Ring

[715] Ring oder Reif heißt überhaupt ein kreisförmig gestalteter Körper von verhältnißmäßig geringer Höhe und in der Regel von Metall. Man legt dergleichen zur Befestigung um einen Gegenstand, wie z.B. eiserne Ringe um hölzerne Körper, oder sie dienen dazu, eine kettenartige Verbindung herzustellen, ferner als Handhabe und zu vielen andern Zwecken, insbesondere auch zur Verzierung und als Schmuck. Ringe der letztern Art sind klein, gewöhnlich von edlem Metall und werden je nach der bei verschiedenen Völkern herrschenden Sitte an den Fingern, Armen, um die Knöchel der Füße und an den Fußzehen, in den Ohren, in den Lippen und in der Nase getragen. Von diesen nähern Bestimmungen hängt auch zum Theil Form und Verzierung derselben ab, indem sie theils als glatter Reif, theils durch hineingefaßte Steine, Perlen, Miniaturbilder, Haare (daher Haarringe) und auf andere Weise verziert werden. Die gewöhnlichsten sind die Fingerringe, von denen mehre Arten besondere Namen führen, wie die Verlobungs- und Trauringe, welche bei Verlobungen und Trauungen von dem betreffenden Paare ausgewechselt werden und bei den germanischen Völkern schon in sehr früher Zeit üblich waren. Sie werden meist am vierten Finger vom Daumen an der linken Hand getragen, welcher davon der Ringfinger heißt. An den Siegelringen ist eine Platte von Metall angebracht oder es ist ein Stein hinein gefaßt, in welchen ein Namenszug, ein Wappen oder dem Ähnliches gestochen oder geschnitten ist, sodaß sie als Petschaft gebraucht werden können, und zu ihnen gehört auch der Fischerring (s.d.) der Päpste. Zum Erfinder der Fingerringe macht eine griech. Sage den Jupiter, welcher nach Befreiung des an den Kaukasus gefesselten Prometheus denselben zur Erinnerung an seine erlittene Strafe verpflichtet habe, einen eisernen Ring am Finger zu tragen. Indessen ist das Tragen von Ringen wol eine morgenländische Sitte, war bei den Hebräern gewöhnlich, deren Frauen sich mit Fuß- und Ohrringen, ja selbst mit Nasenringen schmückten und bei denen Ringe auch als Amulet getragen wurden. König Salomo soll z.B. einen Ring besessen haben, welcher die Quelle seiner weisen Regierung war; eines Tages verlor er denselben im Bade und verzichtete nun 40 Tage auf den Thron, bis sein Kleinod von einem Fischer im Magen eines Fisches gefunden und ihm wieder zugestellt worden war. Ähnliche Zauberringe kommen bei mehren östl. Völkern vor, und im alten Ägypten brauchte man Ringe als Münzen. Von den Morgenländern nahmen auch die Griechen vermuthlich die Sitte an, Fingerringe zu tragen und bei den Römern durften anfangs nur Ritter und Senatoren einen eisernen, Gesandte blos einen goldenen am Ringfinger haben. Allein bald legten sich auch jene goldene zu und die eisernen wurden den Plebejern überlassen, in späterer Zeit aber trug Jeder Ringe, wie er wollte. Der namentlich von den Katten bekannte Brauch, eiserne Ringe zu tragen, bis sie ihren Muth durch eine tapfere That bewährt hatten, oder die Sitte der Deutschen, Schuldnern zur Erinnerung an ihre Verpflichtung eiserne Ringe um die Arme zu legen, scheint zu der Mode der Ritter Veranlassung gegeben zu haben, bis zur Lösung eines gethanen Gelübdes Ringe um Arme und Beine zu tragen, welche nachher mit großer Feierlichkeit abgenommen wurden. Siegelringe wurden seit sehr früher Zeit als eine Art Vollmacht zur Ausübung der Rechte ihrer Besitzer betrachtet und man glaubte z.B., daß Alexander der Große den Perdikkas zu seinem Nachfolger bestimmt habe, weil er ihm vor seinem Tode seinen Siegelring einhändigte. Als Sinnbild der Vereinigung kommt der Ring ebenfalls häufig vor und Freunde zerbrachen einen Ring in zwei Theile, von denen jeder einen an sich nahm, um darin ein untrügliches Wahrzeichen der geschlossenen Freundschaft für sich und Jeden zu besitzen, den damit je einer dem andern zuschicken würde. Der vom Papst bei der Investitur (s. Belehnung) den Bischöfen übergebene Ring deutet ihre Vereinigung mit der Kirche und Christus an, und den Cardinälen wird er als Zeichen der neuen Würde zu Theil. – Ring heißt in manchen Städten, besonders in Schlesien, der Marktplatz; sodann wird auch die kreisförmige Befriedigung oder Befestigung eines Orts darunter verstanden, und die Avaren (s.d.) gaben ihren befestigten Lagern diesen Namen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 715-716.
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