Rösten [1]

[166] Rösten, technische Operation, bei der verschiedene Substanzen, namentlich Erze, auf eine Temperatur erhitzt werden, bei der sie noch nicht schmelzen, wohl aber in ihrer Struktur verändert (aufgelockert) und der Einwirkung des Sauerstoffs der Luft, des Wasserdampfes, fester Zuschläge etc. zugänglich werden. Diese Operation nennt man auch Glühen (Kalzinieren), während man unter R. im engern Sinne immer ein Glühen mit chemischer Veränderung der Substanz versteht. Rein mechanische Wirkung bezweckt man z. B. beim Mürbebrennen reiner Eisenglanze und Roteisensteine, beim R. des Magneteisensteins aber wird gleichzeitig dessen Eisenoxydul in Oxyd verwandelt. Braun-, Gelb- und Raseneisensteine werden beim R. durch Wasserverlust gelockert, aus Galmei und Spateisenstein wird die Kohlensäure ausgetrieben, und das Eisenoxydul des letztern wird in Oxyd verwandelt. Meist dient das R. als Vorbereitung schwefel-, arsen- und antimonhaltiger Erze für weitere Verarbeitung. Diese Erze liefern beim R. teils freie Metalloxyde, teils Schwefel-, Arsen- und Antimonsäuresalze, und wenn man letztere einem reduzierend verflüchtigenden R. unterwirft, so entweichen Schweflige, Arsenige, Antimonige Säure, und es bleiben Metalloxyde zurück, aus denen sich die Metalle leichter abscheiden lassen als aus den Schwefel-, Antimon- und Arsenverbindungen. Das chlorierend verflüchtigende R. unter Zusatz von Kochsalz (Chlornatrium) bezweckt die Bildung von Chlormetallen, die dann auf nassem Wege, z. B. durch Lösungen von unterschwefligsaurem Natron, Kochsalz, durch salzsäurehaltiges Wasser etc., aus dem Röstgut ausgezogen werden, wenn man letzteres nicht nach Verflüchtigung schädlicher Stoffe auf trockenem Wege weiter verarbeiten kann. Zum R. von Erzen in Bruchstücken dienen Haufen, Stadel oder Schachtöfen. Bei der Haufenröstung wird das Erz auf einer Unterlage von Brennmaterial in Lagen übereinander gestürzt und zwar die gröbsten Stücke nach[166] unten und immer kleinere nach oben hin. Dann steckt man das Brennmaterial von der Seite her oder durch einen zentralen Schacht in Brand und läßt es rasch wegbrennen. Hierbei entzünden sich die aus den untern Erzlagen entweichenden Schwefeldämpfe und erzeugen Wärme genug, um die Zersetzung allmählich durch den ganzen Haufen fortzupflanzen. Dabei entstehen aber große Verluste an Zeit und Wärme, das Produkt wird ungleichartig, und die aus dem Haufen entweichende Schweflige Säure verwüstet die Umgegend. Bei der Stadelröstung werden die auf Holz gebetteten Erze mit Mauern umgeben, in denen Zuglöcher angebracht sind, so daß man die Röstung mehr beherrscht und die Wärme in den einzelnen Stadeln besser ausnutzt. Viel vorteilhafter sind Röstschachtöfen, die bei großer Wärmeersparnis Benutzung der entweichenden Schwefligen Säure gestatten. Auch Flammöfen werden häufig zum R. benutzt, und wenn das Röstgut mit den Feuerungsgasen nicht in Berührung kommen soll, wendet man Muffelöfen an. Da es beim R. wesentlich auf Einwirkung der Luft ankommt, so empfiehlt sich, die Erze fleißig umzurühren. Dieser Aufwand an Handarbeit wird durch mechanische Röstöfen vermieden. Zu diesen gehören die Telleröfen, bei denen sich der kreisrunde Herd um eine vertikale Achse dreht und das Erz durch einen Rechen umgerührt und durch einen langsam sich hin und her bewegenden Pflug zerrieben wird. Andre mechanische Röstöfen besitzen rotierende Trommeln, wie z. B. der Brücknersche Röstofen. Eine sehr vollkommene Röstung für Schliche gestaltet der Gerstenhöfersche Ofen, in dem das Material in einem Schachte herabfällt und im Falle durch Tonbänke aufgehalten wird, sowie auch der Hasenclever-Helbigsche Ofen, in dem das Erz in einem schrägen Kanal herabrutscht, unter dessen Sohle die Feuerungsgase abziehen. Näheres s. Tafel »Metallurgische Öfen« beim Artikel »Ofen«. – Über das R. des Flachses s. d., S. 648.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 166-167.
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