[590] Parfümerie. Die Parfümerien zerfallen in die eigentlichen Parfümerien und die Cosmetica.
Erstere bezwecken vorwiegend, Wohlgeruch zu verbreiten und üble Gerüche zu verdecken. Unter den eigentlichen Parfümerien spielen die Hauptrolle die alkoholischen Parfüme. Diese, auch Extraits d'Odeurs genannt, werden eingeteilt in Blumengerüche, »Extraits aux fleurs«, und in zusammengesetzte Wohlgerüche, »Bouquets«. Die Grundlagen zu den Extraits d'Odeurs bilden vielfach die weingeistigen Auszüge aus den französischen Blumenpomaden, während die sonstigen Zutaten den Zweck haben, diese Wohlgerüche ausdrucksvoller und haltbarer zu machen. Die Kunst des Parfümeurs besteht nun darin, durch richtige Zusammensetzung der ihm zu Gebote stehenden Riechstoffe den angedeuteten Zweck möglichst vollständig zu erreichen. Wollen wir, um ein Beispiel anzuführen, den Blumengeruch »Jasmin« darstellen, so ist es noch lange nicht hinreichend, den weingeistigen Auszug von Jasminpomade dazu zu verwenden. Dieser Auszug bildet die Grundlage; jedoch würde der Duft des Jasmins an der Luft, im Taschentuch u.s.w. sich sehr bald verflüchtigen, wenn der Parfümeur nicht verstände, dies zu verhüten. Um die zu schnelle Verflüchtigung des Wohlgeruches zu verhindern, um ihn festzuhalten, ihn zu fixieren, wie der technische Ausdruck lautet, verwendet man Auszüge resp. Lösungen von verschiedenen Riechstoffen, die man als Tinkturen oder Extrakte bezeichnet. Zu den zusammengesetzten Wohlgerüchen gehört auch das »Kölnische Wasser«, Eau de Cologne, das schon vor ca. zwei Jahrhunderten erfunden, mit seinen ausgezeichneten Eigenschaften noch heute zu den beliebtesten Wohlgerüchen gehört und seine Beliebtheit sicher noch lange behalten wird. In neuerer Zeit hat man angefangen, auch alkoholschwache und alkoholfreie Parfümerien herzustellen, eine Folge des hohen Eingangszolles für Spiritus und spiritushaltige Präparate in verschiedenen Ländern. Die einfachsten alkoholfreien Wohlgerüche sind die durch Destillation über Blüten gewonnenen Wässer, wie wir sie aus Südfrankreich beziehen Rosen- und Orangenblütenwasser. Diese kann man für unsere Zwecke noch verschneiden oder als Grundlage verwenden; immerhin werden sie sich verhältnismäßig teuer stellen. Der Rosengeruch läßt sich[590] billiger durch Geraniol herstellen. Unter den künstlichen Riechstoffen sind überhaupt mehrere, die sich für alkoholfreie Parfüms verwenden lassen. Odeurs und Toilettewässer bis zu einem Alkoholgehalt von 8% zählen noch zu den alkoholfreien Parfümerien, und der darin enthaltene Alkohol wurde nur benutzt, um die zur Verwendung gekommenen ätherischen Oele etwas zu lösen und zu verdünnen und sie dadurch für das Wasser leichter aufnahmefähig zu machen.
Während im Altertum fast ausschließlich trockene Parfüme zur Verwendung kamen, spielen heute die trockenen oder fetten Parfüme, abgesehen von trockenen Räuchermitteln, keine große Rolle mehr. Nur die Riechkissenpulver (Poudre pour sachets) werden noch in großer Menge hergestellt. In neuerer Zeit hat man angefangen, mit Hilfe von Paraffin feste Parfüme herzustellen; doch scheinen sie bis jetzt eine größere Bedeutung nicht erlangt zu haben. Unter die trockenen Parfümerien kann man auch die Riechsalze rechnen. Es sind ammoniakhaltige Parfüme in fester Form. Eins der gebräuchlichsten ist das Prestonsalz (Sei de Preston).
Die Räuchermittel werden eingeteilt in flüssige und in trockene. Erstere bestehen aus weingeistigen Auszügen aus Harzen, Balsamen, Blättern, Blüten, Samen, Holz und Wurzeln, versetzt mit ätherischen Oelen. Die trockenen Räuchermittel, wie Räucherpulver, Räucherpapier, Räucherkerzen und Räucherlack stehen im Werte den flüssigen nach.
Die Cosmetica zerfallen in die Zahn- und Mundmittel, die Haarmittel und die Schönheitsmittel.
