Areopāg

[736] Areopāg (griech. Areios pagos, »Areshügel«), Hügel bei Athen, in der Nähe der Akropolis, den Propyläen gegenüber; hier war der Sitz der Erinnyen und des berühmten, uralten gleichnamigen Blutgerichtes, dessen Ursprung bis in die mythische Zeit zurückgeführt wurde. Er bestand (schon vor Drakon) aus den gewesenen Archonten, die ihr Amt tadellos verwaltet hatten, also den ehrenhaftesten, reichsten und angesehensten Männern Athens. Auf der Höhe seines Einflusses wachte der A. über die Ausübung der Gesetze durch die Behörden, konnte die Beamten wegen ihrer Amtshandlungen vor Gericht ziehen und gegen alle Beschlüsse des Rates und der Volksversammlung, wenn er in ihnen eine Verletzung der Verfassung oder eine Gefahr für das Gemeinwesen erblickte, Einsprache erheben. Er schirmte den heiligen Dienst der Götter, führte Aussicht über die religiöse Gesinnung, den sittlichen Wandel und die Lebensweise der Bürger und über die Erziehung der Jugend. Ohne eine Anklage abzuwarten, durfte der A. alle Bürger vor Gericht laden, vernehmen und strafen. Die Würde der Mitglieder war lebenslänglich, ihre Zahl unbestimmt. So war der A., unabhängig von den Schwankungen der öffentlichen Meinung und umgeben von den heiligsten Erinnerungen der Vorzeit, eine vortreffliche Staatseinrichtung, welche die Entwickelung des Gemeinwesens in konservativem Sinne mäßigte. Eben darum richteten sich aber auch alle Bestrebungen der demokratischen Partei auf die Beschränkung der Macht des Areopags. Schon Drakon war in dieser Richtung tätig, endlich verlor er durch das Gesetz des Ephialtes 460 alle Befugnisse mit Ausnahme des Blutbannes (die Oberaufsicht über die Staatsverwaltung wurde den Nomophylakes übertragen). Eine Reaktion trat nach dem Peloponnesischen Krieg ein; der A. wurde in einen Teil seiner alten Befugnisse wieder eingesetzt, namentlich mit der Aussicht über die Beobachtung der Gesetze durch die Behörden von neuem beauftragt und gewann sogar mit dem Sinken der äußern Macht Athens an Einfluß. Aus Apostelgeschichte 17,19 u. 22 erhellt, daß er unter Claudius noch existierte; wahrscheinlich wurde er unter Vespasian aufgehoben. Vgl. P. W. Forchhammer, De Areopago etc. (Kiel 1828); Philippi, Der A. und die Epheten (Leipz. 1874); Lange, Die Epheten u. der A. vor Solon (das. 1874).[736]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 736-737.
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