Pettenkofer

[673] Pettenkofer, Max von, Hygieniker, geb. 3. Dez. 1818 in Lichtenheim bei Neuburg an der Donau, gest. 10. Febr. 1901 in München durch eigne Hand, studierte in München Pharmazie und Medizin, arbeitete[673] dann in den chemischen Laboratorien in München, Würzburg und Gießen, ward 1845 Assistent beim Hauptmünzamt in München, 1847 außerordentlicher Professor der medizinischen Chemie, 1850 Vorstand der Hofapotheke und 1853 ordentlicher Professor. Er arbeitete über die Galle (Pettenkofersche Gallenprobe) und den Harn, über die Affinierung des Goldes, die Verbreitung des Platins, die hydraulischen Kalke Englands und Deutschlands; 1848 lehrte er die Darstellung von Leuchtgas aus Holz, und bald darauf entdeckte er die Darstellung von Hämatinon und Aventuringlas. Auch erfand er ein neues Restaurationsverfahren für Ölgemälde. Grundlegend war seine Abhandlung über die regelmäßigen Abstände der Äquivalentzahlen der sogen. einfachen Radikale (1850; Neudruck in der unten angeführten Jubiläumsschrift). Mit seiner Arbeit über den Unterschied zwischen Ofen- und Luftheizung wandte er sich der Hygiene zu, für die er in der Folge außerordentlich viel geleistet hat. Er untersuchte die Ventilationsverhältnisse unsrer Wohnungen und die physikalischen Verhältnisse der Kleidung, und 1855 begann er seine Studien über die Cholera, ihre Verbreitung und ihre Beziehungen zum Boden und Grundwasser. Diese Untersuchungen gaben den Anstoß zu den umfangreichsten Ermittelungen zahlreicher Forscher, und in der Folge wurden sie auch auf den Typhus ausgedehnt. Mit Hilfe seines Respirationsapparats (»Über einen neuen Respirationsapparat«, Münch. 1861) begann er (mit Von) umfangreiche Arbeiten über Respiration und Ernährung der Tiere und des Menschen und trug durch sie wesentlich bei zur Förderung der Lehre vom Stoffwechsel. Auf seine Anregung wurden an den bayrischen Universitäten Lehrstühle für Hygiene errichtet und ihm selbst 1865 dieses Fach in München übertragen. Durch seine Arbeiten ist P. Begründer der experimentellen Hygiene geworden, die er selbst nach vielen Richtungen gefördert hat. 1873 war er Vorsitzender der vom Reichskanzler berufenen Cholerakommission. 1883 wurde ihm der erbliche Adel verliehen, 1889 wurde er Präsident der bayrischen Akademie der Wissenschaften, und 1894 trat er in den Ruhestand. Seit 1896 war er Generalkonservator der wissenschaftlichen Sammlungen des bayrischen Staates. Er schrieb: »Untersuchungen und Beobachtungen über die Verbreitungsart der Cholera« (Münch. 1855); »Hauptbericht über die Choleraepidemie von 1854 in Bayern« (das. 1857); »Über den Luftwechsel in Wohngebäuden« (das. 1858); »Die atmosphärische Luft in Wohngebäuden« (Braunschw. 1858); »Choleraregulativ« (mit Griesinger u. Wunderlich, 2. Aufl., Münch. 1867); »Über Ölfarbe und Konservierung der Gemäldegalerien« (2. Aufl., Braunschw. 1902); »Verbreitungsart der Cholera in Indien« (das. 1871); »Zur Ätiologie des Typhus« (Münch. 1872); »Beziehungen der Luft zur Kleidung, Wohnung und Boden« (4. Aufl., Braunschw. 1877); »Was man gegen die Cholera tun kann« (Münch. 1873); »Über Nahrungsmittel und über den Wert des Fleischextrakts« (2. Aufl., Braunschw. 1876); »Über den Wert der Gesundheit für eine Stadt« (3. Aufl., das. 1877); »Über den gegenwärtigen Stand der Cholerafrage« (Münch. 1873 u. 1887); »Künftige Prophylaxis gegen Cholera« (das. 1875); »Vorträge über Kanalisation und Abfuhr« (das. 1880); »Der Boden und sein Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen« (Berl. 1882). Ein großes Handbuch der Hygiene erschien unter seiner und Ziemssens Leitung (Leipz. 1882 ff.). Mit Buhl, Radlkofer und Von gab er seit 1865 die »Zeitschrift für Biologie« (bis 1882), mit Hofmann und Forster 1883–94 das »Archiv für Hygiene« heraus. Zum 70. Geburtstage Pettenkofers begründete eine Anzahl deutscher Städte eine Pettenkofer-Stiftung. Vgl. »Max v. P. als Chemiker«, Jubiläumsschrift (Berl. 1900); Rebner, Zum Andenken an Max v. P. (das. 1901); Erismann, Max v. P. (Leipz. 1901); Von, P. zum Gedächtnis (Münch. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 673-674.
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