Buschmänner

[651] Buschmänner, Volk im südwestlichen Afrika (s. Tafel »Afrikanische Völker II«, Fig. 10 u. 11), wahrscheinlich die Urbewohner des Landes, die sich selbst Saan (Sân) oder Sagua (Singular Maskulinum Sap, Femininum Sas), die »Seßhaften« nennen, bei den Kaffern aber Aba- tua, bei den Basuto Baroa (»Bogenmänner«), bei den Betschuanen Makautu heißen. Der Name B. (Bosjemans, »Waldmenschen«) ward ihnen von den holländischen Kolonisten gegeben. Die Wohnsitze dieses zwischen Hottentotten und Betschuanen inselartig eingesprengten Volkes erstrecken sich vom Atlantischen Ozean bis 23.° östl. L. und vom 20.–30.° südl. Br. Doch wohnen sie überall nur hordenweise in den ödesten Landstrichen, fast in beständiger feindlicher Berührung mit ihren Nachbarn, von denen sie gehetzt und vernichtet werden. Sie sind hager, klein (bis 114 cm groß) und häßlich, sonst aber körperlich wohlgebildet, äußerst gewandt und der unglaublichsten Anstrengung fähig.[651] Ihre Farbe wechselt zwischen Hellgelb und Dunkelbraun. Das kurze Wollhaar ist schwarz. Sie sind träge, roh, grausam, rauf- und raubsüchtig; doch zeichnen sich die Frauen durch Keuschheit aus, und die nördlichen Stämme stehen weit über den südlichen. Sie gehen ganz nackt, tragen nur auf dem Rücken ein kleines Fell, leben in Höhlen, Felsspalten, ausgehöhlten Ameisenhaufen oder in zerbrechlichen Hütten aus Matten und bauen höchstens etwas wilden Hanf zum Rauchen. Sonst sind ihnen Ackerbau wie Viehzucht fremd. In der Not nähren sie sich von Ameiseneiern, Heuschrecken, wildem Honig und Zwiebeln. Witde Tiere fangen sie in Gruben, durch giftiges Wasser etc. Bei ihren Raubanfällen bedienen sie sich fast ausschließlich der Bogen und vergifteter, schnell tötender Pfeile. Früher waren sie der Schrecken der Grenzbezirke und noch in neuerer Zeit von Kolonisten wie Hottentotten gefürchtet. Alle Bemühungen, die B. zu zivilisieren, sind an ihrem Freiheitstriebe gescheitert. Nur jung gefangen, sind einzelne treue und nützliche Hirten geworden und haben sich für gute Behandlung dankbar gezeigt. Sie haben eine unbestimmte Vorstellung von einem höchsten Wesen und eine noch unbestimmtere von Mein und Dein. S. auch Tafel »Geräte der Naturvölker I«, Fig. 5, und »Kunst der Naturvölker 11«, Fig. 13 u. 14. Die Sprache der B. zerfällt in mehrere untereinander sehr stark differierende Dialekte (Baroa, Khuai u. a.) und stellt einen der sogen. niedrigen Sprachtypen dar. Zahlwörter gibt es nur für eins bis drei. An grammatischen Formen scheinen fast nur Bezeichnungen des Genitivs und der Mehrzahl vorhanden zu sein, welch letztere durch Wiederholung des Wortes ausgedrückt wird. Am bezeichnendsten sind die Schnalzlaute, die fast in jedem Wort vorkommen. Man unterscheidet sechs Arten derselben; sie scheinen im Buschmännischen heimisch und erst von da aus in das Hottentottische eingedrungen zu sein. Durch Bleeks Forschungen (s. Bleek 2) ist nebst der Sprache auch die merkwürdige Mythologie und Tierfabel der B. näher bekannt geworden (vgl. auch F. Müller, Grundriß der Sprachwissenschaft, 4. Bd., Wien 1888). Bei Beginn der Kapansiedelung fanden sich die B. südlich bis zu Ribeckskastel unter dem Namen Sonqua, und die seltsamen Zeichnungen an den Wänden in ihren Höhlen findet man in fast jedem Teil der Kolonie. Gegenwärtig hat sich ihre Zahl infolge der Vernichtungskriege der Kolonisten gegen sie sehr verringert, und die fortschreitende Kultur in Südafrika arbeitet emsig an ihrem gänzlichen Untergang. – Über die B. Australiens s. Buschmann.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 651-652.
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