Zur Reinigung und Erhaltung der Zähne und des Zahnfleisches dienen die Zahnseifen, Zahnpulver und Zahntinkturen, zur Beseitigung von übelriechendem Atem die Mundwasser. Bei Zusammensetzung von Zahn- und Mundmitteln ist die größte Aufmerksamkeit erforderlich und auf richtige Wahl des Materials alle Sorgfalt zu verwenden. Die zu diesen Mitteln erforderlichen Substanzen müssen chemisch rein sein, auch dürfen weder ätzende noch scharfe und reibende Stoffe, wie Bimsstein, Sand u.s.w. Verwendung finden. Die Farbstoffe, mit deren Hilfe man den Zahn- und Mundmitteln ein schönes Ansehen verleiht, dürfen unter keinen Umständen schädlich oder giftig sein. Unter den Parfümen ist ebenfalls eine sorgfältige Wahl zu treffen. Alle widerlichen, Uebelkeiten und Kopfweh erzeugenden ätherischen Oele und Tinkturen, wie Sandelholzöl, Moschustinktur u.s.w., sind zu vermeiden; dagegen bildet das Pfefferminzöl den Hauptbestandteil der Parfüme für den größten Teil der Zahn- und Mundmittel. Seife, von der man früher vielfach der Ansicht war, daß sie nachteilig auf die Zähne wirke, ist neuerdings wieder mehr zur Reinigung der Zähne herangezogen. Sie darf nur in begrenzten Mengen in den Zahnmitteln vorkommen, da es nicht jedermanns Sache ist, sie in den Mund zu bekommen. Die zur Verwendung kommende Seife darf nur von bester neutraler Grundseife, wie sie zu den seinen pikierten Seifen genommen wird, hier in Pulverform sein. Der etwa zu verwendende Spiritus muß vollkommen fuselfrei sein. Die fäulnishindernden Zahnmittel, unter denen in erster Linie die Thymolzahnpräparate hervorzuheben sind, verdienen besondere Beachtung. Salicylzahnmittel sind nicht zu empfehlen. Das Glyzerin, das in manchen Zahn- und Mundmitteln enthalten ist, soll einen doppelten Zweck erfüllen. Dasselbe soll wohltuend auf das Zahnfleisch einwirken und soll als Geschmackskorrigenz für vorhandene bittere Stoffe dienen.
Zur Konservierung des Haares sind Einsalben und öftere Reinigung der Kopfhaut erforderlich. Zu ersterem Zweck dienen die Pomaden und Haaröle, zu letzterem die Haarwaschwässer. Zur Bereitung von Pomaden finden von Fetten hauptsächlich Schweinefett, Rindertalg und Rindermark, in geringerem Maße Kakaobutter, Kokosöl, Rizinusöl, Mandelöl, Walrat und Wachs Verwendung, wozu in neuerer Zeit noch das Vaselin gekommen ist; zur Herstellung von Haarölen dienen fette Oele, namentlich Olivenöl und Mandelöl, aber auch Mohnöl, Rüböl, Erdnußöl und Sesamöl. Die verwendeten Fette und fetten Oele dürfen vor allem nicht ranzig sein. Von den oben angegebenen Oelen ist Mohnöl, ein trocknendes Oel, als durchaus ungeeignet zu bezeichnen. Auch gereinigtes Rüböl ist nicht zu empfehlen, da es leicht das Haar verschmiert. Manche Fette erfreuen sich als Haarpomaden eines besonderen Rufes; man schreibt ihnen die Fähigkeit zu, die Kopfhaut zu stärken. Dies gilt besonders vom Rindermark und vom Kammfett, wie man es im Altertum vom Knochenmark des Hirsches (cervae medullae) und dem Bärenfett glaubte. Des letzteren soll sich Kleopatra bedient haben, und noch heute glaubt es manche Dame als Pomade à la graisse d'ours zu verwenden. Gut gereinigtes Schweinefett dürfte dieselben Dienste leisten wie die genannten Fette.
Die Schönheitsmittel lassen sich in zwei Klassen einteilen, in Mittel, die zur Hautpflege dienen, und in Mittel, welche Mängel in der Haut verdecken oder sie in anderer Farbe als der natürlichen erscheinen lassen fallen. Das Hauptmittel für die Hautpflege ist die Toiletteseife, die bereits früher behandelt ist. Als sonstige Mittel kommen in Betracht Toiletteessige, Waschwasser, parfümierte Mehle, Pasten und Hautpomaden, sowie die Mittel, welche der ars fucatrix dienen, die Schminken.
Die parfümierten Essige dienen, in das Waschwasser geschüttet, zur Erfrischung, auch benützt man sie als Räuchermittel, indem man sie in einer Schale, mit Wasser gerutscht, im Zimmer aufstellt. Die Waschwasser sind meist milchartige Flüssigkeiten, Emulsionen. Sie entstehen dadurch, daß Harze oder Balsame im Wasser sein zerteilt werden; namentlich dienen Benzoe und Myrrhe zu diesem Zweck. Von letzterer glaubte man früher, daß allabendlich nach dem Waschen mit ihr vorgenommene Räucherungen die Bildung von Runzeln im Gesicht verhüte. Die Emulsionen wendet man in der Weise an, daß man ein bis zwei Eßlöffel voll zum Waschwasser gibt. Als Zusatz zum Waschwasser dient auch vielfach parfümiertes Glyzerin. Die parfümierten Mehle werden öfter an Stelle von Seife zum Waschen genommen; häufig wird auch die Haut nach dem Waschen oder Rasieren damit bestreut, damit sie nicht rauh wird oder aufspringt. Die Pasten werden aufgetragen, um die Haut zarter zu machen. Die Haut- und Lippenpomaden haben den Zweck, der Haut Glanz zu[591] verleihen und sie vor Sprüngen zu bewahren. Die bekannteste Hautpomade ist der Cold Cream. Neuerdings findet auch das Lanolin zu Hautpomaden ausgedehntere Verwendung.
Literatur: Deite, Handbuch der Parfümerie- und Toiletteseifenfabrikation, Berlin 1891. Mann, Die moderne Parfümerie, 2. Aufl., Augsburg 1909.
Deite.
Lueger-1904: Parfümerie [1]
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