Kipper [1]

[480] Kipper dienen im allgemeinen zum Entladen von Fahrzeugen durch Neigen, so daß das Gut herausfließt; das Festhalten erfolgt durch Verklammern, durch Fanghaken, Prellböcke u. dergl. – Vgl. a. Fabrikbahnen (Fig. 2 und 3), Grubenbahnen (Fig. 10), Massentransport, Selbstentlader, Wipper und [1].

I. Kipper für kleine Schiffsgefäße.

Die aus Fördergerüst, Fahrstuhl, Kippwiege, Hubzylinder, Kippmaschine und Schüttrinne bestehenden Anlagen (Hafen von Goole) dienen zum Heben und Stürzen von eisernen, 35 t fassenden Kohlenschiffen, die, zu Kohlenzügen mit besonderem Kopfstück und Stoßdämpfer zusammengesetzt, die oft engen Wasserstraßen passieren [2].

II. Kipper für Gespannwagen.

In den Vereinigten Staaten Nordamerikas werden vierräderige, deichsellose Kornwagen auf die bei Speichern und Mühlen gebräuchlichen Kippvorrichtungen (Fig. 1 und 2) gefahren und nach Verwiegung ohne Abschirren der Pferde entleert [3]; vgl. a. [4].

III. Kipper für Gleiswagen.

A Für (meist vollspurige) Eisenbahnwagen (Waggonkipper).

1. Vorderkipper: Neigen des Wagens quer zu seiner Längsrichtung; Ausfließen des Gutes aus der geöffneten Stirnwand (Fig. 310).

a) Entladung in Tiefbehälter (s.d.) [Füllrümpfe unter Schienenhöhe]. Der Kipper Fig. 3 wird durch das Gewicht der auszuschüttenden Nutzlast betätigt, indem der volle Wagen[480] beim Niedergehen ein am hinteren Plattformende befindliches Gegengewicht hebt, das den leeren Wagen zurückschwingt. Eine Bremse regelt die Geschwindigkeit dieser Pendelbewegung, und ein Windwerk sichert in allen Fällen eine vollständige Entladung [5], Bei der Bauart Fig. 4 drückt der volle auffahrende Wagen den Kolben eines pendelnd gelagerten Preßwasserzylinders nieder; das Druckwasser hebt dabei das Belastungsgewicht eines Akkumulators, der nach Entleerung des Wagens sein Wasser an den Zylinder zurückgibt und die Plattform hebt [6]. Ist die zur Verfügung stehende Ausladungstiefe nicht sehr groß, so wird die Drehachse des Kippers an dem vorderen Ende der Plattform angeordnet (Fig. 5); vgl. a. Hochbehälter, Fig. 1, und [7]. Das Anheben des rückwärtigen Rahmenteils kann auch durch Seile oder Ketten [8] erfolgen[481] oder wie bei dem Kipper Fig. 6 durch zwei elektrisch betätigte Schraubenspindeln, die ein am unteren Ende geradlinig geführtes Gestell in die Höhe schieben. Unterstützung der Hubarbeit durch Gegengewichte. – Endlich kann das Kippen auch dadurch bewirkt bezw. unterstützt werden, daß ein an Ketten hängender Kübelwagen den vorderen Teil der Plattform abwärts drückt und erst, wenn er in die richtige Lage zum Eisenbahnwagen gekommen ist, das ganze System um 45° dreht (Fig. 7) [9]; Leistung rund 12 Wagen in 1 Stunde; vgl. a. [10]. Ueber Anlagen, welche für große Wasserstandsschwankungen [11] und sowohl für gewöhnliche Kohlenwagen als für Selbstentlader (s.d.) gebaut sind, vgl. [12]; stündliche Leistung etwa 10 Wagen. – Im Gegensatz zu diesen Plattformkippern besteht der Pohligsche Kurvenkipper (Fig. 8) im wesentlichen aus einer fahrbaren Vorrichtung, die auch so angeordnet werden kann, daß die entladenen Eisenbahnwagen, nachdem sie auf die Kipperbahn hinaufgezogen sind, durch Drehen des oberen Teiles des Kippers von der andern Seite wieder abgelassen werden können, so daß alsdann der Kipper auf irgend einem Hochbahngleise aufgestellt zu werden und so einen in einer Reihe Sehenden Eisenbahnzug ohne Rangieren zu entladen vermag [13].

