn man.

2) D.h. Armen.


8. Wann me rund herum sât is, kann me für Allemanns Döre nach Pankauken etten. (Waldeck.) – Curtze, 329, 188.


9. Wenn du auch satt bist, verachte das Brot nicht.

Verlass eine sichere Stellung nicht, die dich genährt hat.

Böhm.: Syt chleba neodchod', a tepl jsa rúcha.


10. Wenn man auch nicht satt ist, man bindet auch oft einen Sack zu, der nicht voll ist. (Soest.)


[1868] 11. Wenn man satt ist, soll man gleich wol gedencken, dass man wieder hungern könne. Petri, II, 668.


12. Wer früh vnd spat ist allweg sat, weiss nicht, was Noth der Hunger hat.Lehmann, II, 841, 269; Zinkgref, IV, 363.

Lat.: Non vult scire satur, quid ieiunus patiatur. (Loci comm., 180.)


13. Wer satt, für den Hungrigen keinen Glauben hat. (Böhmen.)


14. Wer satt ist, dem schmecken alle Kirschen sauer.

Böhm.: Tĕžko sytého častovati, a bohatému darovati. (Čelakovský, 169.)


15. Wer satt ist, dem schmeckt die beste Suppe nicht.


16. Wer satt ist, dem sind gebratene Vögel nicht gesund.


17. Wer satt ist, den nöthigt man umsonst.


18. Wer satt ist, der soll denken, dass er wieder hungern kann.Petri, II, 750.


19. Wer satt ist, hat gut fasten.

Die Odschineger der Vogt-Plantage in Westafrika sagen: Wer sich satt gegessen hat, sagt: Wer nachts isst, ist eine Hexe.


20. Wer satt ist, lobt das Fasten.

Lat.: Qui satur est, pleno laudat jejunia ventre. (Mant.) (Binder II, 2803; Philippi, II, 137; Seybold, 497.)


21. Wer si ni satt itt, kann si ok ni satt licken (lecken). (Rendsburg.) – Hochdeutsch bei Henisch, 950, 19; Simrock, 8712.


22. Wer sich satt gegessen hat, findet leicht einen Trunk.

Böhm.: Sytý vody doteče. (Čelakovský, 190.)


23. Zu satt macht Ekel.


24. Zu satt macht matt.Simrock, 8711; Körte, 5812; Masson, 34.


25. Zwei werden nicht satt: wer Weisheit und wer Reichthum sucht.


*26. Er ässe sich nicht satt und wenn's vier Wochen Butterbrot und Knackwurst regnete.


*27. Er wird satt von einer Froschleber.


*28. Ich bin so satt wie von der Purim-Sude (Purimmahl).Tendlau, 532.

Das Purimmahl wurde bei den Alten sehr reich gefeiert.


[1869] *29. Ich hab's satt.Braun, I, 3716.


*30. Ich hosen a su sott, as wenn ich's mit Löffeln frassen hätte.Robinson, 39; Gomolcke, 519; für Altmark: Danneil, 122; hochdeutsch bei Eiselein, 433; Simrock, 6593; Braun, I, 2386; Lohrengel, II, 286.

»Ich bin's so satt, als wenn ich's mit Löffeln gefressen hätte.« (Pauli, Postilla, I, 560a.)


*31. Man kann sich auch mehr als satt essen. Altmann V, 110.


[Zusätze und Ergänzungen]

32. Bist du satt, wirf nicht das Brot beiseit, und ist dir warm, nicht weg das Kleid.Wenzig, 79.


33. Iss dich satt, aber trink dich nicht matt.

Böhm.: Jez chleba hojnĕji, ale mluv střídmĕji. (Čelakovský , 68.)


34. Wer satt ist, dem schmeckt Gerstenbrot nicht.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
Lizenz:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Anselm von Canterbury

Warum Gott Mensch geworden

Warum Gott Mensch geworden

Anselm vertritt die Satisfaktionslehre, nach der der Tod Jesu ein nötiges Opfer war, um Gottes Ehrverletzung durch den Sündenfall des Menschen zu sühnen. Nur Gott selbst war groß genug, das Opfer den menschlichen Sündenfall überwiegen zu lassen, daher musste Gott Mensch werden und sündenlos sterben.

86 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon