Khevenhüller

[875] Khevenhüller (Khevenhiller), österreich. Adelsgeschlecht, das der Familientradition nach im 11. Jahrh. aus Khevenhüll (bei Beilugries in der Oberpfalz) in Kärnten einwanderte, aber erst seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. urkundlich nachweisbar ist. Johanns (V., gest. 1486) Sohn Augustin (gest. 1519) hinterließ sechs Söhne, von denen Christoph Stifter der ältern Frankenburger, Siegmund der der ältern Hochosterwitzer Linie wurden, so benannt nach den Hauptherrschaften: Frankenburg in Österreich, Hochosterwitz in Kärnten. Die jüngere Frankenburger Linie knüpft sich an Christophs Urenkel Franz Christoph (s. unten), die jüngere, jetzt fürstliche, Hochosterwitzer Linie an Johann Joseph (gest. 1776), der als Gemahl der Erbtochter des Grafen von Metsch den Namen K.-Metsch annahm und 1763 die Reichsfürstenwürde erhielt. Sie blieb die überlebende, während die Frankenburger 1817 mit Graf Hugo Anton erlosch. Jetziges Haupt ist Fürst Karl von K.-Metsch (geb. 19. Dez. 1839), erbliches Mitglied des Herrenhauses. Vgl. Czerwenka, Die K. (Wien 1867). Die bedeutendsten Vertreter der Frankenburger Linie sind:

1) Bartlmä (Bartholomäus), geb. 22. Aug. 1539 in Villach, gest. 16. Aug. 1613, zweiter Sohn aus der ersten Ehe Christophs mit Elise von Mansdorf. Er machte große Reisen nach Frankreich, Spanien, Italien und Palästina, über die er sorgfältiges Tagebuch führte. Auch an einem Feldzuge gegen die Türken nahm er teil und kehrte erst 1565 zurück, um der Verwaltung seiner Güter zu leben. Aus drei mit zahlreicher Nachkommenschaft gesegneten Ehen überlebten ihn nur drei Söhne, Franz Christoph, Hanns und Bernhard. Ein eifriger, aber streng loyaler Protestant, zeitweilig der Führer der Kärntner Evangelischen, hinterließ er eine »Ermahnung« an seinen Sohn, ein interessantes Denkmal rechtschaffener und kluger Denkungsart.

2) Franz Christoph, der dritte Sohn des vorigen, geb. 21. Febr. 1588 in Klagenfurt, gest. 13. Juni 1650 in Baden bei Wien, begann, 1613 mit Barbara E. v. Teuffel vermählt, seine politische Laufbahn 1616 als Botschafter am spanischen Hofe, kam 1631 mit der spanischen Braut des Thronfolgers nach Österreich, wurde Obersthofmeister der Kaiserin und[875] mit allerhand neuen diplomatischen Sendungen betraut. Auch das Generalat der windisch-kroatischen Grenze bekleidete er vier Jahre hindurch. Daneben verfaßte er die »Annales Ferdinandei« (gedruckt, aber nur bis 1622 reichend, Regensb. u. Wien 1640 bis 1646, 9 Bde. Fol.; vollständig Leipz. 1716–26, 12 Bde.), die Geschichte Ferdinands II. von seiner Geburt bis zu dessen Tode (1578–1637), in deutscher Sprache. Eine im Manuskript vorhandene Selbstbiographie benutzte Stülz, Jugend- und Wanderjahre des Grafen Fr. Chr. v. K. (im »Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen«, 1850). Über ihn und den vorigen vgl. A. Wolf, Geschichtliche Bilder aus Österreich, Bd. 1 (Wien 1878).

3) Hanns, jüngerer Bruder des vorigen, geb. 30. Mai 1597 in Klagenfurt, gest. 4. Aug. 1632, erbte nach dem Tode seines Vaters Bartlmä die Kärntner Güter der Frankenburger Linie, ehelichte 1624 die Tochter Bartlmäs Freiherrn v. Dietrichstein und entschloß sich 1629 um des Glaubens willen auszuwandern. Er trat im Sommer 1631 in schwedische Dienste; überdies hatte er dem König Gustav Adolf mit bedeutenden Darlehen ausgeholfen.

4) Ludwig Andreas, Graf von, Enkel Franz Christophs, geb. 11. Nov. 1683, gest. 26. Jan. 1774, trat früh in österreichische Kriegsdienste, kämpfte unter Prinz Eugen bei Peterwardein 1716 und vor Belgrad. In Italien übernahm er 1734 nach dem Tode des Generals Mercy den Oberbefehl über die Armee. 1736 wurde er Feldmarschall, Geheimrat und kommandierender General in Slawonien. Im türkisch-russischen Krieg, in den Österreich als Verbündeter Rußlands verwickelt ward, führte K. 1737 die Kavallerie, und lieferte beim Rückmarsch hinter den Timok mit 4000 gegen 28,000 Mann das Gefecht bei Radojavacz. Im Österreichischen Erbfolgekrieg setzte er 1741 Wien in Verteidigungszustand, eroberte im Winter 1741/42 Linz und Passau, säuberte ganz Österreich vom Feinde und drang in zwei Kolonnen in Bayern ein. Mit gleichem Glücke kämpfte er gegen Maillebois, besetzte Bayern, das er 1742 hatte räumen müssen, im nächsten Jahre aufs neue und schloß 27. Juni den Vertrag von Niederschönfeld, wodurch Österreich die Besetzung Bayerns gesichert ward. Noch in demselben Jahre drang er durch Schwaben an den Rhein zur Armee Karls von Lothringen vor. Der Übergang über diesen Fluß mißglückte jedoch, und damit schloß die militärische Laufbahn Khevenhüllers. Er schrieb: »Reglement und Ordnung der kaiserlichen Infanterie« (Wien 1737) und »Kurzer Begriff aller militärischen Operationen« (das. 1756). Seine interessanten tagebuchartigen Aufzeichnungen aus der Zeit von 1752–67 wurden auszugsweise bearbeitet von A. Wolf u. d. T.: »Aus dem Hofleben Maria Theresias« (2. Aufl., Wien 1859). Vgl. Graf Thürheim, Feldmarschall Ludwig Andreas, Graf von K.-Frankenburg (Wien 1878).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 875-876.
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