Constanz [2]

[398] Constanz (Kostnitz), 1) ehemaliges Bisthum von 22 QM., 55,000 Ew. u. 484 Pfarreien. Das Bisthum, früher zu Windisch, wurde unter König Dagobert von Franken hierher verlegt. Der Bischof war Reichsstand, wohnte bald in der Vorstadt von C., Petershausen, bald in Mörsburg. Das Bisthum ward 1802 als Fürstenthum an Baden gegeben u. 1810 zum Seekreise geschlagen. Der schweizerische Theil des Bisthums kam gegen Entschädigung an die Schweiz. Wappen: ein silbernes Kreuz im rothen Felde; 2) Amtsbezirk des badischen Seekreises, wozu im Untersee die Inseln Reichenau u. Mainau gehören, 31/2 QM., 14,300 Ew.; 3) Hauptstadt des Bezirks u. des Seekreises, am linken Ufer des Rheins, wo er aus dem Boden- in den Untersee fließt; hat 3 Vorstädte, von denen Petershausen (s.d.) auf der rechten Seite des Rheins liegt u. mit der Stadt durch eine Brücke verbunden ist; Kreuzlingen, die andere, ist von der Stadt durch einen Graben getrennt, u. Paradies, die dritte, ist für C. Obst- u. Gemüsegarten. Die Stadt ist durch hohe, alte Wälle befestigt u. hat daher ein alterthümliches Aussehen; sie ist Sitz der Kreisregierung u. eines Bischofs, hat 5 Kirchen, worunter zu nennen sind die St. Stephanskirche u. der Dom mit prächtigem Hochaltar, schönen Gemälden u. Mosaiks; Franciscanerkloster mit dem Thurm, worin Huß gefangen saß; das Kaufhaus, 1388 erbaut, ehemals Karthäuserkloster, worin von 1414–1418 das Concil gehalten wurde, hat ein Antiquitätencabinet; das ehemalige Dominicanerkloster, worin jetzt eine Kattunfabrik, hat das Grabmal des Griechen Emanuel Chrysoloras u. einen Todtentanz (s.d.) nach Holbein; Lyceum, Bürgermuseum, Fabriken für Tuch, Leinwand, Baumwollenzeuge, Uhren etc., Buchdruckerei; Obst-, Wein-, Gemüse- u. Landbau, Brauerei, Handel mit diesen Erzeugnissen, Schifffahrt auf dem Rhein u. den Seen, Dampfschifffahrtsgesellschaft, große Mühle von 16 Gängen an der Brücke, Hafen am See; 6500 Ew. Geburtsort von Ulrich Zasius u. Berth. Presbyter. – C. wurde zu Ende des 3. Jahrh. von Constantius, dem Vater des Kaisers Constantin, gegen die Alemannen gebaut u. nach demselben Constantia genannt; nach And. soll es früher gestanden haben u. Valeria od. Gaunodurum geheißen haben. Im 5. Jahrh. wurde es erst von den Alemannen, dann von den Hunnen zerstört. Im 6. Jahrh. wurde unter dem Bischof Maximus das Bisthum Windisch hierher verlegt u. C., seit der letzten Zerstörung sehr herabgekommen, wurde jetzt wieder blühend, befestigt u. Reichsstadt, die seit 1356 immer zu dem Schwäbischen Bunde hielt. 1043 hier Reichstag, wo Heinrich III. den Landfrieden stiftete, s. Deutschland (Gesch.). 1183 hier Friede zwischen Kaiser Friedrich I. u. den oberitalischen Städten, s. ebd. Hier 1414–18 das Concil (s. Kostnitzer Concil), wo Huß verbrannt wurde. 1511 Aufstand, indem sich der Rath in den Schweizerbund begeben, die Bürger aber dem Reiche treu bleiben wollten; vom Kaiser Maximilian gedämpft. 1520 wurde die Reformation eingeführt, weshalb 1526 u. 27 das ganze Domcapitel C. verließ u. nach Radolfszell zog. C. trat nun zum Schmalkaldischen Bund, sollte nach dessen Auflösung das Interim annehmen, u. da es sich weigerte, wurde es von den Kaiserlichen unter Alfons Vivez, jedoch vergebens, angegriffen. Der Kaiser nahm C. deshalb 1548 die Privilegien als Reichsstadt, erklärte es in die Acht u. schenkte es 1549 seinem Bruder Ferdinand; so kam C. an Österreich. 7. Sept. bis 5. Oct. 1633 wurde es von den Schweden unter Horn belagert, u. 1677, während der französischen Occupation des Breisgaues, wurde die Universität Freiburg bis zum Ryswicker Frieden hierher verlegt. C. kam 1810 an Baden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 398.
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