b) Entladung in Hochbehälter (s.d.) oder mittels hochgelegener Rutschen. Bei der Entladung von Eisenbahnwagen z.B. von einem Kai aus in Seeschiffe werden senkrechte Aufzüge [14] oder Schrägaufzüge (s.d.) (Fig. 9) verwendet. Bei letzteren wird der Wagen auf ein mit Rädern a b versehenes Gestell gefahren und dieses durch Seile eine schiefe Ebene hinausgezogen; oben läuft das Gleis für die Fahrbühne wagerecht (a1 b1), wodurch der Wagen kippt. Ausgleich eines Teiles der toten Last durch [482] Gegengewichte [15]. Zu dem gleichen Zweck werden auch Krane (Fig. 10) benutzt, welche die Wagen über die Schiffsluken heben und dann kippen [16].

2. Seitenkipper: Neigen des Wagens um seine Längsachse; Ausfließen des Gutes durch die geöffnete Seitenwand (Fig. 11 und 12) oder über den Bordrand (Fig. 13 und 14) [Drehung um ~ 135°].

a) Entladung in Tiefbehälter. Beim Kippen des ganzen Wagens um seine Längsachse wird ein zur Rückwärtsbewegung dienendes Gegengewicht gehoben (Fig. 11) [17]; bei der (ebenfalls französischen) Anordnung Fig. 12 wird nur der Karten gekippt [18].

b) Entladung in Wagenhöhe. Von der Brownschen Wiege (Fig. 13) werden die (30 t-) Wagen nach hydraulischer Verklammerung mittels besonderer Taschen in Ueberladekasten gestürzt, die mit Hilfe von Plattformwagen und beweglichen Krangestellen mit wagerechten Auslegerbrücken in die Schiffe gesenkt und dort entleert werden. Durchschnittsleistung 4000 t/10 Stunden [19]. – Der Kipper Fig. 14 besteht aus einem zylindrischen, an zwei Gestellen mit Ketten aufgehängten Rahmen, in den beispielsweise ein schmalspuriger Wagen einfährt. Beim Aufwickeln der Kette hebt, und dreht sich das Rahmenwagenaggregat, und es fließt das Schüttgut über eine Schurre in einen Vollbahnwagen oder dergl.; vgl. a. [20],

B. Für (schmalspurige) Grubenwagen (Wipper, s.d.) [21].

Betreffend Kipper zum Beladen von Eisenbahnwagen vgl. [22].

Kosten: In nebenstehender Tabelle [23] sind die reinen Arbeitskosten der verschiedenen Kohlenverladungsarten in Ruhrort vergleichsweise aufgeführt. Der Verdienst eines Arbeiters im Akkord stellt sich dabei auf 5–6 ℳ. täglich.

Die Umschlagskosten für Koks stellen sich auf etwa das Doppelte.


Kipper [1]


