[499] Patentanwalt, eine Person, die andre in Angelegenheiten, die zum Geschäftskreis des Patentamtes gehören, vor diesem für eigne Rechnung berufsmäßig vertritt. Bis zur Erlassung des Reichsgesetzes, betreffend die Patentanwälte vom 21. Mai 1900, wurde die Vertretung von Erfindern vor dem Patentamt teils durch Rechtsanwälte, teils durch sogen. Patentagenten oder Patentanwälte besorgt. Eine Reihe von Mißständen, die sich bei der Vertretung durch die Patentagenten, Personen, die keinen Nachweis einer bestimmten Vorbildung liefern mußten, ergeben haben, riefen beim Publikum wie auch unter den Patentagenten allmählich eine lebhafte Bewegung zur gesetzlichen Regelung dieses Standes hervor. England hatte bereits 1891, Portugal 1895, die Vereinigten Staaten von Amerika 1898, Ungarn 1895, Österreich 1898 und Japan 1899 die Ausübung der Patentanwaltschaft eingehend gesetzlich geregelt, die Schweiz 1896 wenigstens Schutzvorschriften gegen unfähige Patentagenten erlassen. Unter Benutzung der in diesen Ländern gemachten Erfahrungen wurden zwei Entwürfe ausgearbeitet, die 1899 dem Bundesrat, bez. dem Reichstag vorgelegt wurden, und 22. und 23. März 1900 fand die zweite und dritte Lesung des Entwurfs im Reichstag und seine Annahme statt, der alsbald auch die Zustimmung des Bundesrates folgte. In Kraft trat das aus 22 Paragraphen bestehende Gesetz 1. Okt. 1900. P. darf sich nunmehr nur der nennen, der in eine bei dem Patentamt geführte Liste als zur Patentanwaltschaft zugelassene Person eingetragen ist. Voraussetzung dieser Eintragung sind: 1) Wohnung im Inlande, 2) Vollendung des 25. Lebensjahres, 3) Nachweis der erforderlichen technischen Befähigung und der notwendigen Rechtskenntnisse. Die technische Befähigung wird erbracht durch den Nachweis des Studiums naturwissenschaftlicher und technischer Fächer[499] an einer in- oder ausländischen Hochschule, des Bestehens einer staatlichen oder akademischen Fachprüfung, der Beendigung einer einjährigen praktischen gewerblichen Tätigkeit und einer zweijährigen auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes. Die notwendigen Rechtskenntnisse werden durch eine juristische Prüfung erbracht, die vor einer aus Patentanwälten und Mitgliedern des Patentamtes bestehenden Kommission abzulegen ist. Nach Erfüllung dieser Bedingungen und falls der Bewerber nicht in der Verfügung über sein Vermögen durch gerichtliche Anordnung beschränkt ist oder sich eines unwürdigen Verhaltens schuldig gemacht hat, wird er durch den Präsidenten des Patentamtes mittels Handschlags auf die gewissenhafte Ausübung seines Berufs und auf ein würdiges Verhalten verpflichtet und in die Patentanwaltsliste eingetragen. Wer diesen Vorschriften entspricht, darf vom Präsidenten nicht vom Vertretungsgeschäft ausgeschlossen werden. Die Löschung eines Patentanwalts in der Liste erfolgt auf Anordnung des Präsidenten: 1) wenn der Eingetragene es beantragt, 2) wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat, 3) wenn er infolge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist, 4) wenn er ge storben. Auf Grund ehrengerichtlichen Verfahrens erfolgt die Löschung: 1) wenn der P. sich eines unwürdigen Verhaltens schuldig gemacht, 2) wenn er seine Berufstätigkeit nicht gewissenhaft ausgeübt hat. Das Ehrengericht besteht aus einem rechtskundigen Mitgliede des Patentamtes als Vorsitzenden, einem technischen Mitgliede des Patentamtes und drei Patentanwälten als Beisitzern. Gegen die schriftlich zu er lassende Entscheidung steht dem Beschuldigten innerhalb eines Monats das Rechtsmittel der Berufung an den Ehrengerichtshof zu, der sich aus zwei rechtskundigen und einem technischen Mitgliede des Patentamtes und vier Patentanwälten zusammensetzt. Neben der Löschung kann in leichtern Fällen der Pflichtverletzung auf Verweis oder auf Geldstrafe bis zu 3000 Mk., event. auf beides gleichzeitig erkannt werden. Um Härten gegenüber den Personen zu vermeiden, die das Vertretungsgeschäft schon bisher betrieben hatten, wurde bestimmt, daß ihnen entweder der Nachweis der technischen und juristischen Befähigung oder wenigstens der der technischen erlassen werden könne. Für Österreich sind durch die bereits erwähnte Ministerialverordnung vom 15. Sept. 1898, betreffend die berufsmäßige Vertretung von Parteien in Patentangelegenheiten durch Patentanwälte und autorisierte Privattechniker, die Verhältnisse ähnlich geregelt. Nur daß dort neben den Patent- und Rechtsanwälten wie in Deutschland auch noch die autorisierten Privattechniker (auf Grund einer besondern Prüfung von der Landesbehörde) und die Finanzprokurateure zur berufsmäßigen Vertretung von Parteien in Patentangelegenheiten, und zwar mit Ausschluß der nichttechnischen Angelegenheiten, berechtigt sind. Die Interessen der deutschen Patentanwälte finden ihre Vertretung in dem Verbande deutscher Patentanwälte, dessen Vorstand seit 1900 in Beil in die »Mitteilungen vom Verband deutscher Patentanwälte« herausgibt. Vgl. die Ausgaben zum Patentanwaltgesetz von Damme (Berl. 1900), Leander (das. 1900), Schmid (Leipz. 1900), Stephan (Berl. 1900).