Funddiebstahl

[793] Funddiebstahl (Furtum inventionis). die widerrecht (iche Ansichnahme einer fremden beweglichen, von einem Anderen verlorenen Sache, mit der Absicht, dieselbe für sich zu behalten u. damit dem Eigenthümer zu entziehen. Der F. stellt sich seinem Wesen nach eigentlich mehr als eine Art der Unterschlagung heraus, indem die Ansichnahme der gefundenen Sache an u. für sich allein noch nicht als verbrecherische Handlung betrachtet werden kann, vielmehr diese erst in der widerrechtlichen Behaltung u. Dispositionsaneignung der durch Zufall in den Besitz gelangten Sache liegt. Manche neueren Strafgesetzbücher haben daher auch den F. ausdrücklich zu den Unterschlagungen u. Veruntreuungen gestellt u. auch statt der allerdings noch immer gebräuchlichen gebliebenen Bezeichnung F. den Ausdruck Fundunterschlagung gewählt. Als Voraussetzungen für den Thatbestand des F-s sind aber dabei immer festzuhalten: a) daß die Sache eine wirklich verlorene war, d.h., daß sie aus den Händen des ursprünglichen Besitzers bereits weggekommen war, ohne daß derselbedies wollte u. sich dessen bewußt wurde; b) daß der Andere, welcher die Sache an sich nahm, der Finder, durch Unterlassungen od. positive Handlungen zu erkennen gegeben hat, daß er sich um die Wiederherstellung des früheren rechtmäßigen Besitzverhältnisses nicht kümmere u. die Sache vielmehr als seine eigene ansehe. Als F. kann es deshalb in erster Hinsicht nicht betrachtet werden, wenn die Sache noch gar nicht aus dem Besitze des ursprünglichen Inhabers gekommen war u. derselben sich zu einer Zeit bemächtigt wurde, wo der dieselbe an sich Nehmende vermuthen mußte, daß der Eigenthümer wohl die Kenntniß, wo, die Sache zu suchen sei, noch haben werde Hier liegt vielmehr dann ein eigentlicher Diebstahl vor. In zweiter Richtung kann nicht jedes längere Verschweigen der gefundenen Sache, ebensowenig die Ansichnahme mit der Absicht, ein daran zustehendes Recht geltend zu machen, als F. bestraft werden, weil im ersten Falle wohl eine Vermuthung, aber keine Gewißheit für die Absicht des diebischen Behaltens spricht, im zweiten diese Absicht direct mangelt. Um in dieser Hinsicht bestimmtere Kriterien für die Absicht des Finders zu bekommen, haben neuere Gesetze positive Vorschriften darüber aufgestellt, was von dem Finder zu beobachten ist, um etwaiger Verantwortlichkeit zu entgehen, u. z.B. eine öffentliche Bekanntmachung- od. eine Anzeige an die Ortsobrigkeit dem Finder zur Pflicht gemacht. Meldet sich darauf der Eigenthümer binnen anderweiter Frist, gewöhnlich. von drei Monaten, nicht, so wird dann dem Finder, das Recht gegeben, ohne weitere Haftverbindlichkeit über die Sache verfügen zu können Im Allgemeinen wird der F. gelinder, wie andere Unterschlagungen bestraft, z.B. nach dem Sächsischen, Thüringischen, Hannoverschen, Württembergischen, Großherzoglich Hessischen Strafgesetzbuch nur mit der Hälfte der Strafe des gemeinen Diebstahls. Bestritten ist die Frage, ob auch die Verheimlichung eines gefundenen Schatzes, wo der Finder denselben ganz od. zum Theil abzuliefern verbunden war, als F. zu betrachten sei, weil der Schatz eigentlich im Augenblicke, wo er gefunden wird, noch eine Res nullius ist u. darum der Finder der erste ist, welcher überhaupt einen Besitz an der Sache erhält. Da aber der Schatz im Augenblicke seiner Hebung sofort zur Hälfte dem Grundeigenthümer zufällt, so nimmt der Finder immer eine fremde Sache an sich, u. von diesem Gesichtspunkt aus muß der Fall unter die Fundunterschlagung gerechnet werden; auch sind neuere Gesetzgebungen, z.B. die Württembergischen u. Thüringischen, ausdrücklich derselben Ansicht gefolgt; andere, wie die Österreichische u. Badische, strafen dagegen den Finder in solchem Falle nur mit dem Verlust seines gesetzlichen Antheils am gefundenen Schatze. Für das Gemeine Recht ist die gänzliche Straflosigkeit des F-s behauptet worden von Wother, Über den Funddiebstahl, München 1844.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 793.
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