Guerrázzi

[498] Guerrázzi (spr. gwe-), Francesco Domenico, ital. Politiker und Schriftsteller, geb. 12. Aug. 1804 in Livorno, gest. daselbst 23. Sept. 1873, studierte die Rechte in Pisa und lebte dann als Sachwalter in Livorno, ein Freund Mazzinis. 1827 erschien zu Livorno sein kraftgenialischer Roman »La battaglia di Benevento«, sein bestes Werk. 1830 und 1834 nach Elba verbannt, schrieb er dort den Roman »L'assedio di Firenze« (unter dem Pseudonym Anselmo Gualandi, Par. 1836, 5 Bde.; deutsch, Stuttg. 1850). Seit der Thronbesteigung Pius' IX. wuchs sein politischer Einfluß in Toskana. Er gab zu Florenz ein republikanisches Blatt: »L'Inflessibile«, heraus, wurde Deputierter und 1848 Minister des Innern. Nach der Flucht des Großherzogs widersetzte er sich der Proklamation der Republik und dem Anschluß Toskanas an die römische Republik Mazzinis. Nach der Niederlage der Italiener bei Novara zum Diktator erhoben, suchte er einen Ausgleich mit dem geflüchteten Großherzog unter Aufrechterhaltung der Verfassung anzubahnen. Nach der Gegenrevolution (12. April 1849) wurde G. in das Staatsgefängnis zu Volterra gebracht. Hier schrieb er die »Apologia della vita politica di G.« (Flor. 1851). Nach dreijähriger Hast zu lebenslänglicher Verbannung begnadigt, lebte er auf Korsika und seit 1855 in Savona und Genua, bis die politischen Verhältnisse 1859 ihm die Rückkehr in seine Vaterstadt gestatteten. Er vermochte sich indessen mit der neuen Ordnung der Dinge nicht zu befreunden und verbrachte den Rest seiner Tage meist auf seinem Landhaus Cinquantina in der Nähe von Cècina. Von Guerrazzis Schriften sind weiter hervorzuheben: »Orazioni funebri d'illustri Italiani« (1835; 8. Aufl., Palermo 1861); ein historisches Drama: »I Bianchi ed i Neri« (Flor. 1847); die historischen Erzählungen: »Veronica Cybo, duchessa di San Giuliano« (Livorno 1837), »Isabella Orsini« (das. 1844), »Beatrice Cenci« (Flor. 1854, 2 Bde.; deutsch, Hamb. 1858), »Pasquale Sottocorno« (Turin 1857), »La torre di Nonza« (1857), »Pasquale Paoli« (Mail. 1860), die anziehende Erzählung »Il buco nel muro« (das. 1862), »Paolo Peliccioni« (das. 1864) u. a. Ein merkwürdiges Buch von G. ist: »L'asino, un sogno« (1857; 6. Aufl., Mail. 1863), worin die Literatur über den Esel zu einer großartigen Satire verarbeitet ist. Noch sind seine »Memorie« (Livorno 1848) und »Vita di Andrea Doria« (Mail. 1863, 3. Aufl. 1874) zu erwähnen. Aus seinem Nachlaß gab Guerrini den Roman »Il secolo che muore« (Rom 1885, 4 Bde.) heraus. Origineller, von Schwulst nicht freier Stil, rege, zu Ungeheuerlichkeiten geneigte Phantasie kennzeichnen G. namentlich als Romanschriftsteller, dem jedoch die ungewöhnliche Begabung nur als Mittel galt, freiheitlichen und nationalen Gedanken einen packenden Ausdruck für die Massen zu geben. Seine Briefe sammelten Carducci (Livorno 1880–82, 2 Bde.) und Martini (Turin 1891, Bd. 1), die »Note autobiografiche e poema« gab Guastalla heraus (Flor. 1899). Vgl. Bosio, G. e le sue opere (Livorno 1865); Fenini, F. D. G. (Mail. 1874); Vismara, Bibliografia di F. D. G. (das. 1880); Guastalla, La vita e le opere di F. D. G. 1804–1835 (Rocca S. Casciano 1903, Bd. 1).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 498.
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