Miterbe

[910] Miterbe, Personen, die nebeneinander Erben geworden sind (s. Erbe). In einem solchen Fall erwerben die einzelnen Erben nicht ein ihrer Verfügung unterliegendes Recht an den einzelnen Nachlaßgegenständen, sondern nur an dem ihrer Erbquote entsprechenden Anteile des gesamten Nachlasses, da der Nachlaß ihr gemeinschaftliches Eigentum wird und eine Gemeinschaft zur gesamten Hand (vgl. Eigentum, S. 444,2. Spalte) entsteht. Vor der Teilung kann daher kein M. über seinen Anteil an den einzelnen Nachlaßgegenständen verfügen, wohl aber über seinen Anteil an dem Nachlaß im ganzen, sei es, daß er ihn verkauft oder verpfändet etc. Ein derartiger Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Den übrigen Miterben steht in diesem Fall ein Vorkaufsrecht (s. Kauf, S. 765) zu. Die Verwaltung des Nachlasses steht den Miterben gemeinschaftlich zu, sie können auch nur gemeinschaftlich über ihn verfügen. Die Teilung der Früchte des Nachlasses, unmittelbarer und mittelbarer Früchte (s. d.), erfolgt bei Auseinandersetzung. Ist diese länger als ein Jahr ausgeschlossen, so kann jeder M. am Schlusse des Jahres Teilung des Reinertrages verlangen. Für die Nachlaßschulden haften im allgemeinen die Miterben gemeinschaftlich als Gesamtschuldner, der Gläubiger kann also jeden Erben auf die ganze Schuld einklagen, und dieser kann dann von seinen Miterben den auf sie treffenden Teil verlangen (vgl. auch Erbrecht, S. 895, 1. Spalte). Für Nachlaßforderungen, d. h. für Forderungen, die der Nachlaß gegen einen Dritten hat, kann die Leistung nur an alle Erben gemeinschaftlich erfolgen, und jeder M. kann nur die Leistung an alle Erben fordern, bez. Hinterlegung für alle Erben verlangen. Ist ein M. Schuldner des Nachlasses, so kann er auf Zahlung vor Teilung des Nachlasses nur dann verklagt werden, wenn eine solche zur Deckung der Nachlaßverbindlichkeiten erforderlich oder durch sonst ein gerechtfertigtes Interesse der Miterben geboten ist. Beendigt wird dies Verhältnis (Erbengemeinschaft) durch die von jedem Miterben jederzeit verlangbare, nur auf Wunsch eines Erben vom Gericht vorzunehmende Auseinandersetzung. Diese kann zwar vertraglich ausgeschlossen werden, nichtsdestoweniger kann sie aber auch dann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, beim Tod eines Miterben, gefordert werden. Hat der Erblasser die Auseinandersetzung letztwillig untersagt, so hat die Erbengemeinschaft 30 Jahre zu dauern, es sei denn, daß der Erblasser ihre Dauer bis zum Ableben des Letztlebenden bestimmt, oder daß die Erben einig sind, die Auseinandersetzung trotzdem vorzunehmen. Ist infolge bevorstehender Geburt noch ein M. zu erwarten, so hat bis zu dessen Geburt die Auseinandersetzung zu unterbleiben. Bevor sämtliche Nachlaßgläubiger festgestellt sind, was im Wege des Aufgebotsverfahrens (s. d.) geschehen kann oder durch eine im Deutschen Reichsanzeiger und in dem für die Bekanntmachungen des betreffenden Nachlaßgerichtes bestimmten Blatt zu veröffentlichende Bekanntmachung eines Erben, binnen 6 Monaten bei ihm oder dem Nachlaßgericht etwaige Forderungen anzumelden, kann jeder M. die Aufschiebung den Auseinandersetzung verlangen. Aus dem Nachlaß sind zunächst die Nachlaßverbindlichkeiten zu begleichen, der Überschuß wird unter den Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile verteilt. Schriftstücke, die sich auf die persönlichen Verhältnisse des Erblassers, auf dessen Familie oder auf den ganzen Nachlaß beziehen (Stammbäume, Familienbriefe etc.), müssen gemeinschaftlich verwaltet werden, falls die Miterben sich nicht untereinander über ihre Verteilung etc. einigen. Über die Ausgleichungspflicht zwischen Abkömmlingen des Erblassers s. Ausgleichung. Vgl. auch Anwachsungsrecht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 910.
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