Essigsaures Natron

[123] Essigsaures Natron (Natriumacetat, Terra foliata tartari cristallisata) NaC2H3O2 wird aus kohlensaurem Natron und Essigsäure, in der Technik aus Holzessig dargestellt. Beim Verdampfen der Lösung scheiden sich teerartige Substanzen ab, das aus destilliertem Holzessig gewonnene rohe Salz wird umkristallisiert, entwässert und geschmolzen, um die empyreumatischen Stoffe vollständig zu zerstören, dann in Wasser gelöst, wenn nötig, über Knochenkohle filtriert und abermals zur Kristallisation gebracht. Man zersetzt auch eine Lösung von holzessigsaurem Kalk[123] mit schwefelsaurem oder kohlensaurem Natron, zieht die Lösung des gebildeten essigsauren Natrons von dem ausgeschiedenen schwefelsauren, resp. kohlensauren Kalk ab, verdampft sie und reinigt das Salz wie angegeben. Das Salz bildet farblose Kristalle mit 3 Molekülen Wasser, spez. Gew. 1,45, entwässert 1,528, schmeckt kühlend salzig, verwittert wenig an der Luft, löst sich in 3,9 Teilen Wasser von 6°, in 1,7 Teilen Wasser von 48° und in 0,5 Teilen Wasser von 100°, in 23 Teilen kaltem und in 1 Teil siedendem Weingeist, schmilzt bei 58°, verliert sein Kristallwasser und erstarrt und schmilzt dann bei 319° zum zweitenmal. Es erträgt hohe Temperaturen, wird aber beim Glühen unter Entwickelung von Acetongeruch zersetzt. Das entwässerte Salz ist sehr hygroskopisch. Mit Essigsäure bildet es saure Salze. E. N. dient zur Darstellung von Essigsäure, Essigäther, Anilinblau, in der Photographie und als Arzneimittel. Auch wurde es zur Konservierung des Fleisches und zur Füllung von Wärmflaschen etc. empfohlen. Hierbei gewährt es den Vorteil, daß es, auf 100° erhitzt, allmählich auf 58° abkühlt und dann lange bei dieser Temperatur verharrt, bis es unter Entweichung der Schmelzwärme erstarrt ist. Wärmflaschen, mit essigsaurem Natron gefüllt, bleiben daher viel länger warm als bei Füllung mit Wasser.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 123-124.
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