[864] Rheinbund (Confédération du Rhin), der von Napoleon I. auf den Trümmern des Deutschen Reiches gegründete Staatenbund (s. die Geschichtskarte V bei »Deutschland«; über einen ältern R. s. Rheinischer Bund). Am 1. Aug. 1806 erklärten 16 deutsche Fürsten (die Könige von Bayern und Württemberg, der Kurfürst-Reichserzkanzler, der Kurfürst von Baden, der neue Herzog von Berg, der Landgraf von Hessen-Darmstadt, die Fürsten von Nassau-Usingen, Nassau-Weilburg, Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Salm-Salm und Salm-Kyrburg, der Herzog von Arenberg, die Fürsten von Isenburg-Birstein und von Liechtenstein und der Graf von und zu der Leyen) förmlich ihre Trennung vom Reich und begründeten durch die vom 12. Juli 1806 datierte, 17. Juli zu Paris unterzeichnete Rheinbundsakte vor Europa ihr Bündnis als »rheinische Bundesstaaten«. Durch die Rheinbundsakte erhielt der Kurfürst und Erzkanzler den Titel eines Fürsten-Primas; der Kurfürst von Baden, der Landgraf von Hessen-Darmstadt und der Herzog von Berg empfingen die großherzogliche Würde; Nassau-Usingen nahm den Titel eines Herzogs und der Graf von der Leyen den Rang eines Fürsten an. Zahlreiche fürstliche, reichsgräfliche und reichsritterschaftliche Familien sowie die Städte Frankfurt und Nürnberg wurden mediatisiert. Napoleon I. nannte sich den Protektor des Bundes. Alle Mitglieder, Frankreich mit inbegriffen, sollten einer für alle und alle für einen stehen. Zu diesem Zweck sollte Bayern 30,000 Mann, Württemberg 12,000, Baden 8000, Berg 5000, Hessen-Darmstadt 4000 und die übrigen Bundesfürsten zusammen 4000 Mann, Frankreich dagegen 200,000 Mann stellen. Der erste deutsche Fürst, der nach der Gründung aufgenommen wurde, war der Kurfürst von Würzburg, der den Titel »Großherzog« annahm und 30. Sept. 1806 beitrat; der Kurfürst von Sachsen wurde nach dem Posener Frieden 11. Dez. 1806 unter Annahme[864] des Königstitels Mitglied. Am 15. Dez. folgten die fünf sächsischen Herzoge und 18. April 1807 die Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen, die drei Herzoge von Anhalt, die Fürsten von Lippe-Detmold und Schaumburg-Lippe und die Fürsten von Reuß. Auch das Königreich Westfalen wurde 15. Nov. 1807 von Napoleon zum Rheinbundstaat erklärt, und 18. Febr. 1808 traten der Herzog von Mecklenburg-Strelitz, 21. März der Herzog von Mecklenburg-Schwerin und 14. Okt. 1808 der Herzog von Oldenburg bei. Während der höchsten Blüte des Napoleonischen Kaiserreichs (1811) an Länderbestand und Volkszahl enthielt der R.: 4 Königreiche, 5 Großherzogtümer, 11 Herzogtümer, 16 Fürstentümer, zusammen 325,752 qkm (5916 QM.) mit 14,608,877 Einw. und einem Kontingent von 119,180 Mann. Von den Staatsmännern und Publizisten der Rheinbundstaaten, aber auch von vielen aufrichtigen Patrioten wurde der R. als die Wiedergeburt Deutschlands, seine Verfassung als die Bürgschaft einer glücklichen und mächtigen Zukunft gepriesen, während der R. in Wirklichkeit ganz der Willkürherrschaft Napoleons preisgegeben war. Das Jahr 1813 machte dem R. ein Ende. Die Herzoge von Mecklenburg-Schwerin und von Mecklenburg-Strelitz sagten sich bereits los, als Preußen sich mit Rußland gegen Napoleon vereinigte. Der König von Sachsen und der Fürst-Primas, der Präsident des Bundes, blieben bis zuletzt getreu. Der König von Westfalen und der Großherzog von Berg gingen auf dem Wiener Kongreß ihrer Throne verlustig, Würzburg kam an Bayern, die Fürsten von Isenburg und von und zu der Leyen, der Herzog von Arenberg und die Fürsten von Salm wurden mediatisiert, die übrigen Mitglieder des Bundes als souverän anerkannt. Vgl. Lucchesini, Historische Entwickelung der Ursachen und Wirkungen des Rheinbundes (deutsch von Halem, Leipz. 18211825, 3 Bde.); Winkopp, Der Rheinische Bund (Zeitschrift, Frankf. 180713, 23 Bde.); Klüber, Staatsrecht des Rheinbundes (Tübing. 1808); Zachariä, Staatsrecht der Rheinischen Bundesstaaten (Heidelb. 1810); Servières, L'Allemagne française sous Napoléon I (Par. 1904); Bitterauf, Geschichte des Rheinbundes (Bd. 1, Münch. 1905).