[483] Literatur: [1] Buhle, Technische Hilfsmittel zur Beförderung und Lagerung von Sammelkörpern, 3. Teil, Berlin 1906, S. 320 (im folgenden bezeichnet mit T.H.); ferner Zimmer, The mechanical handling of material, London 1905, S. 298 ff.; Stone, Mechanical shipment of coal, Calcutta 1904, S. 1 ff. – [2] Buhle, Glasers Annalen 1898, II, S. 43; Ders., Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1899, S. 1247 ff. – [3] Ders., T.H., 3. Teil, S. 59 ff.; vgl. a. T.H., 1. Teil, S. 30 (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1899, S. 258). – [4] Ders., T.H., 3. Teil, S. 60 und 84 ff. – [5] Ders., ebend., S. 310, und »Hütte«, 19. Aufl., 1. Teil, S. 1238. – [6] Ders., Glasers Annalen 1898, II, S. 88 ff. – [7] Ders., T.H., 3. Teil, S. 8 und 101 ff. (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1905, S. 783); wirtschaftl. Daten über diese Anlage s. Glasers Annalen 1906, I, S. 204 ff.; vgl. ferner Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1902, S. 1328, und T.H., 3. Teil, S. 311, sowie Fröhlich, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1905, S. 436 ff. – [8] v. Hanffstengel, Dingl. Polyt. Journ. 1906, S. 450 (Bauart Hoppe-Gebauer, Berlin, für die Gasanstalt Tegel; Stundenleistung 120 t = 12 Wagen à 10 t). – [9] Buhle, T.H., 3. Teil, Taf. 1, Fig. 14 (»Gewerbefleiß« 1904, Taf. A, Fig. 7) und S. 208 (»Glückauf« 1905, S. 1598; Bauart Krupp-Grusonwerk, Magdeburg, für Breslau). – [10] v. Hanffstengel, Dingl. Polyt. Journ. 1906, S. 449 (D.R.P. Nr. 124185 von A. Bleichert & Co., Leipzig). – [11] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1905, S. 1221 (Bauart Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg für Hamburg; Stundenleistung 15 bis 20 Wagen von 10–20 t). – [12] Buhle, T.H., 3. Teil, S. 253 ff. (»Stahl und Eisen« 1906, S. 652 ff.). – [13] Ders., T H., 3. Teil, S. 217 (Deutsche Bauztg. 1906, S. 243) und S. 254 (»Stahl und Eisen« 1906, S. 715); ferner Dingl. Polyt. Journ. 1906, S. 451, und Elektr. Bahnen und Betriebe 1906, 5. 344. – [14] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1901, S. 793 ff. (Bauart Nagel & Kaemp, Hamburg, für Emden); ferner ebend., S. 1471, und 1894, S. 1047 (Rotterdam) sowie 1899, S. 1247. – [15] Buhle, T.H., 3. Teil, S. 311. – [16] Ders., ebend., S. 120 (Wasser- und Wegebau 1904, S. 1 ff. [Bauart Stuckenholz, Wetter a. d. Ruhr]) und Glasers Annalen 1898, II, S. 42 ff. (Bauart Hoppe, Berlin, für Bremen). – [17] Grüner, Veröffentl. des 9. Internationalen Schiffahrtskongresses in Düsseldorf 1902, I. Sektion, 3. Frage; ferner Zimmer (vgl. [1]), S. 308, und Stone (vgl. [1]), S. 13. – [18] Vgl. [17] Grüner; ferner Zimmer, S. 309, und Stone, S. 11 ff. – [19] Buhle, Glasers Annalen 1898, II, S. 42; Ders., T.H., 1. Teil, S. 157, und 3. Teil, S. 312 ff. – [20] v. Hanffstengel, Dingl. Polyt. Journ. 1906, S. 452, Fig. 81; Ders., ebend. 1904, S. 201 ff. (Bauart Mc Myler, Cleveland); vgl. a. Buhle, T.H., 1. Teil, S. 55 (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1900, S. 72). – [21] »Hütte«, 19. Aufl., I, S. 1239 ff. – [22] Buhle, T.H., 3. Teil, S. 255 (»Stahl und Eisen« 1906, S. 716). – [23] Ders., ebend., S. 253 (»Stahl und Eisen« 1906, S, 652).

M. Buhle.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7., Fig. 9.
Fig. 7., Fig. 9.
Fig. 10.
Fig. 10.
Fig. 8., Fig. 11.
Fig. 8., Fig. 11.
Fig. 12.
Fig. 12.
Fig. 13.
Fig. 13.
Fig. 14.
Fig. 14.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 480-484.
Lizenz:
Faksimiles:
480 | 481 | 482 | 483 | 484
Kategorien:

Buchempfehlung

Angelus Silesius

Cherubinischer Wandersmann

Cherubinischer Wandersmann

Nach dem Vorbild von Abraham von Franckenberg und Daniel Czepko schreibt Angelus Silesius seine berühmten Epigramme, die er unter dem Titel »Cherubinischer Wandersmann« zusammenfasst und 1657 veröffentlicht. Das Unsagbare, den mystischen Weg zu Gott, in Worte zu fassen, ist das Anliegen seiner antithetisch pointierten Alexandriner Dichtung. »Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein. Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.«

242 Seiten, 11.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon