Schleimhaut

[230] Schleimhaut (Membrana mucosa), die gefäß- u. nervenreiche Auskleidung der inneren Oberfläche des Körpers u. zwar von der Nase zur Lunge, wobei zu gleicher Zeit verschiedene angrenzende Organe, wie die Thränenorgane, Augenlider, Eustachische Trompete, inneres Ohr, ausgekleidet werden; ferner vom Mund zum After nebst Speicheldrüsen, Pankreas, Gallengängen u. Gallenblase u. den inneren Gallenkanälen der Leber. Außerdem findet sich noch eine Schleimhautauskleidung in [230] den Milchdrüsen der Brust, in den Zeugungs- u. Harnorganen. Die freie Oberfläche der S. ist nach innen gekehrt, die aufsitzende durch Zellgewebe mit ihrer Unterlage verbunden. Wo die S. an die äußere der Luft zugewendeten Oberfläche des Körpers tritt, geht sie meist ziemlich scharf begrenzt in die äußere Haut über; man nennt diese z.B. an den Lippen u. Augenlidern deutlich zu sehende Übergangslinie die Umschlagsstelle. Die S. besteht aus einer Epithelialschicht (Schleimhautepithelium, bald pflaster- bald cylinderförmig, stellenweise Flimmerepithelium) u. aus einer Lage geformten Bindegewebes (eigentliche S.), welche durch lockeres ungeformtes Bindegewebe (submuköser Zellstoff) an die Wände der ausgekleideten Höhlen befestigt ist. In dem Gewebe der S. sind an verschiedenen Stellen u. in verschiedener Menge unzählige größere u. kleinere einfache (Schleimbälge, Criptae mucosae) u. zusammengesetzte, vereinzelte u. in Hausen zusammenliegende Schleimdrüsen verborgen, welche auf der Oberfläche Wärzchen, Zotten. Falten, Gruben, Drüsenbläschen u. Drüsenmündungen zeigen. Die Hauptaufgabe der S.u. ihrer Drüsen ist die Absonderung des Schleimes (s.d. 1) b). Der Schleim dient nicht nur der empfindlichen S. als setzende Decke, sondern im Darmkanal auch per Verdauung, zur Schlüpfrighaltung der Oberfläche, so wie der Auflösung od. Unlöslichmachung verschiedener Stoffe. Je nach dem Organe unterscheidet man Nasen-, Lungen-, Luftröhren-, Darm-, Blasenschleim etc. Da die S. mit der äußeren Haut anatomisch u. physiologisch betrachtet zusammen ein Ganzes ausmacht, so müssen im gesunden, wie im kranken Zustande analoge Verhältnisse zwischen beiden Hautausbreitungen, mit Ausnahme einzelner in der besonderen Natur begründeten Verschiedenheit, stattfinden. So ist eine Ähnlichkeit der erysipelatösen Entzündung auf der äußeren Haut u. der katarrhalischen auf der S. nicht zu verkennen, ferner gehen Affectionen der äußeren Haut gern u. leicht auf die S. über (z.B. Katarrh Nach Erkältungen u. acute Exantheme nehmen meist auch einen Theil der S. in Anspruch Bräune bei Scharlach, Augen- u. Lungenkatarrh bei Masern u. Pocken etc.). Die Krankheiten der S-e äußern sich durch Verfärbung, Anschwellung, Auflockerung, Blutung, Verschwärung u. Wucherungen, od. schleimige, eiterige, rußartige, häutige Belege, wobei oft die Schleimbälge in einer dem Hautexanthemen entsprechenden Weise durch Entzündung verändert zu Stippen, Flecken, Bläschen, Pusteln, Knoten etc. (sogenannte Schleimhautexantheme, Enantheme) umgewandelt sind. Den Zustand der inneren Höhlen u. Kanäle des Schleimhautystems kann man durch die physikalische Untersuchungsmethode u. durch Untersuchung der Auswurfsstoffe (Schleim, Eiter, Stuhl, Harn etc.) ermitteln. Besondere Schmerzen verursachen Schleimhautkrankheiten nur selten u. dann oft in trügerischer Weise (Hustenkitzel am Kehlkopf bei Lungenleiden, Zucken am After, an der Nase, Harnröhren u. Scheidenmündung bei Affectionen, der betreffenden Organe). Häufig wird dabei der Gesammtorganismus in Mitleidenschaft gezogen, u. es treten Fieber, Irrereden, Blutveränderung, Gelbsucht, Blausucht, Harnvergiftung u. sympathische Hautauschläge auf. Ursachen der Schleimhautkranken sind fremde Körper, chemischeinwirkende ätzende Stoffe, eingeathmete od. eingeschluckte Luftverderbnisse (Miasmen, flüchtige, Contagien), Parasiten, bes. Eingeweidewürmer, Speisen u. Getränke von schädlicher Menge u. Beschaffenheit Arzneien, Gifte etc. Die Behandlung ist je nach Ursache, Grad u. Sitz sehr verschieden. Vgl. Jahn, Zur Naturgeschichte der Schönleinschen Binnenauschläge, Eisenach 1840; Hodgkin, Die Krankheiten der serösen u. mukösen Häute, aus dem Engl. von Levin, Lpz. 1843.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 230-231.
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