[153] Düngerstreumaschine, dient zum breitwürfigen Ausstreuen meist pulverförmiger künstlicher Dünger sowie von Gips und gebranntem Kalk. Eine gute Düngerstreumaschine muß die gleichmäßige Verteilung trockenen wie feuchten Düngers ohne Nachhilfe auf der Ebene und am Hang, auf glattem und scholligem Boden gestatten; die Arbeitsbreite soll gleich der Spurweite sein.
Die Düngerstreumaschinen bestehen aus einem gewöhnlich auf Rädern ruhenden Vorratskasten, einer Vorrichtung zur Entnahme gleicher, einstellbarer Düngermengen, eventuell einer Leitung zur Erde sowie Windschutz. Breitsämaschinen können zum Düngerstreuen nicht gut verwendet werden, weil die Düngerforten sehr verschiedener Beschaffenheit sind. Zum Beispiel ist Knochenmehl fast wie Wasser beweglich, während feuchter Chilisalpeter und Superphosphat einen schmierigen, backenden Körper bilden.
Bei den Schlitzmaschinen fließt der Dünger durch sein eignes Gewicht unter Beihilfe von Rührarmen durch Schlitzöffnungen, die sich im Kastenboden befinden. Bei der Düngerstreumaschine von E. Hampel in Hannold b. Gnadenfrei (Schießen) (Fig. 1) wird der über die ganze Breite der Maschine verlaufende Schlitz s durch zwei T-förmige Eisenschienen gebildet, von denen die eine in besonderen Führungen zur Veränderung der Schlitzweite und zum Abschluß des Kastens nach unten durch einen Handhebel verstellt werden kann. Die Kanten der Schienen stehen in einem stumpfen Winkel zueinander, wodurch ein Festdrücken des Düngers auf dem Boden vermieden werden soll. Die Streuwelle W ist aus sechskantigem Stahl hergestellt. Für feuchten Dünger kommt ein Rührwerk R zur Verwendung, das aus einer ununterbrochen oder ruckweise bewegten Stabtrommel besteht. Bei feuchtem backenden Dünger kann sich eine Art Gewölbe über der Streuwalze bilden. Um dieses zu vermeiden, schüttelt man den Karten oder trennt den Ausstreuraum vom Vorratsraum, so daß der Dünger nur in dünnen Schichten gefaßt werden kann.
Bei den Voßschen Düngerstreumaschinen von Wiechelt in Güstrow i. M. (Fig. 2) rotiert auf dem Grunde des Kastens eine Walze W und schiebt den Dünger durch einen verstellbaren Schlitz heraus. Die Stellschiene a besteht aus zwei sich über die Hälfte der Maschine erstreckenden Teilen, die für sich mittels der Stellschrauben s an dem Stellhebelgestänge eingestellt werden können. Auf diese Weise kann den beim Gebrauch auftretenden Durchbiegungen der Bodenwalze Rechnung getragen und der Streuschlitz an allen Stellen gleichbreit gehalten werden. Ueber der Walze befindet sich ein Rührwerk R, r b ist eine feste Abstreifschiene und d ein Draht, der den Dünger von der Walze W abstreift. Zwecks Reinigung kann die Bodenwalze um das Gelenk G aufgeklappt werden. An Stelle der Schiene tritt bei andern Düngerstreumaschinen eine entgegen gesetzt rotierende Walze zum Regeln der Dicke des auszutragenden Düngers. Statt der Walzen können auch endlose umlaufende Bänder verwendet werden. Naumann in Schlettau baut Walzen, die nach Art eines Schöpfrades wirken, indem z.B. die Holzwalze mit Drahtgeflecht umgeben ist.
Hiervon unterscheiden sich die Düngerstreumaschinen, bei denen der Dünger auf dem Kastenboden aufliegt und durch hin und her gehende Schieber oder über den Boden streichende, schräggestellte Kettenglieder einer umlaufenden Kette nach hinten befördert wird. Zu den letzteren gehört die Düngerstreumaschine »Westphalia« von Kuxmann & Co. in Bielefeld (Fig. 35). Der untere, sich verengende Teil des Kastens ist wagerecht so geteilt, daß in den entstehenden Schlitz S die Finger der Kette G, G1 hineinreichen. Die Kette wird in der Pfeilrichtung (Fig 4) durch diesen Schlitz bewegt und schiebt dabei mittels der Rückenflächen ihrer[153] eigentümlichen Finger den Dünger hinaus. Die Kette, deren Bauart und Zusammensetzung aus der Fig. 5 ersichtlich ist, geht an den Enden des Kastens je über eine Kettenrolle R. Durch eine Abstreiffeder an der Stirnseite werden die Kettenglieder gereinigt. Die Veränderlichkeit der Streumenge wird erzielt durch Verstellung des Schlitzes und Aenderung der Kettengeschwindigkeit.
Bei der Schlörschen Düngerstreumaschine von W. Siedersleben & Co. in Bernburg wird der Dünger durch den bewegten Kastenboden u nach oben geschoben und von einer Stiftenwalze m über die obere Kante der festen Wand n ausgeworfen. Zum Füllen des Kastens kann die Walze m um ein Gelenk aufgeklappt werden. Die Fig. 6 zeigt das Prinzip einer solchen Düngerstreumaschine in der höchsten Stellung des Bodens. In Frankreich findet man die umgekehrte Anordnung, nämlich daß der Kastenboden feststeht und die Kastenwände sich senken [2].
Bei Liesegang in Hammersdorf (Ostpreußen) wird der Kastenboden durch zwei mit den Schneiden gegeneinander gerichtete Messer gebildet, die vor- und zurückbewegt werden, wobei die schneidenden Kanten sich überfassen, so daß die untere Düngerschicht abgeschnitten wird und nach unten fällt u.s.w.
Zur Erzielung größerer Gleichmäßigkeit im Ausstreuen hat man vorgeschlagen, den Dünger mit Erde zu vermischen. Ueber die Verteilung flüssigen Düngers s. Jaucheverteiler. Zum Ausstreuen von Stalldünger werden, namentlich in Amerika, kastenartige Fahrzeuge vorgeschlagen, auf denen der Dünger entweder durch endlose Bänder oder von Hand einer am hinteren Ende des Wagens sitzenden, schnell rotierenden Zinkentrommel zugeführt wird. Zum Streuen von gebranntem Kalk müssen besondere Siebeinrichtungen vorgesehen werden, die ein Hineingelangen von Steinen und harten Klumpen in die Streuvorrichtung verhindern. Man hat auch besondere Streuteller konstruiert.
Die kombinierten Düngerstreu- und Sämaschinen haben einen geringen praktischen Wert, weil die unmittelbare Berührung des Düngers in frischem Zustande mit dem Saatgut leicht zur Fäulnis des letzteren beitragen kann [3]. Die Leistung richtet sich nach der Streumenge (60600 kg pro Hektar) und Breite. Letztere wird bis zu 4 m ausgeführt, wobei dann zweckmäßig ein Vordersteuer in Anwendung kommt. Die Preise schwanken von 175 bis 500 ℳ.
Literatur: [1] Nachtweh, Düngerstreumaschinen, Frauenfeld 1900. [2] Grundke, H., Landwirtschaftliche Maschinen auf der Weltausstellung Paris 1900, Zeitschr. d. Vereins deutscher Ingenieure 1902. [3] Eisbein, Die Drillkultur, 3. Aufl., Bonn 1895.
Wrobel.
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