Quarantäne

[495] Quarantäne (Kontumaz), zeitweise Beschränkung der persönlichen Freiheit und der Verfügung über das Eigentum, die Personen oder Sachen auferlegt wird, von denen man die Einschleppung ansteckender Krankheiten befürchtet. Gelegentliche Absperrungen gegen den Aussatz kommen bereits in den ältesten Zeiten vor; als ständige Einrichtung erscheint die Q. zuerst im 14. Jahrh. in italienischen Städten zur Abwehr der P. est; die Bezeichnung Q. stammt von den 40 Tagen (quaranta giorni), während der Venedig die ankommenden Schiffe bei Pestgefahr unter Sperre legte. Anfangs mit barbarischer Strenge durchgeführt, wurde die Handhabung der Q. im Laufe der Zeit durch Einführung zweckmäßiger Einrichtungen mehr und mehr gemildert, und nachdem schon im 16. Jahrh. eine starke Opposition sich geltend gemacht hatte, hob England 1720 zugunsten des Handels die Q. im eignen Land auf, während es sie in Gibraltar und auf Malta rigorös durchführte. Gegenwärtig sind die Ansichten über die Q. durchaus geteilt und eine einheitliche Regelung ist bisher nicht erreicht worden. Landquarantänen, zu deren Durchführung die Grenze eines Landes militärisch abgesperrt und nur an bestimmten Punkten mit Quarantäneeinrichtungen der Übertritt in das zu schützende Land gestattet wurde, haben sich allgemein als wirkungslos erwiesen, weil die Infektionskrankheiten auch durch Reiseeffekten oder Stoffe verschleppt werden. Bei Schiffen lassen sich Quarantänemaßregeln (Seequarantäne) besser durchführen, ob sie aber beizubehalten sind, erscheint zweifelhaft (vgl. Revisionssysteme). Zur Verhütung einer Einschleppung von Viehseuchen auf dem Seewege sind Seequarantäneanstalten errichtet worden. in denen Wiederkäuer und Schweine einer Q. von 4 Wochen, bez. 10 Tagen unterworfen, Rinder auch mit Tuberkulin geimpft werden, um eine Behaftung mit Tuberkulose zu erkennen. Solche Anstalten bestehen in Hamburg, Bremen, Lübeck, Altona, Kiel, Tönning, Flensburg, Apenrade. Vgl. v. Sigmund, Cholera, Pest und Gelbfieber vor den jüngsten internationalen Sanitätskonferenzen (Wien 1882); Uffelmann, Darstellung des auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege in außerdeutschen Ländern bis jetzt Geleisteten (Berl. 1878); »Zur Ätiologie der Infektionskrankheiten«, 15 Vorträge von Hartig. Soyka, Pettenkofer u. a. (Münch. 1881); Kobler. Die Quarantänefrage in der internationalen Sanitätsgesetzgebung (Wien 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 495.
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