Eger [2]

[388] Eger, Stadt im nordwestlichen Böhmen, 448 m ü. M., auf einer Anhöhe am Fuße des Fichtelgebirges, an der Eger und an den Linien Wien-Gmünd-E. der österreichischen Staatsbahnen, Prag-Komotau-E. der Buschtěhrader Bahn, E.-Hof, E.-Wiesau und E.-Markt Redwitz-Nürnberg der bayrischen, dann E.-Plauen der sächsischen Staatsbahnen gelegen, hat eine Dechanteikirche (St. Nikolaus) im Übergangsstil mit zwei Türmen, mehrere andre Kirchen, darunter eine evangelische, eine Kommende des Kreuzherrenordens und Klöster der Dominikaner (von 1296) und Franziskaner (von 1256), Reste der alten kaiserlichen Burg, darunter die schöne, unten romanische, oben frühgotische Doppelkapelle, der »schwarze Turm« und der Rittersaal, in dem 1634 Wallensteins Gefährten niedergemacht wurden, ein Stadthaus (von 1603) mit Museum (Erinnerungen an den hier ermordeten Wallenstein u.a. enthaltend), ein neues Stadttheater, Denkmäler Josephs II. und Schillers, einen Zentralbahnhof und zahlt (1900) mit der Garnison (1069 Mann) 23,582 deutsche Einwohner. Die Industrie ist vertreten in Fabriken für Maschinen und Eisengußwaren, Heizanlagen, Staniolkapseln, chemische Produkte, Wollwaren, Teppiche, Wirkwaren, Vigognespinnerei, ferner Bierbrauereien etc. Die Stadt treibt auch regen Handel und hat eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank sowie eine Sparkasse. E. ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Kreisgerichts, einer Finanzbezirksdirektion, eines Hauptzollamts, einer Handels- und Gewerbekammer und hat ein Obergymnasium, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, Ackerbauschule, ein Kranken- und ein Waisenhaus.

Wappen von Eger.
Wappen von Eger.

Die Umgebung von E. bildet das fruchtbare Egerland, dessen deutsche Bewohner sich durch Lebensweise, Sprache, Tracht und Sitten von ihren Nachbarn unterscheiden. Nördlich von E. erhebt sich der Kammerbühl (497 m), ein erloschener Vulkan, und 5 km nördlich liegt Franzensbad (s. d.). – E. findet sich zuerst erwähnt in einer Urkunde König Heinrichs IV. vom 12. Febr. 1061. In der ersten Hälfte des 12. Jahrh. errichtete daselbst der Vohburger Diepold III., Markgraf des Nordgaues, eine Burg. Durch die Heirat Kaiser Friedrichs Barbarossa mit Adelheid von Vohburg kam E. unter die unmittelbare Herrschaft des Kaisers und ward eine kaiserliche Stadt. Das umliegende Gebiet bildete ein eignes Territorium, das sogen. Egerland, terra Egrensis. Nach dem Untergange der Staufer kam E. in den Besitz des Böhmenkönigs Ottokar II., 1279 kehrte sie jedoch wieder unter die Herrschaft des Reiches und König Rudolfs zurück, der am 7. Juni ihr wichtiges Stadtrecht bestätigte. Nachdem sie schon König Adolf vorübergehend und nachmals Ludwig der Bayer 1322 an Böhmen verpfändet hatten, blieb sie fortan böhmisch. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde E. 1621 und nochmals 1647 von den Schweden genommen, 25. Febr. 1634 auf dem dortigen Stadthaus Wallenstein ermordet. Im Österreichischen Erbfolgekrieg wurde die Stadt 19. April 1742 von den Franzosen unter Moritz von Sachsen erobert, aber schon 1743 wieder an die Österreicher übergeben. 1809 wurden die Festungswerke geschleift. Vgl. Drivok, Ältere Geschichte der deutschen Reichsstadt E. (Leipz. 1874); Grueber, Die Kaiserburg zu E. (Prag 1864); Kürschner, E. und Böhmen (Wien 1870); »Die Chroniken der Stadt E.« (hrsg. von Gradl, Prag 1884); Gradl, Geschichte des Egerlandes (bis 1437, das. 1893) u. Die Reformation im Egerlande (Eger 1893); K. Siegl, Die Kataloge des Egerer Stadtarchivs (das. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 388.
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